Seit März 2022 kann das paneuropäische private Pensions-Produkt (PEPP) - die sogenannte Europarente - angeboten werden. Einhergehend damit ist ein einheitlicher europäischer Binnenmarkt für die Altersvorsorge entstanden. Lange hat es bis dahin gedauert: Denn seit 2014 hat die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA an der Europa-Rente Pepp (Pan European Pension Product) geschraubt. Diese solle nicht weniger als einheitliche Mindeststandards erfüllen und problemlos in andere EU-Länder mitgenommen werden können. Auch soll sie einen einheitlichen Rechtsrahmen für Sparpläne abbilden und gleichzeitig als Ergänzung zur gesetzlichen Rente fungieren. Damit würde die Palette der bestehenden gesetzlichen, betrieblichen und nationalen Privat-Produkte ergänzt - aber nicht ersetzt werden.

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Pepp soll niedrige Kosten verursachen

Die Europa-Rente soll sechs verschiedene Anlagemöglichkeiten bieten. Deren Herzstück ist jedoch das Basis-Pepp. Bei dieser Standardoption soll ein Kostendeckel verbaut sein, der die jährlichen Kosten begrenzt. Die Verwaltungskosten und Provisionen sollen in Summe nicht mehr als ein Prozent der Beiträge eines Jahres betragen dürfen. Freilich gilt der Deckel nur für eine Variante des Produkts, das sogenannte „Basis-Pepp“. Diese Produktvariante muss besonders strenge Regulierungsvorgaben im Sinne des Verbraucherschutzes erfüllen und soll demzufolge besonders für jene Verbraucher geeignet sein, die ein sicheres privates Vorsorgeprodukt wünschen. Für die Anbieter gibt es dabei zwei verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten. Dies kann in Form einer kompletten Beitragsgarantie sein oder in Form von Instrumenten zur Risikobegrenzung.

Angeboten werden sollen die Pepp-Renten jedoch nicht nur als Basisprodukt. Bei der Anlage sollen Verbraucher weitere Investment-Varianten wählen können, die alle fünf Jahre kostenfrei gewechselt werden können. Weiterhin sollen die eingezahlten Beiträge garantiert werden. Dies gelte allerdings nur für die Anlage-Variante mit geringem Risiko. Bei der Ausschüttung der Rente seien mehrere Möglichkeiten erlaubt. So könnten die Renten als Einmalzahlung oder als fortlaufende Rente ausgezahlt werden. Generell bedürfen die neuen Produkte einer Erlaubnis von der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA. Überdies müssten sich Anbieter dem Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht, dem sogenannten Prudent Person Principle, unterwerfen und dem entsprechend die Kundengelder anlegen.

Fintech mit einziger Pepp-Lizenz

Mit dem Fintech-Broker Finax hatte im September 2022 das erste europäische Unternehmen eine Lizenz für dieses Angebot erhalten. Der slowakische Online-Wertpapierhändler ist vornehmlich auf dem polnischen, kroatischen, tschechischen und ungarischen Markt beheimatet. „Wir wollen das PEPP in erster Linie multinationalen Unternehmen und jungen Menschen mit beruflicher Mobilität innerhalb der EU anbieten. Dank der damit verbundenen Steuer- und Abgabenanreize wird das PEPP in mehreren Ländern zu unserem Schlüsselprodukt werden und uns auch bei der Erschließung neuer Märkte helfen", erklärte Juraj Hrbatý, CEO von Finax, zum Start. Wann das Produkt auch auf dem deutschen Markt verfügbar sein wird, ist auch heute noch unklar.

EU-Versicherungsaufsicht schlägt Reformen für Pepp vor

Nun hat die EU-Versicherungsaufsicht Eiopa ein „Staff Paper“ veröffentlicht und festgestellt, dass das Pepp aus verschiedenen Gründen nur begrenzt angenommen wurde. Dies rechtfertige eine Neubewertung. Im Rahmen dessen hat die Eiopa auch Reformvorschläge präsentiert. Diese beinhalten ein privat-betriebliches Kombiprodukt, weniger Verwaltungsaufwand und steuerliche Maßnahmen. Auch der viel diskutierte Kostendeckel wird thematisiert. Für einen Kosten- und Gebührendeckel von einem Prozent des pro Jahr angesparten Kapitals bedürfe es eine Skalierung. Es brauche also eine „Masse“ an Kunden, um wirtschaftlich tragfähig zu sein. Die Aufsicht halte eine Ein-Prozent-Marke zwar nicht „per se“ für zu niedrig, aber sie könne die Latte für kleinere Anbieter „ziemlich hoch“ legen. Überdies bestünde auch die Sorge, dass das Pepp bestehende Produkte „kannibalisieren“ könnten.

Die geringe Nachfrage nach dem Pepp könnte an der allgemein niedrigen Nutzung von Zusatzrentensystemen in Europa und den aktuell hohen Lebenshaltungskosten liegen. Selbst bei sinkender Inflation und einem besseren wirtschaftlichen Umfeld „bleibt es ungewiss, ob die Verbraucher deutlich mehr Interesse am Pepp in seiner derzeitigen Form zeigen würden“. Verzögerungen in der Umsetzung in einigen EU-Staaten und „das Fehlen einer einheitlichen steuerlichen Behandlung auf nationaler Ebene“ hätten ebenfalls die Akzeptanz erschwert.

Die Eiopa schlägt vor, das Angebot zu verbessern, indem ein kombiniertes betriebliches und privates Pepp-Vorsorgeprodukt geschaffen werde, das steuerwirksame Arbeitgeberbeiträge erlaube. Dies könne durch Skalierung mehr Anbieter anziehen. Ein Fokus auf das Preis-Leistungs-Verhältnis („value for money“) statt einer starren Kostenobergrenze werde hierbei empfohlen. Zudem schlägt die Eiopa ein „Pepp-Label“ für nationale Produkte vor, die unionsweit gemeinsamen Regeln entsprechen. Der Verwaltungsaufwand soll durch freiwillige „nationale Unterkonten“ reduziert werden, und die Übertragbarkeit von Mitteln aus anderen privaten Pensionsprodukten ins Pepp solle ermöglicht werden.

Nachfrageseitig soll die generelle Beteiligung an privaten Rentensystemen gefördert werden. Eine Änderung des Status quo erfordere „mutige Vorschläge“. Einer davon ist die Einführung einer „automatischen Anmeldung“ für ein privates Altersvorsorgesystem wie das Pepp bei Erreichen des 18. Lebensjahres oder beim Eintritt ins Berufsleben. Die Beitragszahlung sollte dabei auf die verschiedenen Karrierewege abgestimmt sein.

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Ein weiteres Mittel zur Unterstützung langfristigen Ansparens ist das Bereitstellen eines „Rententrackings“, das zentral und transparent über Rentenansprüche informiert. Hier könnte die digitale Rentenübersicht helfen. Weiterhin sollten die Mitgliedstaaten dem Pepp dieselben Steuerbegünstigungen gewähren wie nationalen privaten Altersvorsorgeprodukten. Eine EU-weite Steuerharmonisierung könnte den grenzüberschreitenden Verkauf erleichtern und den Anbietern helfen, das Produkt wirtschaftlich bereitzustellen. Außerdem sollten „Rentendashboards“ implementiert werden, um die „Angemessenheit und Nachhaltigkeit“ der nationalen Rentensysteme zu verbessern. „Rentenlücken zu messen, ist ein wesentlicher erster Schritt, um sie zu schließen“, so die Eiopa.