Die Vorgänge um die Unternehmungen des ehemaligen Finanzmoguls Benko erreichten in den letzten Wochen bizarre Züge. Mit dem Niedergang seines Firmenkonglomerates und dem Bekanntwerden der großen und kleinen Investoren in Benkos Pläne sollte es nicht genug sein. Nun tobt der Kampf seiner vielen Investoren von saudischen Staatsfonds über namhafte Versicherer und Landesbanken in Deutschland und Österreich bis hin zum Fressnapf-Gründer Torsten Toeller oder dem Hapag-Lloyd-Großaktionär Kühne.

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Diese und weitere Investoren haben nicht nur ihr Geld verloren, sondern es geht nun darum, aus der Insolvenzmasse zumindest einen Teil ihres Kapitals zurückzuerlangen. Die gesamten Verbindlichkeiten sollen sich auf über 14 Milliarden Euro belaufen, darunter Schulden der Signa Retail GmbH in Höhe von 1,3 Milliarden Euro sowie mehr als 800 Millionen Euro Schulden der Benko-Privatstiftung, wie derStandard.de berichtet. Fast 100 Gläubiger – darunter die Signal Iduna Gruppe mit Forderungen von über 912 Millionen Euro – müssen nun darauf hoffen, dass sie zumindest einen Teil ihres Investments aus der Insolvenzmasse retten können.

Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Tipp für Unternehmer von schnell wachsenden Firmen

Völlig außer Diskussion stehen die Grundanliegen von Investoren, das eigene oder fremdes Kapital anzulegen und daraus auch einen attraktiven Ertrag zu erzielen. Dies ist alles legitim und wird im Volksmund auch zurecht so formuliert: Geld muss arbeiten. Dennoch stellt sich die Frage, warum es immer wieder passiert, dass Investoren auf dubiose Geschäftsmodelle hereinfallen oder sich auf die Risiken von spekulativen Geschäftsmodellen einlassen. Dabei gibt es bekannte Indikatoren, die bei jeder der mit Signa vergleichbaren Insolvenzen im Großen und Kleinen erkennbar sind.

Einer der Indikatoren ist zu schnelles Wachstum bei Firmen, bei denen zu schnell zu viel passiert. Solch starkes Wachstum bringt oft ad hoc -Entscheidungen mit sich, die nicht genügend durchdacht sind, im und außerhalb des Unternehmens nicht optimal kommuniziert werden und schnell zu Konflikten führen. Dazu kommt, dass die notwendige Erweiterung der Personalbasis zu übereilten Einstellungen von zu wenig qualifizierten Mitarbeitern oder Führungskräften zu überhöhten Bezügen führt.

Mit schnell wachsendem Umsatz werden neue Firmenstrukturen, eine neue Arbeitsteilung und neue Entscheidungsprozesse notwendig, die die Inhaber oft überfordern. Gerade die Anforderungen von Investoren bringen neue Anforderungen an Business-Cases und andere betriebswirtschaftliche Themen mit sich, die entsprechendes Know-how notwendig machen. Die Bestimmung von definierten Rollen innerhalb des Managements bis hin zum Kreis aller Mitarbeitenden braucht Kompetenz und Transparenz. Und wenn man diese nicht hat, dann sollte man diese erwerben oder externen Input und/oder ein entsprechendes Coaching dazu einholen.

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Schnelles Wachstum erfordert eine kontinuierliche Anpassung der Unternehmensprozesse, was allgemein als Evaluierung des Geschäftsmodells bezeichnet wird. Dazu gehören eine klare Managementphilosophie, ein solides Reporting-System und ein permanentes Controlling – etwa durch regelmäßige Geschäftsleitungs-Meetings. Ebenso wichtig sind eine systematische Projektkultur und ein aktives Konfliktmanagement. Wachstum und Veränderungen bringen fast immer Konflikte auf verschiedenen Ebenen mit sich, was völlig normal ist. Entscheidend ist jedoch ein konstruktiver Umgang mit diesen Konflikten, der sich klar von einer patriarchalischen Unternehmensführung unterscheidet.

Weitere Indikatoren für Fehlentwicklungen bei schnell wachsenden Unternehmen

Verlassen wir die allgemeinen Themen und Probleme bei schnell wachsenden Unternehmen und greifen einige der Indikatoren für Fehlentwicklungen mit Bezug zur Branche der Versicherungs- und Finanzmakler auf. Es gibt inzwischen genügend Beispiele auch in dieser Branche, wo die Inhaber oder die Geschäftsleitung die bereits geschilderten Begleitprozesse von schnellem Wachstum nicht in den Griff bekommen haben und dann – mangels Veränderungskompetenz – der Verkauf der Firma oder auch insolvenzgeprägte Vorgehensweisen zu erkennen waren.

Will sich ein Kooperationspartner oder auch Makler, der seinen Bestand oder seine Firma verkaufen oder verrenten möchte, auf so einen schnell wachsenden Gesprächspartner einlassen, dann gibt es eine Reihe von leicht recherchierbaren Indikatoren, die bei einer fundierten und zukunftssicheren Entscheidung helfen können. Dies gilt besonders, wenn Kaufverträge gegen ratierliche Vergütung oder eine Maklerrente im Gespräch sind. Ich wähle hier einmal drei Indikatoren aus und erläutere diese dann:

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  • a. Vorlage und Analyse des Geschäftsberichtes oder der letzten Bilanzen
  • b. Blick in die hinterlegten Informationen in Wirtschaftsauskünften
  • c. Informationen zu den Beteiligungsverhältnissen an der betreffenden Firma

Beginnen wir mit a. Geschäftsberichte und Bilanzen können einen Einblick in die Solidität des Geschäftsmodells des Unternehmens liefern und eine geschäftliche Basis für das notwendige Vertrauensverhältnis für einen Verkauf oder eine Kooperation liefern. Gerade auch eine mehrjährige Betrachtung und Analyse gibt Auskunft über die Tragfähigkeit dieses Unternehmens und auch die notwendige Bonität, wenn es um einen Verkauf oder eine Verrentung geht.

Weitere Details aus Geschäftsberichten und Bilanzen können Information zu bestehenden Verpflichtungen, Darlehen, Rückstellungen und weiteren steuerlichen Themen sein, die für ein neues Vertragsverhältnis wichtig sind. Ist eine solche Firma bereits stärker mit Darlehen belastet, wird man wohl eher auf eine Einmalzahlung bestehen als sich auf ratierliche Zahlungen oder ein Earn-Out-Modell einzulassen. Eine Mehrjahresbetrachtung zeigt auch, ob es ein kontinuierlich wachsendes Unternehmen ist oder ob über Sondereffekte die Bilanzen geschönt wurden.

Tipp zu a: Eine im Bundesanzeiger hinterlegte Kurzbilanz ist eher nicht aussagekräftig. Dennoch kann ein Blick in den Bundesanzeiger Hinweise darauf geben, ob die Bilanzen zeitnah erstellt werden oder risikobehaftete Außenstände von Bilanzen über mehrere Jahre zu verzeichnen sind.

Zu b. ist meine Empfehlung, sich vor Geschäften mit schnell wachsenden Unternehmen einmal diverse Wirtschaftsauskünfte anzuschauen und ggf. auch ein paar Euro dafür zu investieren. Dazu gehören Auskünfte zur Bonität, der Blick ins Handelsregister und auch Auskünfte beispielsweise zur Inhaberstruktur. Wenn man sich bei der eingangs angesprochenen Signa-Gruppe beispielhaft einmal die Historie und die diversen Firmenstandorte, die Entwicklung der Bilanz- und Umsatzsummen, die Bewegungen bei Geschäftsführern und das Netzwerk der Beteiligungen ansieht, wird man zu einer intensiveren Prüfung angeregt.

Dies gilt gleichermaßen auch für den Fall, dass eine Maklerin oder ein Makler an einen professionellen Aufkäufer von Maklerbeständen oder -firmen oder, noch risikobehafteter, gegen eine langlaufende Maklerrente verkaufen will. Auch wenn die Daten in diesen Wirtschaftsauskünften mit den entsprechenden Eintragungen ins Handelsregister nicht immer ganz aktuell sind, können Informationen zu den Netzwerken von Beteiligungen, im Handelsregister hinterlegte Gewinnabführungsverträge oder rückläufige Umsätze bzw. Bilanzsummen Warnzeichen für die Zukunftssicherheit des Unternehmens sein.

Tipp zu b: Wirtschaftsauskünfte können mehr Sicherheit und Garantie für ein funktionierendes Geschäftsmodell sein. Zumindest können aber auch die notwenigen Fragen gestellt und Informationen angefordert werden, die dann auch in den entsprechenden Passagen von Absichtserklärungen (LoI) oder auch im Kaufvertrag als Garantien von Käuferseite hinterlegt werden können.

Informationen zu beteiligten Investoren oder Gesellschaftern

Schließen wir mit c. ab: Informationen zu beteiligten Investoren oder Gesellschaftern sind oftmals zu empfehlen, auch wenn diese über die herkömmliche Weise eher nicht sofort zu ersehen sind. Dennoch sind Auskünfte zu Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen und den entsprechenden Gesellschafterbeschlüssen schon recherchierbar.

Achten Sie im konkreten Fall auch einmal auf die Maklermedien und fragen Sie auch erkennbare Maklerkollegen zu deren Erfahrungen mit dem Käufer. Mit gesundem Menschenverstand sollten Meldungen wie „Investoren wollen frisches Kapital in das Start-up XY pumpen“ oder „XY erhält rettende Finanzierungen“ sowie „Investor wertet Beteiligungen an XY ab“ Warnzeichen sein. Von offen in den sozialen Medien ausgetragenen Streitigkeiten zwischen Vorständen, Aufsichtsräten und Investoren einmal ganz zu schweigen.

Tipp zu c: Aufmerksam die Medien zu möglichen Kooperationspartnern oder Käufern beachten und mit den entsprechenden Suchportalen im Internet auch nach Erfahrungen und Feedback suchen.

Fazit: Schnelles und starkes Wachstum kann dazu führen, dass Unternehmen ihre Ressourcen personell und finanziell zu schnell erschöpfen und etwaigen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Deshalb sollten kleine und mittelständische Unternehmen darauf achten, dass das eigene Unternehmenswachstum nicht zur Dauerherausforderung wird. Mit entsprechendem Reporting und anschließendem Controlling mit geeigneten Maßnahmen können diese Situationen nicht nur beherrscht, sondern gestaltet werden.

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Für Kooperationspartner oder mögliche Verkaufsinteressenten sollten nicht nur die Verhandlungen zum Kaufpreis, sondern auch eine zukunftssichere Absicherung des Kaufmodells besonders bei ratierlichen Kaufpreiszahlungen oder versprochenen Maklerrenten ein MUSS werden. Denn die Informationen zu Problemen bei schnellwachsenden Unternehmen häufen sich, man muss diese nur sehen und hören wollen.

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