Vorsorge für den Ernstfall: So sichern Sie Ihre Familie und Ihr Vermögen ab
In einer Zeit, in der immer mehr Menschen für den Ernstfall vorsorgen möchten, werden oft entscheidende Fragen vernachlässigt: Wer kümmert sich um die Kinder, wenn den Eltern etwas zustößt, und wie wird das Familienvermögen geschützt? Margit Winkler, Leiterin des Instituts Generationenberatung (IGB), ist Expertin für Vollmachten, Pflege und Testament. In ihrem Gastbeitrag zeigt sie, warum eine umfassende Vorsorge weit über Versicherungen hinausgeht.
Bei der Hinterbliebenenvorsorge denkt man zunächst an eine ausreichende Risikoversicherung zugunsten des Partners und an einen Vermögensaufbau, möglicherweise ergänzt durch Unfall- oder Pflegeversicherungen für die Kinder. Doch das ist leider nur ein Teil der notwendigen Vorkehrungen. Ohne weitere Maßnahmen kann es im Notfall zu einem Fiasko kommen. Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Fragestellungen, mit denen sich fürsorgliche Familien auseinandersetzen sollten, die typischen Fallstricke und wie Berater Lösungen finden können.
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Wer kümmert sich um die Kinder, wenn die Eltern es nicht (mehr) können?
Ein glückliches Erwachsenenleben hängt von einer guten Kindheit ab, und diese wiederum von den Erwachsenen im Umfeld des Kindes. Diese Tatsache ist nicht neu. Schon seit Jahrhunderten gibt es die Institution der Paten (innerhalb der Kirche), die dem Kind beistehen, es im Notfall aufziehen und das Vermögen verwalten sollen, bis das Kind es selbst kann.
Doch in Bezug auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen gilt das, was im BGB steht. Daher ist es notwendig, für den Fall, dass man zeitweise oder dauerhaft erkrankt ist, eine Sorgerechtsvollmacht einer Vertrauensperson zu erteilen. Diese kann separat oder innerhalb einer Vorsorgevollmacht erstellt werden. Für den Todesfall der gesetzlichen Vertreter gibt es die Sorgerechtsverfügung innerhalb des Testaments. In dieser Verfügung wird festgelegt, bei wem das Kind aufwachsen soll. Da sich dies an Vertrauen, aber auch an Werten orientiert, kann es vorkommen, dass Eltern diese Person im Laufe der Zeit ändern.
Wer dies versäumt, muss damit rechnen, dass im Akutfall das Familiengericht eingeschaltet wird, das dann den Vormund bestimmt. Dieser kann das Gericht selbst sein, und der Vormund entscheidet über den Aufenthaltsort des Kindes.
Berater können auf einfache und sichere Weise Vollmachten, Sorgerechtsvollmachten sowie Testamente vermitteln. Das Seminar „Generationenberater IHK“ ist von Vorteil; und über die IGB-Software gibt es eine gut bezahlte Vergütung.
Wer kümmert sich um das Vermögen meines Kindes, bis es dies selbst kann?
Eltern wissen, dass der künftige Lebensstandard und die Ausbildung der Kinder vom Vermögen abhängen. Solange man verdient und alles „unauffällig“ verläuft, besteht selten Gefahr. Fürsorgliche Eltern schützen ihre Kinder durch Risikoversicherungen, während vermögende Eltern möglicherweise Immobilien oder mehrere Guthabenkonten bei Banken besitzen. Im Ernstfall würde all dies zum Erbe des Kindes werden. Bei minderjährigen Erben schaltet sich automatisch das Jugendamt ein, um den Schutz des Kindes zu gewährleisten. Das bedeutet, dass plötzlich fremde Personen über das Vermögen und dessen Verwaltung entscheiden, das die Eltern geschaffen haben.
Die sinnvolle Lösung besteht darin, im Testament einen Testamentsvollstrecker zu benennen, der das Vermögen nach den Vorgaben der Eltern verwaltet, bis das Kind volljährig ist oder ein im Testament festgelegtes Alter erreicht hat. Zusätzlich können Bedingungen an das Erbe geknüpft werden, die bestimmte Lebensstile berücksichtigen.
Testamentsvollstrecker ist ein zunehmend wichtiger Posten. Dieses Amt kann ausdrücklich auch von Nicht-Juristen ausgeübt werden. Eine entsprechende Ausbildung ist aus haftungstechnischen Gründen unverzichtbar; der kompakte Zertifikatslehrgang dauert nur eine Woche. Der Verdienst ist überdurchschnittlich und vergleichbar mit dem von Juristen in diesem Bereich. Finanzberater sind oft die vertrauenswürdigen Ansprechpartner und daher häufig die bevorzugte Wahl für diese Aufgabe.
Was ist mit meinem/r Partner/in, wenn ich nicht mehr da bin?
Ob mit oder ohne Kinder, dieser Fall muss über die reine Risikoabsicherung hinaus betrachtet werden. Wenn nur der finanzielle Aspekt betrachtet wird, kann es für den hinterbliebenen Partner zu ungewollten Abhängigkeiten und Liquiditätsengpässen kommen, trotz bestehender Risikovorsorge. Aber in jedem Fall kann es zu vermeidbarem Ärger in einer emotional ohnehin schwierigen Lebensphase kommen.
Lassen Sie uns verschiedene Situationen unterscheiden:
Kinderloses Ehepaar:
Die Hinterbliebenenvorsorge richtet sich auf den jeweiligen Partner. Finanzberater wissen, dass sich hier die sogenannte Überkreuzregelung für Risikoversicherungen für Paare anbietet, weil sie sich steuerneutral auf die Auszahlung auswirkt.
Doch was sieht unser BGB vor, wenn verheiratete Paare ohne Kinder voneinander erben? In den meisten Fällen erbt der Partner nicht automatisch alles. Dies wäre nur dann der Fall, wenn aus Sicht des Erblassers die Erben der ersten und zweiten Ordnung und seine Großeltern verstorben wären. Also: keine Eltern, keine Geschwister, keine Großeltern (BGB § 1931,2).
Folgender Beispielsfall passiert immer wieder: Die Mittfünfzigerin meldet sich bei ihrem Berater und legt ihm die Police der Risikoversicherung und die Sterbeurkunde ihres Ehemanns vor. In dieser hochemotionalen Situation ist die Kundin sehr dankbar für die persönliche Betreuung ihres Beraters. Die Auszahlung stellt keine Herausforderung dar – und wie beabsichtigt, ist damit die Darlehensschuld der gemeinsamen Immobilie restlos getilgt. Das war auch der Plan.
Doch was dann geschieht, macht die Kundin fassungslos: Da das Ehepaar kein Testament erstellt hat, gilt die gesetzliche Erbfolge. 75 % des Erbes erhält die Ehefrau, 25 % gehen an die Eltern des verstorbenen Mannes. So sieht es unser Gesetz vor. Von jetzt an gehört der Frau neben ihrem eigenen Anteil am Haus nur 75 % des Anteils ihres Mannes. Als Erbengemeinschaft mit ihren Schwiegereltern kann sie für das Anwesen keine Entscheidung mehr allein treffen. Bei jeder Investition erhöht sie den Gesamtwert des Hauses, das ihr nicht mehr allein gehört. Mit ihren Schwiegereltern hat sie gesprochen, doch diese sehen keinen Grund, auf das Erbe zu verzichten. So ist sie nicht mehr handlungsfähig. Angenommen, die Schwiegereltern wären verstorben – dann treten an deren Stelle die Geschwister ihres verstorbenen Mannes, also Schwager und Schwägerin. Diese werden auch Erbe des Hausanteils, wenn die Schwiegereltern versterben.
Bei kinderlosen Paaren ist es immer sinnvoll, ein Testament zu erstellen, um die oben beschriebene Situation zu vermeiden.
Junge Familie:
Sobald ein oder mehrere Kinder vorhanden sind, verändert sich die Situation erheblich. Dann sind Schwiegereltern, Schwager und Schwägerin des Hinterbliebenen außen vor. Es ist nun wichtig zu unterscheiden, ob ein Testament errichtet wurde oder nicht.
Ohne (gültiges) Testament:
Der Gesetzgeber sieht grundsätzlich eine Erbengemeinschaft vor. Der/Die Partner/in wird bei der Zugewinngemeinschaft zu 50 % Eigentümer, während die anderen 50 % zu gleichen Teilen an die Kinder gehen. Eine Erbengemeinschaft entsteht, wenn kein Testament vorliegt.
Häufig führen Erbengemeinschaften bei Immobilien zu einer Wertminderung des Anwesens, weil niemand mehr investiert. Und weil es schwierig und langwierig ist, gemeinsam Entscheidungen zu treffen.
Sehen wir uns die Praxis an:
Wenn die Kinder noch minderjährig sind, wird das Jugendamt eingeschaltet. Der hinterbliebene Ehegatte muss dann gemeinsam mit in der Regel fremden Rechtspflegern Entscheidungen treffen und sich möglicherweise erklären oder rechtfertigen. Die andere Möglichkeit ist, dass die Kinder schon volljährig sind. Dann treffen die hinterbliebenen Ehegatten meist auf neue Personen, nämlich Partner oder Partnerin der Kinder, die Einfluss auf das Kind nehmen. So vergrößert sich rasch die Anzahl der Personen, mit denen man sich abstimmen muss.
Ein prominenter Kunde schilderte folgendes: „Ich möchte nicht, dass der trauernde Ehegatte sich mit unseren Kindern, dem Jugendamt und den einflussnehmenden Freunden unserer bereits erwachsenen Kinder auseinandersetzen muss. Diese Personen haben keinen Beitrag zu unserem Eigentum geleistet, keine Schulden abgezahlt und keine Eigenleistung erbracht.“
Nur mit einem Testament kann der Hinterbliebene frei über die Immobilien verfügen.
Einfaches Berliner Testament:
Das alte Berliner Testament wirkt wie eine Beruhigungspille und so manches Ehepaar wiegt sich damit in Sicherheit. Diese Sorglosigkeit ist völlig unbegründet. Bei der Errichtung des Berliner Testaments setzen sich die Eheleute zunächst als Alleinerben ein und nach dem Zweitversterbenden erhalten die Kinder ihr Erbe.
Mit anderen Worten: Die Kinder werden im ersten Erbgang enterbt und müssen warten, bis der zweite Partner verstorben ist. Doch die Kinder haben Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, den so genannten Pflichtteil.
In folgenden Situationen werden die Rechtsnachfolger nicht warten, sondern ihr Recht einklagen müssen:
- Patchworkfamilien: das Kind hat im zweiten Erbgang nichts zu erwarten.
- Kind steht unter Betreuung: Hat das Kind Schulden oder erhält Zahlungen von der Sozialkasse, muss es klagen.
- Bei Insolvenz oder Leistungen vom Sozialamt
Aus folgenden Gründen wird häufig geklagt:
- Ohne Pflichtteilsklage geht uneinbringlich der Freibetrag von 400.000 Euro für die Erbschaftsteuer verloren.
- Man will sich bestimmte Wünsche jetzt erfüllen oder Darlehen zurückzahlen.
- Ängste, dass eine mögliche Pflegebedürftigkeit das Erbe maßgebend schmälert.
- Aus Sicht des Hinterbliebenen: Die Schwiegerkinder sind schuld!
Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass ein Testament erforderlich wird, sobald Vermögen vorhanden ist. Insbesondere bei Immobilien ist dies unerlässlich,
- um den Partner vor ungewollten Abhängigkeiten zu schützen,
- um den Partner vor Liquiditätsengpässen zu bewahren,
- um den eigenen Willen durchzusetzen
- und um Steuern zu sparen.
Dabei zählt nicht der Einzeiler eines gewöhnlichen Berliner Testaments, sondern ein von einem Fachanwalt für Erbrecht ausgearbeitetes Testament. Die Weitergabe des Lebenswerkes ist sehr individuell; und der hinterbliebene Ehepartner sollte vor möglichen Konflikten geschützt sein.
Fazit
Der überschaubare Aufwand für eine anwaltliche Vorsorgevollmacht (mit Sorgerechtsvollmacht) und ein Testament (mit Sorgerechtsverfügung) sollte idealerweise bereits bei Hausfinanzierungen berücksichtigt werden – und ist ein wichtiger Bestandteil der Hinterbliebenenvorsorge.
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Hintergrund: Der Text ist zuerst in der Ausgabe 02/2024 des Fachmagazins Versicherungsbote erschienen – in der Sonderausgabe „Versicherungsbotin“. Das Magazin kann hier kostenfrei abonniert werden.