Immobilienmarkt: Von der geschätzten Wasserlage zum Problemfall?
Ereignisse wie die Flut im Ahrtal und Hurrikans in den USA zeigen, dass die Lage allein nicht mehr ausreicht, um den Wert einer Immobilie zu bestimmen. Energieeffizienz und Schutz vor Naturgefahren werden zunehmend wichtiger. Wie reagieren Versicherungs- und Immobilienwirtschaft auf diese neuen Risiken? Der studierte Immobilienökonom Florian Bauer von Bauer Immobilien GmbH widmet sich dieser Fragen im Gastbeitrag.
Die Aussichten für 2025 stimmen zuversichtlich. Trotz aller Marktdurchmischungen hält sich das Mantra von „Lage, Lage, Lage“. Der Wert von Immobilien wird künftig allerdings auch verstärkt von ihrer Energieeffizienz und der Anfälligkeit gegenüber zunehmend wahrscheinlicheren Überschwemmungsszenarien bestimmt. Was bedeutet das für das Zusammenspiel zwischen Versicherungs- und Immobiliensegment konkret?
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„Helene“, „Milton“, „Boris“. Hinter den einprägsamen Namen stecken Hurrikans und Sturmtiefs, die im laufenden Jahr in den USA bzw. in Europa Milliardenschäden zur Folge hatten. Die jüngste Flutkatastrophe in Spanien dürfte auch den Letzten hierzulande überzeugt haben: Der Klimawandel ist keine Theorie ist, sondern ein reales Szenario für unser aller Leben.
Flut im Ahrtal: Warnschuss für deutsche Immobilienbesitzer
Vor allem die früher so beliebte Lage an einem ruhigen Bach oder Fluss kann sich heute innerhalb eines Tages als signifikante Gefahr für Leib, Leben und finanzielle Sicherheit entpuppen. Das Hochwasser an der Ahr im Sommer 2021 hat schonungslos vor Augen geführt, dass auch stille Wasser urplötzlich enorme Zerstörungskraft bringen können. Hundertprozentige Sicherheit für Immobilieneigentümer gibt es nicht, nur die Möglichkeit, sich so gut wie möglich zu schützen – unter anderem durch adäquate Versicherungsmodelle.
Während Deutschland noch die Spuren der Ahrtal-Flut aufarbeitet, wird wieder die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden diskutiert. Eine bundesweite Umfrage des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum zeigt: Viele Eigentümer stehen der Idee positiv gegenüber.
Große Mehrheit für mehr Versicherungsschutz gegen die Gefahren des Wassers
Laut der Umfrage sprechen sich 62 Prozent der gut 2.500 befragten Immobilienbesitzer für eine verpflichtende Elementarschadenversicherung aus. Derzeit verfügen jedoch nur 54 Prozent der Häuser in Deutschland über einen solchen Schutz, obwohl nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft 99 Prozent der Gebäude versicherbar wären. Der „Gap“ zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist somit denkbar groß. Im worst-case Szenario kommen ungeahnte Kosten auf Eigentümer zu, die nur in den seltensten Fällen ohne enormen finanziellen Aufwand auszugleichen sind.
Besonders auffällig: Während 60 Prozent der Besitzer von Ein- und Mehrfamilienhäusern bereits versichert sind, liegt die Quote bei Wohnungseigentümern nur bei 40 Prozent. Dies offenbart ein zentrales Problem: Wohnungseigentümergemeinschaften müssen gemeinsam entscheiden, ob eine solche Versicherung abgeschlossen wird – ein Hindernis, das durch eine Pflichtversicherung gelöst werden könnte.
Sowohl die öffentliche Hand als auch die Immobilien- und Versicherungswirtschaft müssen mehr Aufmerksamkeit für diese Rahmenbedingungen schaffen. Denn in der aktuell brenzligen Politik- und Wirtschaftslage fehlt auch das Verständnis für entsprechende Versicherungen. Zumal sie mit spürbaren Kosten verbunden sind.
Elementarschäden: Lücken im Schutzsystem
Die Notwendigkeit eines besseren Schutzes wird auch durch die Definition von Elementarschäden deutlich. Schäden durch Überschwemmungen, Erdbeben oder Schneedruck fallen nicht automatisch unter eine Gebäudeversicherung, sondern erfordern eine separate Absicherung. Für viele Eigentümer sind diese Regelungen unverständlich, insbesondere, wenn die Unterschiede zwischen versicherten und nicht versicherten Schadensursachen schwer nachvollziehbar sind. Bislang wird beispielsweise Regenwasser, das als Grundwasser in den Keller drückt, nicht standardmäßig abgedeckt.
Die Umfrage zeigt klar: Eigentümer sind bereit, ihren Beitrag zu leisten. Doch die Politik steht in der Pflicht, Lösungen zu schaffen, die alle Beteiligten einbinden. Der Umgang mit Naturgefahren entscheidet künftig nicht nur über Versicherungskosten, sondern auch über den Wert und die Finanzierbarkeit von Immobilien.
Der neue Faktor „Wasserrisiken“ und die Energieeffizienz einer Immobilie gewinnen somit zunehmend an Bedeutung für den Wert von Häusern und Eigentumswohnungen. Das belegt eine YouGov-Studie in Zusammenarbeit mit Bauer Immobilien, bei der im September 2024 insgesamt 2.166 Personen befragt wurden. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Wohnbevölkerung Deutschlands ab 18 Jahren. Der energetische Zustand von Immobilien wird künftig noch wichtiger. Für 45 Prozent der Käufer spielt der energetische Zustand eines Gebäudes eine ‚eher große‘ oder ‚sehr große‘ Rolle. Dies liegt nicht nur an den steigenden Energiekosten, sondern auch an den strengeren gesetzlichen Vorgaben.
Vor allem in Regionen mit einer großen Zahl an Altbauten ist die energetische Modernisierung von Immobilien sehr sinnvoll. Dahinter steckt eine simple Kosten-Nutzen-Rechnung: Energetisch sanierte Objekte überzeugen langfristig mit deutlich niedrigeren Nebenkosten.
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Bedeutet im Fazit: Trotz einer leicht angespannten Zinslage und vorsichtigem Preisoptimismus in der Betongold-Szene, wirkt der Faktor Nachhaltigkeit sehr stark auf die Symbiose zwischen Versicherungen und Immobilien ein.