bAV: Wann Mindestehedauer- Klauseln zulässig sind
Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts stärkt die Rechte der Arbeitgeber bei der Gestaltung betrieblicher Hinterbliebenenrenten: Eine Klausel, die die Zahlung der Rente nur nach mindestens zwölf Monaten Ehe zulässt, ist zulässig. Allerdings gilt dies nur, sofern sie gerechte Ausnahmen vorsieht. Versicherungsbote stellt das Urteil vor.
- bAV: Wann Mindestehedauer- Klauseln zulässig sind
- Wie das Bundesarbeitsgericht urteilte
Die betriebliche Altersversorgung (bAV) bietet nicht nur dem Arbeitnehmer selbst im Alter Sicherheit, sondern schützt auch dessen Hinterbliebene. Stirbt ein Arbeitnehmer, erhält der Ehepartner in der Regel eine Hinterbliebenenrente, die sich an einem Teil der Betriebsrente orientiert. Besonders für Hinterbliebene, die auf das Einkommen des verstorbenen Partners angewiesen waren – etwa in Alleinverdiener-Haushalten oder bei Ehepartnern ohne eigenem Einkommen – ist diese finanzielle Absicherung oft unverzichtbar, um einen gewissen Lebensstandard zu halten.
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Auch eine Frau hoffte auf diese finanzielle Unterstützung, als ihr Ehemann im Mai 2018 unerwartet verstarb – nur vier Monate nach ihrer Hochzeit im Januar desselben Jahres. Der plötzliche Tod ließ ihr kaum Zeit, gemeinsam mit ihrem Mann ein Leben aufzubauen. Doch der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung der Hinterbliebenenrente mit Verweis auf eine Mindestehedauerklausel im Pensionsvertrag. Diese Klausel forderte, dass die Ehe mindestens zwölf Monate bestanden haben muss, um einen Anspruch auf die Rente zu begründen.
Der Weg durch die Instanzen
Die Witwe entschloss sich, die Entscheidung des Arbeitgebers anzufechten und klagte vor dem Arbeitsgericht München. Dieses wies ihre Klage jedoch ab und entschied, dass die Mindestehedauerklausel im Pensionsvertrag rechtskonform sei (Az.: 22 Ca 14000/19). Auch in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht München blieb die Klägerin erfolglos (Az.: 4 Sa 871/20). Schließlich wandte sich die Frau an das Bundesarbeitsgericht, doch auch dort wurden die Urteile der Vorinstanzen bestätigt (Az.: 3 AZR 254/21).
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Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Mindestehedauerklausel im Pensionsvertrag keine unangemessene Benachteiligung darstelle. Solche Klauseln dienen dem legitimen Ziel, sogenannte Versorgungsehen zu verhindern – Ehen, die allein aus dem Grund geschlossen werden, um dem überlebenden Partner Rentenansprüche zu sichern. Entscheidend war jedoch, dass die Klausel nicht starr angewendet wird, sondern Ausnahmen vorsieht.
Wie das Bundesarbeitsgericht urteilte
Das Bundesarbeitsgericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass Mindestehedauerklauseln ein legitimes Ziel verfolgen: Sie sollen sogenannte Versorgungsehen verhindern – Ehen, die vor allem aus dem Grund geschlossen werden, um dem überlebenden Partner Rentenansprüche zu sichern. In seinem Urteil betonte das Gericht: "Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, dieses [Versorgungs-]Risiko nur so lange abzusichern, wie es sich nicht bereits konkretisiert hat, und damit objektive Versorgungsehen auszuschließen."
Voraussetzungen für die Gültigkeit der Klausel
Damit eine Mindestehedauerklausel allerdings rechtlich wirksam ist, muss sie verhältnismäßig gestaltet sein. Entscheidend ist dabei, dass die Klausel nicht starr angewendet wird, sondern ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Interessen des Arbeitgebers und denjenigen der Hinterbliebenen wahrt. Das Gericht führte aus, dass dies nur dann gewährleistet ist, wenn die Klausel Ausnahmen für besondere Umstände – etwa plötzlich eintretende Todesfälle – vorsieht.
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Dazu zählen insbesondere Fälle, in denen der Ehepartner infolge eines Unfalls oder einer erst nach der Eheschließung aufgetretenen Krankheit verstirbt. In solchen Situationen bleibt der Rentenanspruch trotz der kurzen Ehedauer bestehen. Das Gericht erklärte dazu: "Die Versorgungsordnung erfasst alle typischen Fälle, in denen eine Hinterbliebenenversorgung geboten ist, sofern der Ehepartner an den Folgen eines Unfalls oder einer nach der Eheschließung eingetretenen Krankheit verstirbt."
Warum die Klausel in diesem Fall als gültig anerkannt wurde
Die Mindestehedauerklausel erfüllte im vorliegenden Fall diese Voraussetzungen, da sie eine solche Ausnahme vorsah. Das Bundesarbeitsgericht betonte, dass die Klausel in diesem Fall verhältnismäßig sei und das legitime Ziel verfolge, finanzielle Risiken für den Arbeitgeber durch Versorgungsehen zu minimieren. Somit war die Klausel als faire Regelung anzusehen, die den Interessen beider Seiten gerecht wurde. Obwohl die Klausel grundsätzlich als gültig und verhältnismäßig anerkannt wurde, griff die Ausnahme für die Klägerin in diesem speziellen Fall allerdings nicht.
Warum die Ausnahme im konkreten Fall nicht zur Anwendung kam
Der Grund hierfür war, dass der Ehemann der Klägerin bereits vor der Eheschließung erkrankt war – beide Partner wussten auch von dieser Erkrankung. Die Ehe wurde also in Kenntnis der Krankheit geschlossen. Aus diesem Grund sah das Gericht keinen Anlass, die Klausel aufzuheben. Es verwies darauf, dass das Risiko einer Versorgungsehe unter diesen Umständen deutlich erhöht sei, was die Anwendung der Mindestehedauerklausel rechtfertigte.
Fazit
Im Urteil wurde betont, dass Mindestehedauerklauseln ein legitimes Mittel seien, um das finanzielle Risiko des Arbeitgebers zu begrenzen, wenn eine Ehe kurz vor dem Tod des Arbeitnehmers geschlossen wird. Dabei wies das Gericht aber mehrfach darauf hin, dass solche Klauseln nicht zu pauschalen Ausschlüssen führen dürfen. In unvorhersehbaren Todesfällen müsse der Rentenanspruch gewahrt bleiben, was die Notwendigkeit von Ausnahmen unterstreicht.
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Vergleich: Mindestehedauer versus Spätehenklauseln
Das Urteil zu Mindestehedauerklauseln unterscheidet sich deutlich von einem früheren Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu Spätehenklauseln. Während Spätehenklauseln, die den Rentenanspruch bei Eheschließungen nach dem 62. Lebensjahr ausschließen, als unzulässige Altersdiskriminierung gewertet wurden, sind Mindestehedauerklauseln dann zulässig, wenn sie Ausnahmen für besondere Umstände vorsehen. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Klauselarten liegt darin, dass Spätehenklauseln pauschal auf das Alter des Arbeitnehmers abstellen, während Mindestehedauerklauseln die Dauer der Ehe als entscheidendes Kriterium heranziehen – und durch die Ausnahmen individuelle Umstände stärker berücksichtigen.
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