PKV-Sozialtarife: Steigende Zahlen geben wieder Grund zur Sorge
Die private Krankenversicherung (PKV) steht vor wachsenden Herausforderungen. Steigende Versichertenzahlen in den Sozialtarifen, besonders im Basis- und Notlagentarif, deuten auf finanzielle Probleme vieler Versicherter hin. Gleichzeitig belasten wachsende Leistungsaufwendungen und drohende Beitragsanpassungen die Branche. Versicherungsbote stellt aktuelle Zahlen vor.
- PKV-Sozialtarife: Steigende Zahlen geben wieder Grund zur Sorge
- Der Notlagentarif: Eine wachsende Dunkelziffer?
Ein aktueller Bericht der Zeitschrift für Versicherungswesen (ZfV) hat erneut Kennzahlen zur PKV analysiert, um aktuelle Entwicklungen und mögliche Zukunftsszenarien aufzuzeigen. Wenngleich es auch positive Befunde gibt – wie eine Stabilisierung des Bruttoneuzugangs oder leichtes Wachstum in der Vollversicherung (Versicherungsbote berichtete) – geben andere Zahlen Anlass zur Sorge. Besonders auffällig ist der erneute Anstieg der Zahl von privat Versicherten in den Sozialtarifen, denn einzig beim Auslaufmodell Standardtarif haben die Zahlen sich positiv entwickelt.
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Der Standardtarif: Ein Auslaufmodell mit steigenden Beiträgen
Der Standardtarif gilt als Auslaufmodell, da er ausschließlich Versicherten zur Verfügung steht, die bereits vor dem 1. Januar 2009 in die PKV eingetreten sind. Für viele ältere Versicherte fungiert dieser Tarif als Rettungsanker, da die Beiträge auf das Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) begrenzt sind. Im Jahr 2023 sank die Zahl der Versicherten um 0,5 Prozent auf 51.006 Personen. Die DKV führt dabei mit 15.576 Versicherten den größten Anteil an. Auch die Allianz mit 8.747 Versicherten und die Signal Iduna mit 4.686 Personen weisen noch nennenswerte Bestände im Standardtarif auf.
Trotz der Deckelung mussten sich die Versicherten zuletzt auf steigende Prämien einstellen – ab 1. Juli 2024 wurde der Durchschnittsbeitrag im Standardtarif um 9,3 Prozent angehoben. Diese Erhöhung betrifft insbesondere Versicherte ohne Beihilfeanspruch, wie viele Selbstständige. Die Prämiensteigerung ist die erste nach drei Jahren und wird vor allem mit steigenden Leistungsaufwendungen und dem medizinischen Fortschritt begründet (Versicherungsbote berichtete).
Der Basistarif: nach Rückgang wieder Anstieg der Versichertenzahlen
Der Basistarif bietet eine Grundversorgung auf GKV-Niveau. Der Höchstbeitrag für den Basistarif beträgt im Jahr 2024 monatlich 843,52 Euro. Hinzu kommt der Beitrag zur Pflegeversicherung. Besonders interessant ist der Basistarif für Menschen, die hilfebedürftig im Sinne des Sozialrechts sind. In diesen Fällen wird der Beitrag auf die Hälfte des GKV-Höchstbeitrags begrenzt. Wenn selbst dieser reduzierte Beitrag nicht tragbar ist, übernimmt der Sozialhilfeträger einen Teil oder sogar den gesamten Beitrag.
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Nach einem Rückgang 2022 gibt es in 2023 auch wieder einen Anstieg der Versichertenzahlen im Basistarif – er verzeichnete einen Zuwachs um 2,1 Prozent auf 33.063 Personen. Marc Surminski pointiert für die ZfV: "Nach einem Rückgang im Vorjahr zeigt dieser Anstieg, dass es wieder mehr Kunden mit Zahlungsproblemen gibt." Die meisten Personen im Basistarif hat die DKV (4.688) vor der Signal Iduna (3.420) und der Debeka (3.354). Zu beachten ist aber, dass derartige absolute Zahlen nur in Relation zur Bestandsgröße aussagekräftig sind.
Der Notlagentarif: Eine wachsende Dunkelziffer?
Besonders heikel ist der Anstieg der Personen im Notlagentarif, der für Versicherte eingerichtet wird, die ihre PKV-Beiträge über längere Zeit nicht mehr zahlen können. Dieser Tarif bietet nur minimale Leistungen, die sich auf akute Erkrankungen, Schmerzzustände und Mutterschaft beschränken. Für Kinder und Jugendliche werden zudem Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen übernommen. Die Versicherten erhalten hier also eine sehr eingeschränkte medizinische Versorgung, während die Beitragsforderungen weiterhin bestehen bleiben.
Die Anzahl der im Notlagentarif versicherten Personen stieg 2023 um 3,9 Prozent auf 48.910 Personen. Doch diese Zahl gibt nicht das volle Bild wieder. Mehrere große Versicherer haben keine Angaben zu ihren Beständen im Notlagentarif gemacht – in einer von der Zeitschrift für Versicherungswesen abgebildeten Tabelle fehlen Angaben der Axa, der Bayerische Beamten, der Continentale, der HanseMerkur, der Gothaer, der UKV, der Landeskrankenhilfe und der Arag. Dies deutet darauf hin, dass die tatsächliche Zahl der Versicherten im Notlagentarif höher liegt. Die fehlenden Zahlen verweisen zudem auf ein oft beklagtes Transparenz-Problem einiger Anbieter.
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Ein Blick in die Vergangenheit zeigt allerdings, dass die Situation sich zumindest stabilisiert hat: 2017 waren noch 105.800 Personen im Notlagentarif versichert. Dennoch ist der Anstieg der Sozialtarife in den letzten Jahren alarmierend, da er eine Folge der wirtschaftlich angespannten Lage in Deutschland ist. Insbesondere Selbstständige, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten, müssen ihre regulären PKV-Tarife oft aufgeben und wechseln in den Notlagentarif, um zumindest eine Grundabsicherung zu erhalten.
Schwierige Zeiten für die PKV – ziehen sich vermehrt dunkle Wolken zusammen?
Der erneute Anstieg von PKV-Kunden in den Sozialtarifen zeigt, dass die Branche noch immer vor großen Herausforderungen steht. So ziehen sich laut Marc Surminski "vermehrt dunkle Wolken über der Branche zusammen". Steigende Leistungsaufwendungen in der PKV verschärfen das Problem weiter: 2023 verzeichnete die Branche einen Kostenanstieg um 9,2 Prozent, der vor allem auf die medizinische Inflation und Nachholeffekte aus der Corona-Zeit zurückzuführen ist. Wegen der höheren Leistungsaufwendungen hat sich auch die Schadenquote der Branche erhöht: von 76,5 Prozent auf 79,1 Prozent. Laut Surminski dürften also zum Jahreswechsel 2024/25 bei vielen Versicherern auch "kräftige Beitragsanpassungen anstehen".
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Diese Entwicklungen könnten für die PKV besonders brisant werden, da sie mit den anstehenden Wahlen und der erneuten Debatte über die Einführung einer Bürgerversicherung zusammenfallen könnte, pointiert der Experte. Und warnt: "Hoffentlich gibt es hier künftig nicht vermehrt Medienberichte über Kunden, die sich ihre PKV nicht mehr leisten können und nun in den Sozialtarifen mit deutlich reduzierten Leistungen versichert sein müssen. Das gäbe im Wahljahr 2025 keine guten Schlagzeilen für die PKV." Eine umfangreiche Analyse Surminskis zur Entwicklung der "PKV im Jahr 2023" mit vielen Tabellen und Kennzahlen ist hinter einer Bezahlschranke auf der Webseite der Zeitschrift für Versicherungswesen verfügbar.
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