Verbraucherschutz kritisiert neue Altersvorsorgedepot-Pläne
Das Bundesfinanzministerium hat seine Pläne für ein privates Altersvorsorgedepot vorgestellt. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg äußert sich im Interview kritisch: Die neue Regelung löse nicht das zentrale Problem der privaten Altersvorsorge.
Das Bundesfinanzministerium hat kürzlich seine Pläne für ein neues privates Altersvorsorgedepot vorgestellt. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg äußerte sich im Interview mit der Zeitschrift Capital skeptisch zu den geplanten Änderungen.
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Nauhauser erkennt zwar Verbesserungen für Menschen, die ihre Finanzen selbst verwalten wollen, jedoch bleibt seiner Meinung nach das zentrale Problem ungelöst: die Abhängigkeit der meisten Verbraucher von Beratung. „Verbraucher vertrauen oft auf Bankberater oder Versicherungsmakler, die sie aus ihrem persönlichen Umfeld kennen, aber deren Beratung ist häufig nicht bedarfsgerecht“, behauptet Nauhauser im Interview.
Vertrauensproblem und mangelnde Passgenauigkeit der Beratung
Das eigentliche Problem, so Nauhauser, sei, dass Verbrauchern Produkte verkauft werden, die Provisionen einbringen, nicht aber diejenigen, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen. Seit der Einführung der Riester-Rente sei das ein ungelöstes Problem. Gesetzliche Transparenzpflichten hätten hier nicht geholfen, da Altersvorsorge ein Vertrauensgut sei und die Vielfalt an komplexen Produkten den Beratungsbedarf erhöhe.
Nauhauser plädiert für ein staatliches Standardprodukt nach schwedischem Vorbild, um Fehlanreize durch provisionsgesteuerte Beratung zu vermeiden. Ein solches Standardprodukt wäre kostengünstig, einfach und könnte je nach Risikobereitschaft individuell angepasst werden. Stattdessen erlaube das neue Gesetz, dass jeder mit staatlicher Förderung auf Einzelaktien spekulieren könne, was die Szene dubioser Finanzinfluencer vergrößern könnte.
Nauhauser rät Verbrauchern, sich unabhängig zu informieren und nicht blind den Ratschlägen von Beratern zu folgen, die oft als Verkäufer agieren. Besonders warnt er vor Versicherern, die alte Riesterverträge gegen neue Verträge mit vermeintlichen Vorteilen eintauschen wollen, um hohe Garantieleistungen loszuwerden und neue Provisionen zu kassieren.
Laut Fragestellung von Capital, sollen die Grünen noch auf Kostendeckelungen im Vertrieb drängen. Doch auch das hält Nauhauser für unzureichend. „Die Kosten sind hoch, weil der Vertrieb die Produkte gegen hohe Provisionen verkauft. Ein Kostendeckel würde nur dazu führen, dass andere Produkte verkauft werden, die mehr einbringen“, so Nauhauser.
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Ein positives Element der Reform ist laut Nauhauser das Ende der Verrentungspflicht, wodurch Verbraucher mehr Flexibilität bei der Gestaltung ihrer Rentenauszahlungen haben. Er lobt auch die Wahlfreiheit, das Geld bei Bedarf komplett entnehmen zu können. Skeptisch sieht Nauhauser hingegen die Wechselkosten für bestehende Riesterverträge, die zwar gedeckelt seien, aber durch neue Vertragskosten erhöht werden könnten.
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