Kfz-Versicherer rechnen mit Milliardenverlusten
Die Kfz-Versicherungsbranche wird auch 2024 rote Zahlen schreiben. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) geht von einem Verlust in Höhe von rund zwei Milliarden Euro aus.
Erst im April 2024 hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Kfz-Versicherer gewarnt. Die Gesellschaften sollten ihre Tarife stärker anheben, um wirtschaftliche Schwierigkeiten aufgrund der sogenannten Schadeninflation zu vermeiden. „Vor allem in der Kfz-Versicherung waren die Prämiensteigerungen branchenweit nicht deutlich genug, um das Geschäft profitabel zu betreiben. Dauerhaft defizitäre Sparten akzeptieren wir aber nicht“, sagte Julia Wiens, bei der Aufsichtsbehörde für die Versicherungsaufsicht zuständig, in einem Interview mit dem „Handelsblatt“.
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Ebenfalls im April hatte der Versichererverband eingeräumt, dass die deutschen Kfz-Versicherer in diesem Jahr voraussichtlich erneut massive Verluste erleiden werden. Der Branchenverband sprach damals von einem Defizit von bis zu zwei Milliarden Euro.
Nun hat der Lobby-Verband die Zahlen konkretisiert. Die Branche wird auch im Jahr 2024 mehr Ausgaben als Einnahmen haben. „Nach unserer aktuellen Hochrechnung werden die Kfz-Versicherer einen Verlust von rund zwei Milliarden Euro verzeichnen. Die Beitragseinnahmen werden auf rund 33,8 Milliarden Euro steigen, aber die Versicherer müssen für jeden eingenommenen Euro 1,06 Euro für Schäden und Verwaltung ausgeben“, erklärt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV. Bereits im letzten Jahr mussten die Kfz-Versicherer einen Verlust von über drei Milliarden Euro hinnehmen. Diese schlechten Zahlen seien wesentlich auf die steigenden Reparaturkosten zurückzuführen.
„Sowohl Ersatzteile als auch die Arbeit in den Kfz-Werkstätten werden immer teurer: Die Ersatzteilpreise sind im Vergleich zum Vorjahr um über sechs Prozent gestiegen. Die Werkstattkosten lagen schon 2023 mit 188 Euro pro Stunde auf einem Rekordwert“, so Asmussen. Im Jahr 2023 kostete ein durchschnittlicher Sachschaden in der Kfz-Haftpflichtversicherung eines Pkw rund 4.000 Euro, vor zehn Jahren waren es noch 2.500 Euro. Wie sich die aktuelle Situation auf die Prämien der Kfz-Versicherung auswirken wird, ist eine Entscheidung jedes einzelnen Versicherers und nicht Sache des Verbandes. „Aber selbstverständlich gibt es einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Schäden und den Beiträgen für eine Kfz-Versicherung“, betont Asmussen.
Die wachsenden Aufwendungen sorgten selbst beim Branchen-Primus Huk-Coburg für verschlechterte Schaden-Kosten-Quote. Infolgedessen schreiben die Unternehmen zum Teil tiefrote Zahlen in diesem Segment. Man sei den Kosten für Ersatzteile ein Stück weit ausgeliefert, monieren Branchenkenner. Schließlich handele es sich bei den designgeschützten Ersatzteilen quasi um einen Monopolmarkt. Nach Ansicht der Branche ist der sogenannte Designschutz dafür mitverantwortlich, dass viele Ersatzteile deutlich stärker im Preis gestiegen sind, als sich durch die allgemeine Inflation erklären lässt. Dieses Gesetz schreibt vor, dass bei der Reparatur eines Unfalls alle beschädigten sichtbaren Autoteile nur durch Original-Ersatzteile ersetzt werden dürfen. Die Designschutzrichtlinie 98/71/EG der EU, die durch das Designgesetz in Deutschland in nationales Recht umgesetzt wurde, räumt den Autoherstellern somit ein Quasi-Monopol ein, kritisieren nicht nur die Kfz-Versicherer.
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Die Autobauer nennen hingegen auch andere Gründe für die steigenden Preise: So müsse bei einem Schaden immer mehr Technik ersetzt werden, die früher noch gar nicht vorhanden gewesen sei. Als Beispiele können hier etwa Sensoren für Fahrassistenzsysteme oder hochauflösende Kameras für die Umgebungserfassung angeführt werden.