Menschen sind verschieden. Diese Erfahrung sammeln wir täglich – beruflich und privat. So registrieren wir zum Beispiel immer wieder, dass manche Frauen und Männer bei neuen Herausforderungen sofort denken: Das kann ich nicht. Entsprechend unmotiviert gehen sie die Aufgabe an und entsprechend gering sind ihre Erfolgsaussichten.

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Andere hingegen denken bei derselben Herausforderung zwar zunächst auch: Oh Schreck. Doch dann: Irgendwie schaffe ich das schon. Also gehen sie die Aufgabe voller Elan an. Meist mit Erfolg – auch weil sie nach dem ersten Fehlversuch nicht sogleich die Flinte ins Korn werfen.

Selbstwirksamkeit: eine neue Schlüsselkompetenz – beruflich und privat

Eine solche Zuversicht wird immer wichtiger. Denn in unserer modernen Welt werden wir permanent mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Also wird es zu einer Schlüsselkompetenz, mit ihnen adäquat umzugehen.
Das haben auch die Unternehmen erkannt. Sie erwarten von ihren Mitarbeitern zunehmend, dass sie sich neuen Herausforderungen stellen und diese meistern; außerdem, dass sie sich eigeninitiativ die Fähigkeiten aneignen, die sie im Beruf (künftig) brauchen. Oder anders formuliert: Die Mitarbeiter sollen selbstwirksamer sein – und zwar unabhängig davon, ob sie im Betrieb, Homeoffice oder sonst wo arbeiten.

Die vier Quellen der Selbstwirksamkeit nach Badura

Unsere Selbstwirksamkeit speist sich laut Untersuchungen des 2021 verstorbenen kanadischen Lerntheoretikers Albert Bandura vor allem aus folgenden vier Quellen:

  1. Eigene Erfahrungen: Sie sind sehr wichtig. Denn wer schon wiederholt die Erfahrung gesammelt hat „Ich kann schwierige Aufgaben lösen“, traut sich dies auch bei neuen zu.
  2. Vorbilder: Beobachtet eine Person eine andere beim Lösen einer schwierigen Aufgabe, dann kann dies ebenfalls ihr Selbstvertrauen stärken – getreu der Maxime: „Wenn der oder die das kann, dann kann ich das auch!“
  3. Unterstützung: Auch das Wissen „Wenn es eng wird, habe ich Unterstützer“ ermutigt.
  4. Reaktionen und Emotionen: Menschen schließen aus ihren körperlichen Reaktionen auf ihre Fähigkeiten. Verspüren sie zum Beispiel Herzrasen bei einer Aufgabe, dann denken sie oft unmittelbar: Ich kann das nicht. Also ist es wichtig, analysieren zu können: Ist meine Reaktion der Aufgabe angemessen?

Die eigene Selbstwirksamkeit mit System erhöhen

Wer seine Selbstwirksamkeit steigern möchte, sollte sich also regelmäßig Herausforderungen stellen, bei denen er zunächst vermutet: Diese Aufgabe könnte mich überfordern. Denn hieran wachsen wir.
Sinnvoll ist es, solche Aufgaben als Projekt zu betrachten und zunächst zu analysieren: Welche Teilaufgaben sind hiermit verbunden? Denn danach können wir ermitteln, warum wir vor bestimmten Teilaufgaben zurückschrecken. Zum Beispiel, weil wir hiermit noch keine Erfahrung haben? Oder weil …? Wissen wir dies, können wir die nötige Unterstützung organisieren. Außerdem können wir aus den Teilaufgaben Teilziele ableiten, die es auf dem Weg zum großen Ziel zu erreichen gilt.
Das Definieren von Teilzielen ist wichtig für den Fall, dass wir das Projektziel nur teilweise erreichen. Denn dann können wir anhand der erreichten Teilziele ermitteln, welche Teilaufgaben wir mit Bravour gelöst haben und welche nicht. Wir können also unser „Scheitern“ relativieren. Außerdem können wir so analysieren, welche neuen Fähigkeiten wir erworben haben und wo noch ein Lernbedarf besteht.
Wenn wir beim Bewältigen herausfordernder Aufgaben so vorgehen, begeben wir uns in eine Lernspirale, die zu einem stetigen Ausbau unserer Kompetenz und Selbstwirksamkeit führt.

Selbstwirksame Mitarbeiter entlasten Führungskräfte

Diese lerntheoretische Erkenntnis können Sie auch als Führungskraft nutzen, wenn Sie die Kompetenz und Selbstwirksamkeit Ihrer Mitarbeiter steigern möchten. Dann sollten Sie diesen auch immer wieder Aufgaben übertragen, von denen diese zunächst denken „Das schaffe ich nicht“. Zugleich sollten Sie ihnen im Bedarfsfall aber stets die erforderliche fachliche und emotionale Unterstützung gewähren, die sie zu deren Bewältigung brauchen. Denn dies führt zu einem schrittweisen Ausbau der Selbstwirksamkeit und Kompetenz Ihrer Mitarbeitenden – was mittel- und langfristig auch zu einer Entlastung von Ihnen als Führungskraft führt.

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Über die Autorin:
Barbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Wiesbaden. Sie ist Autorin des Buchs „Die Führungskraft als Influencer: Wie man Mitarbeiter als Follower gewinnt“. Sie betreibt zudem die Podcasts „Digital ist egal… Was zählt bist DU!“ und „Business Secrets: Warum Frauen gelikt werden und Männern gefolgt wird!”.