Das Analysehaus Franke & Bornberg hat das Leistungsverhalten deutscher BU-Versicherer unter die Lupe genommen. Denn der Preis ist nicht alles. Gerade wenn es um Berufsunfähigkeit geht, spielen Professionalität und Kundenorientierung von Versicherern die entscheidende Rolle. Die Stunde der Wahrheit schlägt für Versicherte erst, wenn sie Leistungen aus ihrem BU-Vertrag beantragen. Wird ihr Versicherer zahlen und wann? Und wie nervenaufreibend ist ihr Weg bis zur ersten BU-Rente?

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Auf der Suche nach belastbaren Antworten über den Einzelfall hinaus haben die Analysten von Franke & Bornberg die Leistungspraxis von BU-Versicherern untersucht. Deren Teilnahme war freiwillig und setzte eine aktive Mitarbeit voraus. Neben einem umfangreichen Datenkatalog seien eine Analyse der Arbeitsprozesse sowie Stichproben vor Ort in das Ergebnis eingeflossen. Je Gesellschaft seien mindestens 125 stichprobenartig ausgewählte Leistungsfälle durchleuchtet worden.

Für die Bewertung der Leistungspraxis seien die Unternehmen in drei Kategorien durchleuchtet worden. Dabei hatte die Qualität der Leistungsfallbearbeitung das größte Gewicht. Denn sie machte die Hälfte (50 Prozent) der Bewertung aus. Dabei sei der Aufgabenkreis zwischen der Erstmeldung durch den Versicherten und der endgültigen Leistungsentscheidung des Versicherers untersucht worden. Wichtig in der Leistungsregulierung sei vor allem, dass alles Mögliche getan werde, um den Versicherten bei der Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten zu unterstützen. Dem Anspruchsteller sollten zudem möglichst keine Steine in den Weg gelegt werden, um seine Ansprüche durchzusetzen. Insbesondere Formalien und Verklausulierungen von Anschreiben seien hier zu nennen. Für die Bewertung in dieser Kategorie wurden folgende Punkte herangezogen:

  1. Reaktion nach Eingang der Erstmeldung
  2. Dauer Befüllung Kundenfragebogen
  3. Reaktionsdauer nach Eingang Kundenfragebogen
  4. Nettoregulierungsdauer
  5. Regulierungsdauer
  6. Erinnerungsschreiben
  7. Zwischenberichte

Die Unterstützung des Kunden und die Qualität der Leistungsentscheidung sei mit jeweils 25 Prozent gewichtet worden. Für die Unterstützung des Kunden seien die Kriterien Unterstützung bei der Geltendmachung des Anspruchs, Unterstützungsleistungen, Transparenz der Leistungsentscheidung und Außenregulierung untersucht worden. Bei der Qualität der Leistungsentscheidung flossen die Quoten zur zeitlichen Befristung/Individualvereinbarung, abstrakten Verweisung und Umorganisation sowie zum Rücktritt/Anfechtung in die Bewertung ein.

Im Teilbereich Qualität der Leistungsentscheidung seien in diesem Jahr die Quoten zu Gutachten und Prozessen neu in den Kriterienkatalog aufgenommen worden. Beide Punkte gelten als Auslöser für Kritik an der Regulierungspraxis. Die ausgewerteten Zahlen zeigten derweil, dass Gutachten und Prozesse aktuell nur eine untergeordnete Rolle spiele. Demnach habe im Jahr 2023 jede 50. Regulierung (2,17 Prozent) mit einem Richterspruch geendet. Die Gutachtenquote sei seit 2019 von 6,01 Prozent auf nur noch 2,87 Prozent im Jahr 2023 gesunken. Die Ursachen für den Rückgang bei Gutachten würden laut Philipp Wedekind, Leiter Rating Vorsorge und Nachhaltigkeit, in hohen Kosten, der häufig mangelhaften Qualität sowie der langen Antwortzeiten liegen. Viele Versicherer setzten deswegen auf eigenes Know-how durch Weiterbildung der Mitarbeiter und die Einbindung des Gesellschaftsarztes.

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Eine negative Entwicklung machten die Prüfer bei der Dauer der Regulierung aus. Denn im Jahr 2023 dauerte eine BU-Regulierung bei den teilnehmenden Versicherern knapp 182 Tage. 2021 hatte der Wert noch bei 166 Tagen gelegen. „Die BU-Bestände werden reifer. Und mit dem Alter der Versicherten steigt die Zahl der Anträge auf BU-Leistungen. Das stellt derzeit viele Leistungsabteilungen vor Herausforderungen.“, erklärt Wedekind. Viele Versicherer seien aktuell dabei, sich personell zu verstärken und Nachwuchs auszubilden. Ein weiterer Bremsklotz in der Regulierung seien die BU-Fragebogen. Allein für das Ausfüllen und Zurücksenden brauchten Antragsteller im Durchschnitt 40 Tage. Einige Versicherer würden diesem Zeitfresser mit digitalen Tools entgegnen. Kundenportale bieten die Chance, Fragebögen online auszufüllen und Unterlagen hochzuladen. Der Trend zur Telefonie verstetige sich, so Wedekind. „Telefonie verkürzt die Regulierungsdauer und erhöht die Kundenzufriedenheit.“ Am Telefon würden offene Fragen oft schneller geklärt. Kunden verstünden besser, warum sie bestimmte Unterlagen noch einreichen müssten.

Teilnehmerzahl beim Rating der BU-Leistungspraxis bleibt überschaubar

„Die Leistungspraxis ist ein gut gehütetes Geheimnis bei vielen Unternehmen, denn anders als Prämien oder Versicherungsbedingungen ist dieser Bereich nicht öffentlich einsehbar. Viele Versicherer spekulieren damit, Fehler in der Kalkulation oder zu großzügiger Leistungsversprechen unter Ausschluss der Öffentlichkeit bei den einzelnen Kunden zu „korrigieren“.“, erläutert Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg, die Gründe warum sich nicht jeder Versicherer auf die Untersuchung einlässt.

In diesem Jahr haben sich zehn BU-Versicherer offen in die Karten schauen lassen: Allianz, Continentale, Dialog, Ergo, Generali, Gothaer, HDI, Nürnberger, Signal Iduna und Zurich. Weitere Versicherer hätten am Leistungspraxisrating teilgenommen, der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse aber nicht zugestimmt.

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So regulieren BU-Versicherer heute

Mit seinem Leistungspraxis-Rating will das Unternehmen Vermittlern, Verbrauchern und anderen Marktteilnehmern eine verständliche Einschätzung der Professionalität des geprüften Unternehmens ermöglichen. Dazu wurden die Bewertungen in insgesamt sieben verschiedenen Noten abgestuft. Von "ungenügend" (F-) bis hin zu "hervorragend" (FFF+) seien Bewertungen möglich gewesen.

Insgesamt habe Franke & Bornberg hohes Niveau der teilnehmenden Versicherer beobachtet. Nicht nur die großen Player, sondern auch kleinere Gesellschaften hätten Top-Platzierungen erzielt. Gleich sechs Unternehmen sicherten sich mit "FFF+" die Bestnote. So seien die Versicherer Allianz, Ergo, Generali, HDI, Nürnberger und Zurich als "hervorragend" in der Leistungspraxis einstuft worden.

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Eine "sehr gute" Benotung erhielten mit Gothaer, Hannoversche und Signal Iduna drei weitere Unternehmen. „Unsere Erfahrung zeigt: Je häufiger ein Unternehmen am BU-Leistungspraxisrating teilnimmt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit eines guten Abschneidens“, weiß Franke. Er führt diesen Effekt hauptsächlich darauf zurück, dass die Ratings Benchmarks liefern, für Transparenz sorgen und zugleich den Blick für Verbesserungen schärfen.

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