Bereit im Juni 2024 hatte Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandschef des GKV-Spitzenverbands, bei einer Veranstaltung Alarm geschlagen. Demnach werde die gesetzliche Pflegeversicherung im Jahr 2024 voraussichtlich ein Defizit von 1,5 Milliarden Euro aufweisen. Allein im ersten Quartal 2024 habe das Defizit 650 Millionen Euro betragen. Für das Jahr 2025 könnte das Minus sogar auf 3,4 Milliarden Euro anwachsen, was einer Beitragsanhebung von 0,2 Prozentpunkten entsprechen würde.

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Die Warnungen aus den Reihen des GKV-Spitzenverbands werden nun von einem Bericht des "Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND)" untermauert. Demnach stünde die Pflegeversicherung offenbar kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Wenn die Regierung nicht schnell handelt, könnte der Pflegeversicherung bereits im Februar die Insolvenz drohen. Bei ihrem Bericht beruft sich das "RND" auf Informationen aus Regierungskreisen. Aktuell arbeite die Ampelkoalition bereits an einer Reform. Es würden Gespräche über eine „Notoperation“ geführt, wie der Bericht weiter ausführt.

So erwarteten die Pflegekassen in diesem Jahr ein Defizit von 1,5 Milliarden Euro, das im nächsten Jahr auf 3,5 Milliarden Euro ansteigen könnte. Die Gründe dafür seien vielschichtig. So sei unter anderem die Reform von 2023 nicht ausreichend finanziert gewesen. Zudem seien die Beiträge nicht wie nötig erhöht worden. Ach die steigende Zahl der Pflegebedürftigen verschärfe die Situation zusätzlich. Überdies würde sich die Begrenzung der Eigenanteile für Heimbewohner als deutlich teurer als erwartet erweisen.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) werde laut seinem Ministeriumssprecher bald ein Konzept zur Stabilisierung der Pflegeversicherung vorlegen. Der Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass die Versicherung sowohl kurz- als auch langfristig auf stabilere Füße gestellt werden soll. Eine Zahlungsunfähigkeit drohe nicht. Eine Sprecherin des Ministeriums betonte: „Die Pflegeversicherung ist nicht pleite. Dafür wird der Gesetzgeber sorgen“. Das Gesundheitsministerium kann den Bericht des RND in dieser Form nicht bestätigen.

Zur Rettung der Pflegeversicherung könnte unter anderem eine Erhöhung der Beiträge in Betracht gezogen werden. Die Krankenkassen forderten bisher eine Erhöhung des Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte. Laut Bericht reicht das jedoch nicht aus, um die finanziellen Probleme zu lösen. Die Regierung geht davon aus, dass eine Erhöhung von 0,25 bis 0,3 Prozentpunkten notwendig sein dürfte. Dies liege daran, dass nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr mit einer längeren Phase der Regierungsbildung zu rechnen ist. Deshalb müssten die Beiträge so stark erhöht werden, dass die Gelder mindestens bis zum Frühjahr 2026 ausreichten.

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Derzeit beträgt der allgemeine Beitragssatz zur Pflegeversicherung 3,4 Prozent. Familien mit mehr als einem Kind unter 25 Jahren erhalten Abschläge, Kinderlose zahlen vier Prozent. Zusätzlich zur Erhöhung der Pflegeversicherungsbeiträge um 0,3 Prozentpunkte wird auch in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Anstieg der Beiträge um 0,7 Prozentpunkte erwartet. Beschäftigte mit einem Einkommen von 3.500 Euro würden dann monatlich mit einer Mehrbelastung von 17,50 Euro konfrontiert. Das entspricht 210 Euro pro Jahr und wäre der stärkste Anstieg der Sozialbeiträge seit mehr als 20 Jahren.