Haftpflichtversicherung: Nicht alle Unternehmen schreiben schwarze Zahlen
Die Haftpflichtversicherung gilt als verlässlicher Geschäftsbereich – die meisten Unternehmen erzielen solide Gewinne. Doch nicht allen Versicherern gelingt es 2023, in den schwarzen Zahlen zu bleiben. Versicherungsbote stellt aktuelle Kennzahlen vor.
- Haftpflichtversicherung: Nicht alle Unternehmen schreiben schwarze Zahlen
- Nicht alle Unternehmen wirtschafteten 2023 auskömmlich
Als tragende Säule des privaten Versicherungsschutzes schützt die Haftpflichtversicherung vor finanziellen Risiken, die durch alltägliche Missgeschicke entstehen können. Ein Rotweinfleck auf dem teuren Sofa des Nachbarn, ein Sturz auf vereistem Gehweg – was auf den ersten Blick harmlos erscheint, kann ohne passenden Schutz schnell zu existenzbedrohenden Belastungen führen. „Die Haftpflichtversicherung ist die wichtigste Versicherung im privaten Bereich“, heißt es daher treffend in einem Leitfaden der Verbraucherzentrale. Und auch für Versicherer ist die Haftpflichtversicherung ein dankbares Geschäft, wie der aktuelle Branchenmonitor der V.E.R.S. Leipzig GmbH zeigt. So trüben nur wenige Schatten das positive Bild.
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Konstantes Wachstum bei gebuchten Prämien
Obwohl die Haftpflichtversicherung nur die drittkleinste Sparte im Bereich Schaden/Unfall ausmacht – sie steht für 11 Prozent der gebuchten Bruttoprämien – zeigt sie ein solides Wachstum. Im Jahr 2023 stiegen die gebuchten Bruttoprämien bei den 50 größten Haftpflichtversicherern im Durchschnitt um 3,7 Prozent auf 170,46 Millionen Euro je Versicherer. Damit fällt der Anstieg etwas geringer aus als im Vorjahr (2022: 4,2 Prozent), bleibt aber im mehrjährigen Vergleich stabil. Seit 2018 haben die durchschnittlich gebuchten Bruttoprämien je Versicherer um insgesamt 22,4 Prozent zugelegt, was eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung zeigt.
Steigende Vertragszahlen sichern Marktstabilität
Neben den gebuchten Prämien verzeichnete auch die durchschnittliche Anzahl der Versicherungsverträge ein kontinuierliches Wachstum. Im Jahr 2018 hielten die 50 größten Haftpflichtversicherer durchschnittlich 811.198 Verträge. Bis 2023 stieg dieser Wert auf 885.776 Verträge je Versicherer – ein Zuwachs von 9,2 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Besonders bemerkenswert ist, dass selbst in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten, wie der Corona-Pandemie, die Vertragszahlen weiter stiegen. Allein im letzten Jahr legte der Vertragsbestand um 1,2 Prozent zu.
Diese Entwicklung zeigt, dass die Nachfrage nach Haftpflichtversicherungen ungebrochen ist. Die Sparte wird von Verbrauchern zunehmend als unverzichtbar wahrgenommen, was sich positiv auf die Marktdurchdringung auswirkt. Trotz dieses soliden Wachstums bleibt jedoch Potenzial: Laut Statistik hat etwa jede fünfte Familie in Deutschland noch keine Privathaftpflichtversicherung, führt Maik Entrich als Autor des Branchenmonitors aus.
Moderater Anstieg der Durchschnittsprämien
Neben den wachsenden Vertragszahlen zeigt auch die Entwicklung der Durchschnittsprämien pro Vertrag eine klare Tendenz nach oben. Im Jahr 2018 zahlten Versicherte im Schnitt 148,33 Euro pro Vertrag. Bis 2023 stieg dieser Wert auf 169,08 Euro – ein Anstieg von 14 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Besonders im Zeitraum zwischen 2021 und 2023 gab es spürbare Zuwächse, die auf Anpassungen an steigende Schadenaufwendungen und höhere Kosten zurückzuführen sind.
Einzig zwischen 2019 und 2020 stagnierte der Wert leicht und sank minimal von 153,70 Euro auf 153,56 Euro. Dieser Rückgang spiegelt die besonderen Herausforderungen des Corona-Jahres wider, in dem die Versicherer trotz hoher Kosten nur bedingt Prämienanpassungen umsetzen konnten. Seitdem jedoch hat sich die Sparte wieder stabilisiert, und die steigenden Prämien sichern die wirtschaftliche Basis der Anbieter.
Schadenaufwendungen: zwei Ausreißer verzerren das Bild
Die Entwicklung der Schadenaufwendungen zeigt, dass die Branche weiterhin mit steigenden Kosten konfrontiert ist. Im Jahr 2023 beliefen sich die durchschnittlichen Schadenaufwendungen pro Versicherer auf 82,19 Millionen Euro. Auf den ersten Blick scheint dies ein moderater Anstieg im Vergleich zu den 77,33 Millionen Euro des Vorjahres. Doch das Gesamtbild wird durch zwei ungewöhnliche Ausreißer verzerrt: Die Feuersozietät Berlin Brandenburg und die BGV-Versicherung weisen für 2023 negative Schadenaufwendungen aus – jeweils -5,52 Millionen Euro und -5,30 Millionen Euro.
Bereinigt um diese beiden Versicherer steigen die durchschnittlichen Schadenaufwendungen auf 85,84 Millionen Euro. Auch die Schadenquote, die im Gesamtschnitt aller Versicherer bei 44,44 Prozent liegt, erhöht sich ohne die beiden Ausreißer auf 47,1 Prozent.
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Trotz dieses Befunds aber sind die Schadenquoten weit entfernt von denen schwieriger Branchen wie der Kfz-Versicherung. Einziger "Ausreißer" ist hier die Condor Allgemeine mit einer doch ungewöhnlich hohen Schadenquote für die Branche von 92,49 Prozent. Die zweitschlechteste Schadenquote, ausgewiesen von der Bayerische Allgemeine, liegt mit 76,72 Prozent schon wesentlich darunter.
Nicht alle Unternehmen wirtschafteten 2023 auskömmlich
Nicht alle Unternehmen konnten 2023 auskömmlich wirtschaften. Zwar zeigt die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote bzw. Combined Ratio (CR) der Branche mit 81,5 Prozent eine weiterhin stabile Lage. Doch bereinigt man die Daten um die Feuersozietät und die BGV-Versicherung, steigt der Wert auf 84,4 Prozent. Auch dieser Wert bleibt jedoch für viele Unternehmen tragfähig – ein Niveau, über das andere Sparten, wie die Kfz- oder Wohngebäudeversicherung, dankbar wären.
Dennoch mussten vier Unternehmen eine Combined Ratio von über 100 Prozent ausweisen, was bedeutet, dass ihre Prämieneinnahmen nicht ausreichten, um die Kosten zu decken:
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- Helvetia Direktion für Deutschland: 103,96 Prozent
- Nürnberger Allgemeine: 106,04 Prozent
- Condor Allgemeine: 125,38 Prozent
- Bayerische Allgemeine: 132,43 Prozent
Große Unterschiede beim versicherungstechnischen Ergebnis
Neben der Combined Ratio gibt auch das versicherungstechnische Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung) einen Einblick in die wirtschaftliche Lage der Unternehmen. Im Branchenschnitt erzielten die 50 größten Haftpflichtversicherer 2023 ein Ergebnis von 23,76 Millionen Euro – ein leichter Rückgang im Vergleich zu 24,15 Millionen Euro im Vorjahr. Doch die Streuung der Ergebnisse ist enorm: Während einige Versicherer Verluste verzeichneten, konnten andere herausragende Gewinne erzielen. Die drei besten Ergebnisse erreichten:
- Ergo: 167,73 Millionen Euro
- Allianz: 124,50 Millionen Euro
- Gothaer Allgemeine: 100,95 Millionen Euro
Auf der anderen Seite mussten sieben Versicherer ein negatives versicherungstechnisches Ergebnis (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung) ausweisen:
- Rhion Versicherung: -0,12 Millionen Euro
- Barmenia Allgemeine: -0,19 Millionen Euro
- Nürnberger Allgemeine: -0,25 Millionen Euro
- WWK Allgemeine: -0,64 Millionen Euro
- Condor Allgemeine: -2,30 Millionen Euro
- Helvetia Direktion für Deutschland: -2,94 Millionen Euro
- Bayerische Allgemeine: -4,51 Millionen Euro
Solche Unterschiede zwischen den besten und schlechtesten Ergebnissen verdeutlichen die Heterogenität der Branche. Dennoch belegen die Zahlen, dass die Haftpflichtversicherung für die Mehrheit der Unternehmen ein verlässliches und lukratives Geschäftsfeld bleibt.
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Hintergrund: Die hier präsentierten Zahlen stammen aus dem Branchenmonitor Haftpflicht 2024 der V.E.R.S. Leipzig GmbH. Die Analyse umfasst die 50 größten Haftpflichtversicherer und deckt damit 99 Prozent des Marktes ab. Der vollständige Bericht bietet detaillierte Einblicke in die Marktentwicklung und kann über die Webseite der Leipziger Experten bestellt werden.
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