Rund 4,875 Millionen Menschen erhielten zum Ende des Jahres 2022 Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung. Im Vergleich zum Jahr 2015 ist die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland um 82,6 Prozent gestiegen. Damals waren noch 2,67 Millionen Menschen leistungsberechtigt. Das geht aus der Geschäftsstatistik der Pflegekassen hervor. Weitere 311.586 Leistungsbezieher erhielten Gelder aus der privaten Pflege-Pflichtversicherung.

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Bei vielen Pflegebedürftige geht es schnell an das Ersparte: Wenn Pflegebedürftige in einem Heim betreut werden, so müssen sie hierfür immer höhere Summen aus eigener Tasche zahlen. Denn die Zuzahlungen für Pflegeheimplätze steigen weiter. Inzwischen liegt der Eigenanteil für die Unterbringung im Pflegeheim bei durchschnittlich 3.123 Euro (ohne Zuschuss). Mit dem 2022 eingeführten Leistungszuschlag mussten Senioren durchschnittlich noch 2.871 Euro im Monat zu ihrem Pflegeheimplatz beisteuern.

Die Eigenanteile sind regional sehr unterschiedlich. Die teuersten Bundesländer für einen Pflegeheimplatz sind nach Baden-Württemberg Nordrhein-Westfalen, das mit einem durchschnittlichen Eigenanteil von 3.444 Euro und das Saarland mit 3.431 Euro. Deutlich günstiger ist der Eigenanteil in Brandenburg (2.811 Euro), Niedersachsen (2.747 Euro) und Mecklenburg-Vorpommern (2.710 Euro).

Studie: Zwei Drittel der Deutschen kann Pflegekosten im Alter tragen

71,9 Prozent Prozent der Rentnerhaushalte in Deutschland können sich trotz der stark steigenden Pflegekosten eine stationäre Pflege über mehrere Jahre leisten. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln), die im Auftrag des PKV-Verbandes durchgeführt wurde. Berücksichtigt man nicht nur das Einkommen, sondern auch die Vermögenslage der Rentner, sind sie in der Lage, die Eigenanteile in Pflegeheimen von rund 3.000 Euro monatlich fünf Jahre lang selbst zu tragen.

Bei den heutigen Rentnern würde es sich, laut der Studienmacher, um eine der reichsten Rentnergenerationen aller Zeiten handeln. Laut IW belaufe sich das durchschnittliche Nettovermögen der Privathaushalte mit einem Haushaltsvorstand über 65 Jahren auf 319.252 Euro. Das Vermögen sei dabei so gut gestreut, dass zwei Drittel der Rentnerhaushalte die Eigenanteile im teuren Fall der stationären Pflege selbstständig tragen könnten, ohne auf Sozialhilfe angewiesen zu sein.

„Allen Unkenrufen zum Trotz kann die große Mehrheit der Menschen die Pflegekosten im Alter eigenverantwortlich tragen. Diese Tatsache sollte die Politik nutzen, um die Pflegeversicherung jetzt auf ein nachhaltig finanziertes und generationengerechtes Fundament zu stellen“, sagt Thomas Brahm, der Vorsitzende des PKV-Verbands, zu den Ergebnissen der IW-Studie. „Eine Deckelung der Eigenanteile oder gar eine Pflegevollversicherung sind weder zielführend noch bezahlbar. Die Kosten für weitere Leistungsausweitungen müssten die Beitrags- und Steuerzahler und vor allem die jüngeren Generationen tragen, während Menschen mit Privatvermögen profitieren würden“.

In der aktuellen politischen Debatte werden weitere Zuschüsse zu den Eigenanteilen bis hin zu einer „Pflegevollversicherung“ gefordert. Die neuen Zahlen des IW zeigen jedoch, dass solche zusätzlichen Leistungen auf Kosten der Beitragszahler am Ende weniger als 30 Prozent der Bedürftigen erreichen würden.

Die Erfahrung mit den 2022 eingeführten pauschalen Leistungszuschlägen zeigt bereits, dass sie wenig treffsicher sind und die Beitragszahler massiv belasten. Im ersten Jahr kosteten sie die Pflegeversicherung mehr als 3,6 Milliarden Euro, während die Ausgaben der Sozialämter für die Hilfe zur Pflege nur um 1,23 Milliarden Euro sanken. Jeder Euro Entlastung für Hilfebedürftige wurde somit mit drei Euro Zusatzbelastung für alle Beitragszahler teuer erkauft.

Das IW Köln zieht das Fazit, dass der Leistungszuschlag insgesamt sowohl als ineffektives als auch ineffizientes Umverteilungsinstrument bewertet werden muss. „Aus ökonomischer Sicht muss der Leistungszuschlag daher insgesamt sowohl als ineffektives als auch ineffizientes Umverteilungsinstrument bewertet werden“. Die Experten warnen vor den negativen Folgen steigender Beiträge für den Wirtschaftsstandort Deutschland. „Höhere Beitragssätze führen bei unverändert hohen Bruttoentgelten zu steigenden Arbeitskosten. Da sich die in Deutschland ansässigen Unternehmen im internationalen Wettbewerb behaupten müssen, droht ein negativer Einfluss auf die Beschäftigungschancen am Standort. Im schlimmsten Fall entsteht eine Abwärtsspirale“, so das IW Köln.

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