Reform der Altersvorsorge würde einkommensschwache Familien benachteiligen
Die Reform der privaten Altersvorsorge soll höhere Renditechancen ermöglichen, bringt jedoch auch Nachteile für einkommensschwache Familien mit sich. Ein neues Fördersystem könnte sie schlechterstellen als bisherige Modelle.
Ende September 2024 legte das Bundesministerium der Finanzen einen Gesetzesentwurf zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge vor. Das Ziel der Reform ist es, Sparerinnen und Sparer zu ermutigen, verstärkt in Aktien und Fonds zu investieren, um so höhere Renditen zu erzielen. Allerdings könnte die neue Fördersystematik Familien mit geringem Einkommen und Kindern im Vergleich zur bisherigen Riester-Rente benachteiligen.
Anzeige
Die Reform sieht neue, renditeorientierte Altersvorsorgeprodukte vor, die keine vollständige Garantie auf die eingezahlten Beiträge mehr erfordern. Vorsorgesparer können zwischen zwei Garantieniveaus – 80 Prozent oder 100 Prozent – oder einem Produkt ohne Garantie wählen. Diese flexiblen Optionen sollen vor allem junge und kapitalmarktaffine Menschen ansprechen, die von potenziell höheren Renditen am Kapitalmarkt profitieren wollen.
Für jeden gesparten Euro ist eine Grundzulage von 20 Cent vorgesehen, wobei der maximal geförderte Betrag bei 3.000 Euro liegt. Sparer können jährlich bis zu 600 Euro an staatlicher Förderung erhalten. Für Kinder gibt es eine zusätzliche Zulage von 25 Cent pro gespartem Euro, maximal 300 Euro pro Jahr. Geringverdiener werden zusätzlich mit einer Bonuszulage von 175 Euro pro Jahr unterstützt, und Berufseinsteiger unter 25 erhalten in den ersten drei Jahren eine jährliche Einstiegshilfe von 200 Euro.
In der Auszahlungsphase haben Sparer die Wahl zwischen einer lebenslangen Leibrente oder einem Auszahlungsplan bis zum 85. Lebensjahr. Die Altersgrenze für den Beginn der Auszahlungen wird auf 65 Jahre angehoben. „Wir empfehlen mindestens im Sockel der privaten Altersvorsorge eine lebenslange Leibrente, also eine private Rentenversicherung, weil nur diese lebenslange Ausgaben verlässlich abdeckt“, betont Miriam Michelsen, Leiterin Vorsorge und Krankenversicherung bei MLP.
Der geplante Starttermin für die Umsetzung der Reform ist der 1. Januar 2026. Ab diesem Zeitpunkt sollen die neuen Altersvorsorgeverträge angeboten und bespart werden können.
Die neue Fördersystematik könnte für Familien mit geringem Einkommen nachteilig sein. Bisher erhalten Familien die volle Riester-Zulage, wenn sie mindestens vier Prozent ihres Vorjahreseinkommens in die Altersvorsorge investieren. Mit der neuen Regelung sinkt die Förderung jedoch proportional zu den Einzahlungen. Familien, die nicht den vollen Betrag einzahlen können, erhalten somit deutlich weniger staatliche Unterstützung.
Ein Rechenbeispiel verdeutlicht den Unterschied: Ein Haushalt mit zwei Kindern und einem Einkommen von 35.000 Euro erhält derzeit durch die Riester-Rente 775 Euro staatliche Förderung bei einer jährlichen Eigenleistung von 625 Euro. Mit der neuen Regelung würde derselbe Eigenbeitrag nur noch 437,50 Euro an staatlicher Förderung bringen, was zu einem Gesamtbetrag von 1.062,50 Euro führt – deutlich weniger als bisher.
Angesichts der Nachteile für einkommensschwache Familien könnten Anpassungen der neuen Fördersystematik notwendig sein. „Man könnte beispielsweise dieser Zielgruppe feste Zulagen gewähren, ohne die Höhe der eingezahlten Beiträge zu berücksichtigen“, schlägt Miriam Michelsen vor. Solche Maßnahmen könnten dazu beitragen, die Reform sozial ausgewogener zu gestalten und den Zugang zur privaten Altersvorsorge für einkommensschwache Familien zu erleichtern.
Anzeige