Das Bundeskabinett hat am Mittwoch ein Gesetzespaket verabschiedet, das unter anderem stärkere Anreize für ältere Beschäftigte schaffen soll, später in den Ruhestand zu wechseln. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Wenn Menschen über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, sollen sie nicht allein höhere Rentenanwartschaften erwerben und so ihren Rentenanspruch steigern, da sie auch länger in die Rentenkasse einzahlen. Zusätzlich ist eine sogenannte Rentenaufschubprämie geplant. Die Bundesregierung will mit dieser Maßnahme den Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt bekämpfen.

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Konkret ist geplant: Wer seinen Renteneintritt verzögert und mindestens zwölf Monate über das Minijob-Niveau hinaus weiterarbeitet, soll ab 2027 mit einer Einmalzahlung in Höhe der entgangenen Rentenzahlungen belohnt werden. Diese Prämie kann über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren angespart werden. Die Prämie soll abgabenfrei sein und sich aus der Höhe der entgangenen Rente und den Krankenversicherungsbeiträgen ergeben, die die Rentenkasse für die Dauer der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers, der noch nicht in Rente ist, einspart.

Noch nicht entschieden, ob Prämie steuerfrei ist

Laut Berechnungen des Sozialverbands VdK könnte eine Person, die bis zum regulären Renteneintritt einen Anspruch auf etwa 1.600 Euro brutto monatlich erworben hat und anschließend ein Jahr lang zum Durchschnittsverdienst weiterarbeitet, eine steuerfreie Einmalzahlung von rund 22.000 Euro erhalten. Wie dpa berichtet, ist es jedoch noch nicht geklärt, ob die Zahlung auch steuerfrei sein soll: Das werde derzeit noch geprüft.

Betroffene, die ihren Renteneintritt hinauszögern, stehen vor der Wahl: Sollen sie sich für eine Einmalzahlung entscheiden oder ihre Rentenansprüche langfristig erhöhen? Die Rentenaufschubprämie wird als Alternative dazu angeboten, durch längere Erwerbstätigkeit mehr Rentenpunkte zu sammeln. Da während der aufgeschobenen Rentenzeit weiterhin Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt werden, steigt die monatliche Altersrente pro aufgeschobenem Jahr um sechs Prozent. Wer die Einmalzahlung möchte, muss einen entsprechenden Antrag stellen.

Die Rentenaufschubprämie ist Teil der sogenannten Wachstumsinitiative, mit der die Bundesregierung die Konjunktur ankurbeln will. Zunächst wurde das Gesetz ohne diese Prämie im Juli vorgestellt, aber aufgrund von Kritik, vor allem von Ökonomen, erweitert. Diese forderten angesichts des Fachkräftemangels und einer alternden Gesellschaft Anreize für längeres Arbeiten. Nun muss die Wachstumsinitiative noch im Bundestag beschlossen werden.

Allerdings gibt es auch Kritik an der Rentenaufschubprämie. Der Ökonom Axel Börsch-Supan argumentierte bei einem Pressegespräch im Haus der Bayerischen Wirtschaft, dass die Prämie die Rentenkasse nicht entlaste, sondern sogar zusätzliche Kosten verursachen könnte – vor allem zulasten der jüngeren Generationen. „Für mich ist es unfassbar. Da wirft man Geld hin für etwas, das auch umsonst gehen würde“, sagte er laut der „Frankfurter Rundschau“. Er schlägt stattdessen vor, die Abschläge bei einem vorzeitigen Renteneintritt zu erhöhen – eine Maßnahme, die „keinen Cent“ kosten würde, aber unattraktiv sei. Er warnt: Wenn das so weitergehe, werde es erst eine wirksame Rentenreform geben, wenn die Rentenversicherung pleite sei.

Darüber hinaus ist fraglich, ob die Prämie tatsächlich zu einer höheren Erwerbstätigkeit im Rentenalter führt. Es sind auch Mitnahmeeffekte denkbar, bei denen vor allem Seniorinnen und Senioren profitieren, die ohnehin länger gearbeitet hätten. Studien zeigen, dass es sich hierbei in der Regel um Menschen mit körperlich weniger belastenden Tätigkeiten, guter Ausbildung und relativ hohem Einkommen handelt. Aus diesem Grund plant die Bundesregierung, die Effekte des neuen Gesetzes nach fünf Jahren zu evaluieren.

Weitere Anreize für längeres Arbeiten

Darüber hinaus sind weitere Anreize geplant, die bereits ab 2025 wirksam werden sollen. Auch diese Anreize werden mit der Wachstumsinitiative kombiniert, um die Gesetzgebung zu beschleunigen:

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  • Direkte Beitragsweitergabe an Rentner: Arbeitgeber können ab 2025 die von ihnen gezahlten Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung als zusätzlichen Arbeitslohn an erwerbstätige Rentner weitergeben, statt sie an die Sozialkassen abzuführen. Die Entscheidung liegt beim Arbeitgeber und kann tariflich oder betrieblich geregelt werden.
  • Erhöhung des Freibetrags für Witwen und Witwer: Die Freigrenze, bis zu der die gesetzliche Hinterbliebenenrente ohne Kürzungen erhalten bleiben kann, wird angehoben, um den Wiedereinstieg in die Erwerbsarbeit zu erleichtern.
  • Erleichterung für Arbeitgeber: Arbeitgeber sollen es einfacher haben, Rentner zu beschäftigen und zurückzuholen, indem sie befristete Arbeitsverträge abschließen können, was die Hürden des Kündigungsschutzes abbaut.