Der Bundesgerichtshof hat einem sechs Jahre dauernden Rechtsstreit ein Ende gesetzt. Vorher hatten sich die Verbraucherzentrale Hamburg und die Allianz Leben bereits durch zwei Instanzen duelliert. Die Verbraucherzentrale wirft dem Versicherer vor, bei dessen Vorsorgekonzept Perspektive gegen die Mindestzuführungsverordnung (MindZV) zu verstossen.

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Konkret ging es um die Frage, ob der Versicherer ältere Kunden angemessen an den erzielten Kapitalerträgen beteiligt. Weil diese Kapitalerträge aus Kundengeldern erwirtschaftet werden, müssen laut Mindestzuführungsverordnung mindestens 90 Prozent der erwirtschafteten Überschüsse aus Kapitalanlagen an die Versicherten weitergegeben werden. Die Überschüsse aus einem Vertrag werden hierbei in der Regel jährlich ermittelt und gutgeschrieben. Die Verordnung zielt darauf ab, sicherzustellen, dass die Versicherten fair an den finanziellen Ergebnissen der Versicherungsgesellschaft beteiligt werden. Dabei gilt es auch darauf zu achten, dass nicht bestimmte Kundengruppen gegenüber anderen bei der Verteilung der Gelder bevorzugt werden.

Diesen Grundsatz sahen die Hamburger Verbraucherschützer verletzt. "Die Überschussbeteiligung der Allianz Perspektive ist unausgewogen und benachteiligt vor allem Kundinnen und Kunden mit älteren Verträgen, die zwischen 1994 und 2016 abgeschlossen wurden", monierte Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Zunächst hatte das Landgericht Stuttgart der Klage der Verbraucherschützer teilweise zugestimmt. Es hatte die Versicherung dazu verurteilt, bestimmte Klauseln in ihren Vertragsbedingungen, die den Abzug bei Beitragsfreistellung und Kündigung betreffen, nicht mehr zu verwenden. Die Art und Weise, wie die Versicherung die Überschüsse zwischen verschiedenen Vertragsgenerationen verteilt, hat das Gericht jedoch als rechtmäßig angesehen und die Klage in diesem Punkt abgewiesen. Daraufhin hatte das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts in Teilen geändert und die Versicherung dazu verpflichtet, weitere Klauseln in den Vertragsbedingungen, Produktinformationsblättern und Versicherungsinformationen nicht mehr zu verwenden. Doch auch das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte, dass die Verteilung der Überschüsse rechtmäßig sei (Oberlandesgericht Stuttgart - Urteil vom 3. Februar 2022 - 2 U 117/20).

Nun haben die Richter am Bundesgerichtshof dem Treiben ein Ende gesetzt. Sie unterstrichen, dass die Allianz ihre Versicherungsnehmer bei der Beteiligung an den Überschüssen einer Rentenversicherung nicht unrechtmäßig benachteiligt. Nach Ansicht der Richter ist die Praxis der Allianz, die Überschussbeteiligung je nach Rechnungszins zu unterscheiden, rechtmäßig (Az.: IV ZR 436/22). Damit werden ältere Verträge mit einem höheren Rechnungszins geringer an den Überschüssen beteiligt als jüngere Verträge mit niedrigeren Zinsen.

Während der Versicherer das Urteil und die damit verbundene Rechtssicherheit begrüßte, sehen die Verbraucherschützer darin eine Benachteiligung älterer Kunden. „Auf diesem Wege werden die jüngeren Verträge künstlich aufgehübscht.“, kritisierte Klug und fügte an „Wir befürchten, dass die begünstigte Überschussbeteiligung von jüngeren Verträgen Schule macht und Vertriebskräfte dies als absatzförderndes Argument nutzen. Dadurch wird eine kapitalbildende Versicherung aber immer noch nicht zu einem bedarfsgerechten Produkt.“, kritisierte Klug.

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Darüber hinaus hatten beiden Parteien über die Wirksamkeit diverser Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, Produktinformationsblättern und Versicherungsinformationen gestritten. Auch hier hat der BGH kein Urteil im Sinne der Hamburger Verbraucherschützer getroffen.