Steigende Gesundheitskosten, eine alternde Bevölkerung und teure neue Behandlungsmethoden setzen die privaten Krankenversicherer zunehmend unter Druck. Die Versicherer stehen vor der Herausforderung, innovative technologische Lösungen wie Telemedizin und Künstliche Intelligenz einzuführen, um Abläufe zu optimieren. Doch diese Fortschritte erfordern hohe Investitionen, die zusätzliche finanzielle Belastungen mit sich bringen. „Technologische Entwicklungen verbessern nicht nur Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten, sondern sind auch Kostentreiber“, erklärt MAP-Chefredakteur Reinhard Klages. Gleichzeitig gilt es, die finanziellen Belastungen durch eine alternde Gesellschaft in den Griff zu bekommen, ohne die Beiträge für die Versicherten unkontrolliert steigen zu lassen.

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„Die Zukunft der PKV hängt maßgeblich von der Fähigkeit der Anbieter ab, auf die Bedürfnisse ihrer Versicherten einzugehen und sich den Marktanforderungen anzupassen“, betont Klages. In diesem Umfeld liefert das neue Bilanzrating des MAP-Reports eine wichtige Orientierung. Bilanzkennzahlen zeigen, wie stabil ein Versicherer wirtschaftet und ob er in der Lage ist, langfristig tragfähige Rücklagen zu bilden.

Was wurde gemacht?

Der MAP-Report 935 bewertet die Bilanzen privater Krankenversicherer für den Zeitraum von 2019 bis 2023. Lassen sich doch durch die Betrachtung längerer Zeiträume kurzfristige Effekte – wie beispielsweise außergewöhnlich hohe Kapitalmarkterträge oder Verluste – ausgleichen. Folgende zehn Kennzahlen wurden für das Gesamtrating analysiert:

  1. Nettorendite: Die Nettorendite misst den Erfolg der Kapitalanlagepolitik eines Unternehmens. Für private Krankenversicherer ist diese Kennzahl von entscheidender Bedeutung, da die Kapitalanlagen eine der Hauptsäulen ihrer Einnahmen bilden. „Ein hoher Wert ist hier eindeutig einem niedrigen vorzuziehen“, erklärt der MAP-Report.
  2. Bewertungsreservequote: Diese Kennzahl spiegelt das Potenzial eines Versicherers wider, außergewöhnliche Erträge zu realisieren. Bewertungsreserven entstehen, wenn der Marktwert der Kapitalanlagen den Buchwert übersteigt. Allerdings gibt es aktuell eine große Herausforderung durch stille Lasten, die entstehen, wenn der Marktwert der Anlagen unter den Buchwert fällt. In Zeiten von Zinsänderungen oder Marktvolatilität können diese stillen Lasten die finanzielle Stabilität eines Versicherers belasten und müssen bei der Bewertung der Gesamtbilanz berücksichtigt werden.
  3. RfB-Zuführungsquote: Diese Kennzahl gibt an, wie viel der verdienten Bruttobeiträge eines Versicherers in die Rückstellung für Beitragsrückerstattungen (RfB) fließt. „Eine angemessene Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung ist essenziell, um zukünftige Beitragsanpassungen abzufedern“, erklärt Klages.
  4. RfB-Quote: Diese Kennzahl zeigt, wie hoch der Bestand an Rückstellungen für Beitragsrückerstattung in Prozent der verdienten Bruttobeiträge ist. Sie gibt an, wie gut ein Versicherer für künftige Beitragsanpassungen vorsorgt.
  5. Versicherungstechnische Ergebnisquote: Diese Quote zeigt, ob die Prämien eines Versicherers ausreichen, um die tatsächlichen Kosten zu decken. Bei negativen Quoten müssen Kapitalerträge zur Kostendeckung herangezogen werden. „Die Versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote reflektiert die Kalkulation des Unternehmens“, erklärt der MAP-Report.
  6. Überschussverwendungsquote: Diese Kennzahl zeigt, in welchem Umfang der wirtschaftliche Gesamterfolg eines Versicherers an die Versicherten weitergegeben wird. Sie berücksichtigt dabei sowohl die RfB als auch Direktgutschriften. „Je höher die Quote, desto mehr werden die Versicherten am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt“, so Klages.
  7. Vorsorgequote: Die Vorsorgequote misst, wie viel Prozent der Bruttoeinnahmen in die Rückstellungen für die Vorsorge fließen. Dies ist entscheidend, um die zukünftigen steigenden Gesundheitskosten im Alter abzufedern.
  8. Abschlusskostenquote: Diese Kennzahl bewertet, wie viel Geld ein Versicherer für den Abschluss neuer Verträge ausgibt. Hohe Abschlusskosten können auf einen starken Fokus auf Neukundengewinnung hinweisen, sind jedoch auch ein Kostenfaktor, der die Effizienz belastet.
  9. Verwaltungskostenquote: Die Verwaltungskostenquote zeigt, wie effizient ein Versicherer seine internen Strukturen organisiert. Geringe Verwaltungskosten sprechen für eine effiziente Verwaltung.
  10. Solvabilitätsquote: Die Solvabilitätsquote misst die Risikotragfähigkeit eines Versicherers und gibt an, ob dieser in der Lage ist, auch in Krisenzeiten stabil zu bleiben.

Wie die Bilanznoten für die Unternehmen ermittelt wurden

Die Bewertung der privaten Krankenversicherer im MAP-Report 935 basiert auf einem Punktesystem, bei dem für genannte Kennzahlen jeweils Punkte vergeben wurden. Besonders wichtige Kennzahlen, wie die Nettorendite und die Solvabilitätsquote, wurden dabei höher gewichtet, da sie die langfristige Stabilität und Krisenfestigkeit eines Versicherers am stärksten beeinflussen. Weniger gewichtete Kennzahlen wie die Abschlusskostenquote oder die Verwaltungskostenquote flossen zwar in die Bewertung ein, hatten jedoch geringeren Einfluss auf das Gesamtergebnis.

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Insgesamt konnten bis zu 300 Punkte erreicht werden. Die erreichten Punkte wurden anschließend in eine fünfstufige Bewertungsskala übersetzt:

  1. Versicherer, die mindestens 85 Prozent der maximalen Punktzahl erreichten, erhielten die Bestnote „hervorragend“ (mmm+).
  2. Zwischen 75 und 84 Prozent gab es die Note „sehr gut“ (mmm).
  3. Versicherer mit 65 bis 74 Prozent wurden mit „gut“ (mm) bewertet.
  4. Ergebnis von 55 bis 64 Prozent führten zur Note „befriedigend“ (m).
  5. Wer unter 55 Prozent blieb, erhielt die niedrigste Bewertung „ausreichend“ (m-).

Gewinner und Verlierer: Eine engere Spitze, ein breiteres Mittelfeld

Während die Alte Oldenburger in den vergangenen vier Jahren das Ranking unangefochten anführte, bringt der diesjährige MAP-Report eine Überraschung: LVM hat sich als bemerkenswerter Aufsteiger an die Spitze gesetzt und den langjährigen Spitzenreiter überholt. Diese Veränderung markiert einen bedeutenden Erfolg für die LVM, die erstmals den ersten Platz für sich beansprucht und mit 274 Punkten die Bestnote „hervorragend“ (mmm+) erhielt. Die Universa folgt mit 273 Punkten und die Alte Oldenburger mit 272 Punkten dicht dahinter. Alle drei Versicherer erreichten über 85 % der möglichen Punkte und belegen damit die obersten Ränge im Rating.

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Wie das Gesamtfeld abschnitt

Neben den Spitzenreitern zeigten auch weitere Versicherer solide Leistungen. Fünf Unternehmen erhielten insgesamt die Bestnote, acht Anbieter erhielten darüber hinaus die Bewertung „sehr gut“ (mmm). Insgesamt konnten 13 Versicherer eine Bewertung zwischen „hervorragend“ und „sehr gut“ erreichen, was die allgemeine Stabilität in der Branche unterstreicht. Sieben Versicherer erhielten zudem ein "gut" (mm).

Am unteren Ende des Rankings stehen jedoch einige Anbieter, die deutlich schlechter abschnitten. Versicherer wie die VRK mit 150 Punkten und die Nürnberger mit 134 Punkten erhielten die niedrigste Bewertung „ausreichend“ (m-) und müssen sich nun großen Herausforderungen stellen, um wieder an Boden zu gewinnen.

Die Rating-Sieger

Folgende Unternehmen konnten mit ihren Bilanzkennzahlen besonders überzeugen und schnitten "hervorragend" ab:

  • LVM – 274 Punkte (91,3 %)
  • Universa – 273 Punkte (91,0 %)
  • Alte Oldenburger – 272 Punkte (90,7 %)
  • Signal Iduna – 268 Punkte (89,3 %)
  • VGH Provinzial – 255 Punkte (85,0 %)

Versicherer, die weniger überzeugten

Auf der anderen Seite mussten Anbieter wie die VRK und die Nürnberger deutliche Verluste hinnehmen und landeten in der Kategorie „ausreichend“ (m-). Diese Versicherer müssen dringend an ihrer Kapitalbasis arbeiten, um den wachsenden Anforderungen des Marktes gerecht zu werden.

Folgende Unternehmen erhielten nur ein "befriedigend" (m) oder nur ein "ausreichend" (m-):

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  • Bayerische Beamtenkranken – 196 Punkte (m)
  • Barmenia – 193 Punkte (m)
  • Generali – 191 Punkte (m)
  • ARAG – 187 Punkte (m)
  • Württembergische – 186 Punkte (m)
  • DKV – 184 Punkte (m)
  • DEVK – 180 Punkte (m)
  • Concordia – 171 Punkte (m)
  • HUK-Coburg – 170 Punkte (m)
  • VRK – 150 Punkte (m-)
  • Nürnberger – 134 Punkte (m-).

Hintergrund: Die aktuelle Ausgabe des MAP-Report mit der Nummer 935 ist soeben bei Franke und Bornberg erschienen: das "Bilanzrating Private Krankenversicherung 2023". Wie immer enthält das Analyse-Instrument eine Vielzahl an Kennzahlen und kann kostenpflichtig auf der Webseite der Rating-Experten bestellt werden.

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