Versicherungsbote: Die R+V bleibt ein führender Anbieter im Pflege-Bahr-Segment, allerdings stagniert das Neugeschäft. Was ist der Hauptgrund, warum die R+V – anders als andere Anbieter – weiter auf den Pflege-Bahr setzt? Und wie erklären Sie sich, dass andere Anbieter mehr und mehr aussteigen?

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Stefan Huhn: Für uns ist die private Pflegezusatzversicherung ein wichtiges Geschäftsfeld. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt in Deutschland rasant an. Ende 2023 waren es schon rund 5,6 Millionen. Wegen der demografischen Entwicklung wird die Zahl in den nächsten Jahren noch deutlich zunehmen. Das Thema Pflegebedürftigkeit wird damit noch stärker in den Fokus rücken.

Als Gesundheitspartner fühlen wir uns verpflichtet, auf drohende Versorgungslücken hinzuweisen und zielgruppengerechte Pflegezusatzversicherungen anzubieten. Dazu gehört auch das staatlich geförderte Produkt. Bei uns ist das der R+V-Pflege FörderBahr. Natürlich kann ein solches Produkt wegen des Kontrahierungszwangs nicht eins zu eins die Leistungen eines Premium-Tarifs beinhalten – dazu zählen zum Beispiel eine Beitragsfreistellung im Pflegefall, der Verzicht auf Wartezeiten oder Nachversicherungsoptionen. Mit dem Pflege-Bahr hat der Gesetzgeber aber die Grundlage dafür geschaffen, dass jeder – unabhängig von seinem Gesundheitszustand – private Vorsorge mit staatlicher Zulage betreiben kann. Das finden wir gut so.

Die R+V zählte recht früh zu den Versicherern mit dem stärksten Neugeschäft. Wir haben bei Einführung eine wirksame breitflächige Kampagne gestartet. Unser Produkt bietet zudem deutlich mehr als die gesetzlichen Mindestleistungen. Das sind sicher Gründe dafür, warum wir heute immer noch zu den erfolgreichsten Anbietern zählen.

Die R+V ist einer von nur drei Anbietern, die 2023 noch mehr als tausend Policen abgesetzt haben – die Geschäftszahlen weisen über 1.900 Policen im Neugeschäft aus. Was macht Ihre Vertriebsstrategie in diesem Bereich erfolgreich, während andere Anbieter Bestandsverluste verzeichnen?

Trotz diverser Reformen in den letzten Jahren bietet die gesetzliche Pflegeversicherung weiterhin nur eine Grundversorgung. Gleichzeitig wird die Pflege immer teurer. Bei vollstationärer Pflege zum Beispiel sind es aktuell durchschnittlich rund 2.600 EUR pro Monat im ersten Jahr, die aus eigener Tasche zu zahlen sind. Das wird von vielen Menschen unterschätzt und kann schnell zu einer finanziellen Notlage führen. Dadurch verschlimmert sich die ohnehin schon schwierige Situation noch mehr. Auch die Wahrscheinlichkeit einer Pflegebedürftigkeit wird häufig verkannt. Etwa zwei Drittel aller Männer und vier von fünf Frauen sind im Lebensverlauf aber davon betroffen. Es ist uns ein Anliegen auf diese Gefahren hinzuweisen. Daher gehört für uns das Thema Pflege in möglichst jedes Beratungsgespräch.

Wir haben mit der R+V-PflegeVorsorge ein modernes, innovatives Produkt im Köcher, das keine Wünsche offenlässt. Der R+V-Pflege FörderBahr rundet das Angebot ab. Das Thema hat sowohl für uns als auch für die Gesellschaft eine hohe Relevanz. Daher bieten wir mit CareFlex Chemie zusammen mit der Barmenia zusätzlich bundesweit die erste arbeitgeberfinanzierte tarifliche Pflegevorsorge für eine ganze Branche mit über 440.000 Versicherten an. Wer im Pflegefall selbstbestimmt sein möchte, ist mit einer privaten Pflegezusatzversicherung bestens beraten.

Kritiker wie die Stiftung Warentest bemängeln am Pflege-Bahr vor allem das schlechte Preis-Leistungs-Verhältnis und die Tatsache, dass Versicherte auch im Pflegefall weiter Beiträge zahlen müssen. Wie begegnen Sie dieser Kritik?

Es liegt auf der Hand, dass eine fehlende Gesundheitsprüfung einkalkuliert werden muss. Somit ist ein solches Produkt teurer als eins mit Gesundheitsprüfung. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist gerade in jungen Jahren dennoch sehr gut – auch unter Berücksichtigung der staatlichen Zulage. Mit höherem Eintrittsalter wird es aber zwangsläufig schlechter. Das ist jedoch nicht verwunderlich, da die Pflegewahrscheinlichkeiten mit dem Alter steigen.

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Eine Beitragsfreistellung im Pflegefall muss von der Versichertengemeinschaft finanziert werden. Wir haben uns bewusst entschieden, dieses Tarifmerkmal nur in unsere R+V-PflegeVorsorge-Tarife aufzunehmen, nicht jedoch in den R+V-Pflege FörderBahr, um hier trotz des bereits beitragssteigernden Effekts einer fehlenden Gesundheitsprüfung leistungsgerechte Beiträge anbieten zu können. Der Gesetzgeber hat dieses Kriterium bei seinen Mindestanforderungen nicht umsonst zugunsten der Beiträge außer Acht gelassen.

„Betrachtet man die prekäre Situation der sozialen Pflegeversicherung, wird sich am Teilkasko-Charakter nichts ändern“

Der Pflege-Bahr richtet sich besonders an Menschen mit Vorerkrankungen, die bei anderen Tarifen häufig abgelehnt werden. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um diese Zielgruppe weiterhin gezielt anzusprechen und den Tarif sowohl für die Kunden als auch für Sie als Anbieter attraktiv zu gestalten?

Wir gehen nicht gezielt auf Menschen mit Vorerkrankungen zu. Wenn sich in einem Beratungsgespräch zur Pflege herausstellt, dass eine ungeförderte Pflegezusatzversicherung aus gesundheitlichen Gründen nicht in Betracht kommt, empfehlen wir unseren Kundinnen und Kunden den R+V-Pflege FörderBahr. Aber natürlich versichern sich auch Menschen ohne Vorerkrankungen in diesem Produkt, nicht selten auch in Kombination mit einem Tarif aus der R+V-PflegeVorsorge. Nach wie vor ist der Zuschuss von fünf Euro ein wichtiges Motiv für den Abschluss, gerade bei Jüngeren, wo dieser ein Drittel des Beitrags ausmacht.

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Glauben Sie, dass der Pflege-Bahr in den nächsten Jahren angepasst oder sogar ersetzt werden muss, um den politischen Zielen seit Einführung gerecht zu werden? Wenn ja: Was würden Sie dem Gesetzgeber raten?

Eine Pflegereform jagt die nächste. Für private Krankenversicherer ist das eine herausfordernde Situation. Der Pflege-Bahr wurde zu einer Zeit ins Leben gerufen, als die Eigenbeteiligungen im Pflegeheim noch mit höherer Pflegestufe gestiegen sind. Seit 2017 gibt es den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil. Dieser ist in den Pflegeraden 2–5 identisch.

Da passt ein Produkt, das prozentual gestuft leistet, natürlich nicht mehr optimal. Wenn man aber berücksichtigt, dass etwa vier von fünf Pflegebedürftigen in den eigenen vier Wänden versorgt werden, ist der Pflege-Bahr immer noch ein Produkt, das den Kundenbedarf überwiegend trifft. Hätte der Gesetzgeber verlangt, dass man das Produkt an die neue Situation bei vollstationärer Pflege anpasst, hätte das immense Beitragssteigerungen nach sich gezogen.

Ob ein „Pflege-Bahr 2.0“ erforderlich wird, hängt gewiss auch davon ab, wie sich das Leistungsspektrum der gesetzlichen Pflegeversicherung entwickeln wird. Zusätzlich auch davon, ob es beim heutigen System mit den fünf Pflegegraden bleibt. Betrachtet man die prekäre finanzielle Situation der sozialen Pflegeversicherung, ist nicht davon auszugehen, dass sich am Teilkasko-Charakter etwas ändern wird.

Für den Fall, dass der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen für einen Pflege-Bahr 2.0 festlegt, wäre es sicherlich ratsam, die oben bereits erwähnte Anpassung im vollstationären Bereich zu berücksichtigen Da würde das Produkt aber deutlich teurer machen. Auch aus diesem Grund wäre es vorteilhaft, die aktuell fünf Euro staatliche Zulage zu erhöhen.

Unabhängig vom Pflege-Bahr wünschen wir uns vom Gesetzgeber grundsätzlich eine deutlich stärkere Förderung der privaten und betrieblichen Pflegevorsorge. Privatpersonen und Betriebe müssen wirksame Anreize bekommen, in die finanzielle Absicherung des Pflegerisikos zu investieren. Der sozialen Pflegeversicherung droht der finanzielle Kollaps. Massive Beitragssatzsteigerungen und höhere Steuerzuschüsse sind unvermeidbar. So soll Medienberichten zufolge der Beitragssatz um 0,15 Prozentpunkte auf dann 3,55 Prozent angehoben werden.

Wie wichtig ist der Pflege-Bahr für die R+V langfristig? Und sehen Sie Ihre Rolle als einer der Marktführer in diesem Segment auch in den kommenden Jahren – selbst, wenn keine weiteren gesetzlichen Anpassungen erfolgen?

Wir bereits erwähnt, haben wir uns das Thema Pflege auf die Fahne geschrieben. Nicht umsonst gehören wir im Marktsegment der privaten Pflegezusatzversicherung seit Jahren zu den Versicherern mit den höchsten Bestandszuwächsen. Selbst wenn sich nichts am Produkt ändern sollte, gehen wir davon aus, dass wir beim R+V-Pflege FörderBahr auch zukünftig weiter mit an der Spitze liegen werden.

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Uns ist es wichtig, Menschen nicht nur finanziell abzusichern, sondern im Pflegefall auch praktisch zu unterstützen. Daher bieten wir neben Assistance-Leistungen, die in den R+V-PflegeVorsorge-Tarifen integriert sind, auch die kostenlose Webanwendung „Mein digitaler Pflegeberater“ für alle pflegenden Angehörigen an – auch für Nicht-Kunden.

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