SDK-Vorstandschef: „Leistungsausgaben sind für uns gute Ausgaben“
In der privaten Krankenversicherung (PKV) haben sich die Kostenstrukturen durch jüngste Gesetzesreformen und die Inflation deutlich verändert. Versicherungsbote sprach mit Dr. Ulrich Mitzlaff, Vorstandssprecher der Süddeutsche Krankenversicherung a.G., über die Folgen der Reformen, den Einfluss steigender Medikamentenkosten und welche Strategien die SDK verfolgt, um den Herausforderungen der steigenden Gesundheitskosten zu begegnen.
- Süddeutsche Krankenversicherung: „Leistungsausgaben sind für uns gute Ausgaben“
- „Die Politik muss endlich zugeben, dass die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung keine Vollkaskoversicherungen sein können."
Versicherungsbote: Wie hat sich die Kostenstruktur in der PKV durch jüngste Gesetzesreformen und externe wirtschaftliche Einflüsse verändert?
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Dr. Ulrich Mitzlaff: Branchenweit sind deutliche Steigerungen bei den Leistungsausgaben zu beobachten. Dies betrifft die Krankenversicherung, vor allem aber die Pflegepflichtversicherung. Ursache hierfür sind v.a. die diversen Gesetzesreformen in der Pflege und bei den allgemeinen Krankenhausleistungen. Denn hier wurde politisch eine Steigerung der Vergütungen herbeigeführt, welche sich entsprechend auf die Kosten niederschlägt. Darüber hinaus registrieren wir einen generellen Anstieg im Umfang der eingereichten Rechnungen. Es ist anzunehmen, dass dies in der Inflation begründet ist. Sie führt zu höheren Aufwänden bei den Leistungserbringern, welche dementsprechend weitergegeben werden müssen.
Welche Entwicklungen in den letzten Jahren haben Ihrer Meinung nach am stärksten zur Verteuerung der Gesundheits- und Pflegekosten in der PKV beigetragen?
Die beiden Haupttreiber für die steigenden Kosten sind die zuvor erwähnten Gesetzesreformen und die Inflation. So wurden seitens der Politik enorme Leistungsausweitungen insbesondere in der Pflege herbeigeführt. Diese Ausweitungen müssen jedoch in den Tarifen entsprechend gegenfinanziert und einkalkuliert werden. Dadurch gab es in den vergangenen Jahren deutliche Beitragsanpassungen und es zeichnet sich ab, dass diese Entwicklung sich aktuell noch fortsetzt.
Die Inflation wiederum hat zu allgemein gestiegenen Kosten geführt, wovon auch die Leistungserbringer betroffen sind, z. B. in Form von Lohnsteigerungen beim Personal sowie höheren Ausgaben für Dienstleistungen und Produkte. Diese gestiegenen Kosten müssen an die Patientinnen und Patienten bzw. deren Versicherer entsprechend weitergegeben werden.
Welche Auswirkungen haben die jüngsten Gesetzreformen, wie das PUEG, auf Ihre Risikokalkulation und Tarifgestaltung? Müssen Sie bestimmte Risiken häufiger berücksichtigen oder neu bewerten, um die steigenden Kosten zu decken?
Das PUEG hat auf unsere hausinterne Kalkulation keine Auswirkungen. Die Pflegepflichtversicherung ist ein Branchentarif, so dass die SDK als Einzelunternehmen auf die Risikokalkulation und Tarifgestaltung keinen Einfluss hat. In den SDK-Tarifen werden die gestiegenen Kosten – sofern sie über die erwarteten einkalkulierten Kosten hinaus gehen – im Rahmen des gesetzlich geregelten Beitragsanpassungsverfahrens an die Mitglieder weiter gegeben, wie in den letzten Jahren auch aus den oben genannten Gründen geschehen.
Wie wirken sich externe Faktoren wie Inflation und steigende Medikamentenkosten auf Ihr Unternehmen aus?
Wie zuvor erwähnt, hat die Inflation durchaus Auswirkungen auf die Leistungsausgaben der SDK, aber auch der gesamten Branche. Zudem sind in den letzten Jahren verhältnismäßig viele neue und spürbar teurere Medikamente auf den Markt gekommen. Auch dies ist ein Aspekt, den wir mit Blick auf die Leistungsausgaben beobachten.
Welche Strategien verfolgen Sie, um den finanziellen Herausforderungen durch steigende Gesundheits- und Pflegekosten zu begegnen?
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass gerade für uns als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, der keine Renditeziele verfolgen muss, Leistungsausgaben nichts Negatives sind. Denn für unsere Mitglieder im Krankheitsfall und darüber hinaus da zu sein, ist unser Kerngeschäft. Leistungsausgaben sind also durchaus „gute“ Ausgaben für uns.
Nicht umsonst haben wir uns als SDK den Purpose gegeben, die Lebensqualität unserer Mitglieder zu verbessern. Dazu gehört natürlich die finanzielle Absicherung und bestmögliche Versorgung im Krankheitsfall. Dazu gehört aber auch, dabei zu unterstützen, möglichst lange gesund zu bleiben.
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Neben unseren leistungsstarken Tarifen bieten wir deshalb umfassende Gesundheitsdienstleistungen. Von Vorsorge- und Präventionsleistungen bis hin zu ergänzenden Gesundheitsservices im Krankheitsfall, wie z.B. der digitale Arztbesuch per App oder Gesundheitsprogramme für ein 1:1 Coaching bei chronischen Erkrankungen. So begegnen wir den finanziellen Herausforderungen durch steigende Gesundheits- und Pflegekosten mit maßgeschneiderten Angeboten, die die Gesundheit unserer Mitglieder in den Mittelpunkt stellen. Für uns steht also nicht im Fokus, die Kosten zu reduzieren. Vielmehr möchten wir unsere Mitglieder bei einem gesunden und selbstbestimmten Leben unterstützen.
„Die Politik muss endlich zugeben, dass die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung keine Vollkaskoversicherungen sein können."
Welche Rolle spielen Prävention und Vorsorge in Ihrer Strategie, um den steigenden Gesundheits- und Pflegekosten entgegenzuwirken?
Die SDK fördert gesundheitsbewusstes Verhalten. Hierzu beinhalten unsere Tarife sehr umfangreiche, weit über die gesetzlichen Regelungen hinausgehende, Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen beim Arzt sowie Prophylaxe beim Zahnarzt. Für diese wichtigen Leistungen wird außerdem (bis zu einem Höchstbetrag) keine Selbstbeteiligung abgezogen. Darüber haben sie keinen Einfluss auf den Anspruch auf Beitragsrückerstattung. Auch für Präventionskurse nach § 20 SGB V übernimmt die SDK bis zu 100% der Kosten.
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Prävention und Vorsorge spielen also eine sehr wichtige Rolle. Allerdings wirken diese Maßnahmen langfristig und haben damit keinen direkten Einfluss auf die aktuellen Kostensteigerungen; bzw. ihr Einfluss ist schwer messbar, da wir nur nachvollziehen können, welche Kosten tatsächlich anfallen. Ob und wenn ja, in welchem Umfang Krankheiten und schwere Verläufe durch Prävention und Vorsorge vermieden wurden, ist schwer zu ermitteln, da Gesundheit von vielen Faktoren abhängt. Wir nehmen allerdings wahr, dass bei unseren Kundinnen und Kunden die Themen Prävention und Vorsorge einen zunehmenden Stellenwert haben und die beschriebenen Leistungen auch zunehmend abgefragt werden. Die Menschen achten heutzutage mehr auf ihre Gesundheit, als sie es früher getan haben.
Welche digitalen Gesundheitslösungen setzen Sie ein, um die Kosten zu senken?
Im Gesundheitsmanagement setzen wir gezielt auf digitale Gesundheitslösungen, wie z.B. Telemedizin, ein digitales Nachsorgeprogramm bei psychischen Erkrankungen, Online-Präventionskurse oder die sogenannten digitalen Gesundheitsanwendungen. Diese Lösungen ermöglichen es uns, die Versorgung effizienter zu gestalten, den Zugang zu Gesundheitsdiensten zu verbessern und gleichzeitig die Kosten nachhaltig zu senken. Wir arbeiten ständig daran, unser Portfolio mit neuen digitalen Gesundheitslösungen zu verbessern und unsere Angebote noch effizienter zu gestalten.
Welche Forderungen haben Sie an die Gesundheitspolitik, um die Bewältigung gestiegener Kosten zu meistern?
Es ist dringend notwendig, dass die Politik so ehrlich ist und zugäbe, dass sowohl die gesetzliche Krankenversicherung als auch – bzw. insbesondere – die Pflegeversicherung schlicht nicht als Vollkaskoversicherungen funktionieren können. Denn durch die Umlagefinanzierung in der GKV müssen aufgrund der Demografie immer weniger jüngere Menschen enorm steigende Kosten von immer mehr älteren Menschen finanzieren. Das kann auf Dauer nicht gut gehen, wenn unsere Kinder im Alter ebenfalls gut abgesichert sein sollen.
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Bei allem Fokus auf Nachhaltigkeit würden wir uns wünschen, dass die Politik die wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Gesundheitsversorgung und die Generationengerechtigkeit mehr in den Fokus nimmt. Kurzfristig wäre erst einmal ein Stopp der ständigen Leistungsausweitungen wünschenswert und die Rückkehr zu dem, als was die Pflegeversicherung einst konzipiert war: eine Grundversorgung. Im Gegensatz zu bestimmten Krankheiten oder Unfällen ist der Pflegefall statistisch durchaus gut kalkulierbar. Zukünftig wird jeder zweite Mensch Pflegefall. Demnach sollte es auch Kernbestandteil der eigenverantwortlichen Vorsorge sein, sich dafür privat abzusichern, ähnlich wie es in der Altersvorsorge zum Teil bereits geschieht. Aber mit diesen Botschaften sind leider keine Wahlen zu gewinnen. Nachhaltig finanzierte Gesundheitspolitik geht allerdings anders.
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- „Die Politik muss endlich zugeben, dass die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung keine Vollkaskoversicherungen sein können."