Trendwende bei den Versicherten – doch der wahre Kampf findet anderswo statt

Die private Krankenversicherung kämpft insbesondere bei der Vollversicherung mit einer stagnierenden Nachfrage. Nach einem jahrzehntelangen Rückgang bei den Vollversicherten verzeichnete die PKV erstmals im zurückliegenden Geschäftsjahr 2023 wieder einen Anstieg. Die Zahl der Versicherten stieg um 5.322 Personen auf insgesamt 8.709.853. Noch 2022 verlor die PKV 12.973 Vollversicherte. Doch diese leichte Erholung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Neugeschäft nach wie vor auf einem stagnierenden Niveau bleibt.

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Die zentrale Dynamik findet nicht im Bereich der Neukunden statt, sondern im Abwerben von Bestandskunden. In einem hart umkämpften Markt, in dem sich das Wachstum in der Vollversicherung seit Jahren schwerfällig entwickelt, wird der Gewinn neuer Kunden fast ausschließlich durch Umdeckungen – also durch den Wechsel von einem Versicherer zum anderen – erreicht. Matthias Beenken, Versicherungsexperte von der Fachhochschule Dortmund, bringt es prägnant auf den Punkt: „Wachstum in der PKV ist nur noch zulasten der Konkurrenz möglich.“ Doch wie lassen sich diese Bewegungen im Detail bewerten, und was sagen sie über den Geschäftserfolg der Versicherer aus?

Übertragungswerte: Der Schlüssel zu verborgenen Fakten

Ein wichtiges Instrument zur Bewertung dieser Bewegungen sind die Übertragungswerte der Alterungsrückstellungen. Diese Werte geben an, wie viele Alterungsrückstellungen ein Versicherer von wechselnden Kunden erhält oder abführen muss. Seit 2009 können Versicherte einen Teil dieser Rückstellungen beim Wechsel zu einem anderen Anbieter mitnehmen. Der Saldo aus erhaltenen und abgeführten Rückstellungen zeigt somit, welche Versicherer im Umdeckungswettkampf erfolgreich Kunden von der Konkurrenz gewinnen konnten und welche Kunden verloren haben.

  • Ein positiver Saldo bedeutet, dass der Versicherer mehr Kunden von anderen Anbietern gewonnen hat, als er abgeben musste.
  • Ein negativer Saldo deutet darauf hin, dass der Versicherer mehr Kunden verloren hat, als er gewinnen konnte.

Doch ein Blick in die Zahlen verdeutlicht auch ein Problem, das bei der Bewertung dieser Kennzahlen zu beachten ist: Die Übertragungswerte liefern zwar Hinweise auf die Bewegungen im Bestandskundenmarkt, sagen aber wenig über den allgemeinen Geschäftserfolg eines Versicherers aus. Andere Faktoren wie das Neugeschäft, die Beitragseinnahmen und die langfristige Stabilität spielen eine ebenso wichtige Rolle. Daher sollten die Übertragungswerte nicht isoliert betrachtet werden.

Das Verhältnis im Blick: Wie relevant sind die Übertragungswerte?

Bei der Analyse der Übertragungswerte fällt auf, dass sie oft nur einen kleinen Teil des gesamten finanziellen Gefüges eines Versicherers ausmachen. So verlor die Barmenia im Jahr 2023 zwar 9,08 Millionen Euro an Alterungsrückstellungen, doch dieser Verlust macht nur 0,07 Prozent ihrer gesamten Rückstellungen von 13,03 Milliarden Euro aus. Auch wenn diese Zahl im Umdeckungswettkampf eine Rolle spielt, ist ihr Einfluss auf die Gesamtfinanzen des Unternehmens gering.

Ähnlich verhält es sich bei der DKV, die 4,66 Millionen Euro an die Konkurrenz abführen musste. Dieser Betrag entspricht nur 0,01 Prozenzt der gesamten Alterungsrückstellungen von 45,79 Milliarden Euro. Selbst bei der Hallesche, die 2,86 Millionen Euro hinzugewinnen konnte, macht dieser Zugewinn lediglich 0,03% ihrer gesamten Rückstellungen von 10,80 Milliarden Euro aus.

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Diese Relationen verdeutlichen, dass die Übertragungswerte nur einen Teil der Gesamtbilanz eines Versicherers widerspiegeln. Sie geben Aufschluss darüber, wer im Umdeckungswettkampf Kunden gewinnen oder verlieren konnte, aber sie müssen im Verhältnis zu den gesamten Rückstellungen und der Gesamtentwicklung des Unternehmens betrachtet werden. Der langfristige Erfolg eines Versicherers hängt von vielen weiteren Faktoren ab, darunter das Neugeschäft, die Beitragseinnahmen und die Kundenzufriedenheit.

Gewinner und Verlierer im Umdeckungswettkampf 2023

Obwohl die Übertragungswerte nur einen Ausschnitt des Gesamtbildes liefern, bieten sie interessante Einblicke in den Wettbewerb um Bestandskunden. Hier sind die Versicherer, die 2023 im Umdeckungswettkampf am erfolgreichsten waren – und diejenigen, die am meisten Kunden verloren haben.

Die Umdeckungssieger 2023

  1. HanseMerkur: +16,96 Mio. Euro
  2. Arag: +15,82 Mio. Euro
  3. Continentale: +11,04 Mio. Euro
  4. Hallesche: +2,86 Mio. Euro
  5. Universa: +2,42 Mio. Euro
  6. Huk-Coburg: +0,63 Mio. Euro
  7. Concordia: +0,40 Mio. Euro
  8. Alte Oldenburger: +0,22 Mio. Euro
  9. LVM: +0,16 Mio. Euro

Die Umdeckungsverlierer 2023

  • Württembergische: -1,19 Mio. Euro
  • UKV: -1,28 Mio. Euro
  • Allianz: -1,38 Mio. Euro
  • R+V: -1,52 Mio. Euro
  • Bayerische Beamtenkranken: -1,99 Mio. Euro
  • Debeka: -2,18 Mio. Euro
  • SDK: -2,38 Mio. Euro
  • Nürnberger: -2,61 Mio. Euro
  • Gothaer: -3,18 Mio. Euro
  • Generali: -4,50 Mio. Euro
  • DKV: -4,66 Mio. Euro
  • Barmenia: -9,08 Mio. Euro

Fazit

Der PKV-Markt bleibt ein hart umkämpftes Feld, in dem das Abwerben von Bestandskunden eine zentrale Rolle spielt. Die Übertragungswerte der Alterungsrückstellungen bieten interessante Einblicke in den Umdeckungswettkampf, doch sie müssen im Verhältnis zu den gesamten Alterungsrückstellungen betrachtet werden, um ihre Bedeutung richtig einzuordnen. Sie sind nur eine von vielen Kennzahlen, die den Geschäftserfolg eines Versicherers beeinflussen. Der langfristige Erfolg hängt von weiteren Faktoren wie dem Neugeschäft, der Beitragsentwicklung und der Kundenzufriedenheit ab.

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Hintergrund: Alle Zahlen sind dem neuen MAP-Report aus dem Hause Franke und Bornberg entnommen, mit der beeindruckenden Nummer 935 – einem umfassenden PKV-Bilanzrating, das Kennzahlen von 2019 bis 2023 enthält. Das Analyse-Instrument kann auf der Webseite der Experten aus Hannover kostenpflichtig bestellt werden.

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