GDV weiter größter Lobbyist im Bundestag
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) steht weiterhin an erster Stelle bei den Lobby-Ausgaben, die das Ziel haben, aktiv Einfluss auf Abgeordnete des Bundestags zu nehmen. Laut einer Auswertung des Bürgervereins Finanzwende gab der Verband 2023 insgesamt rund 15 Millionen Euro für Lobbyismus aus.
Seit mittlerweile drei Jahren soll das sogenannte Lobbyregister des Bundestags Aufschluss darüber geben, wer mit welchen Mittel versucht, die Bundestags-Abgeordneten bei politischen Entscheidungen zu beeinflussen. Seit Mitte 2024 enthält das Register dank einer Reform nun auch weitere Informationen - beispielsweise, bei welchen konkreten Gesetzen Lobbyisten Einfluss genommen haben und wofür externe Berater und Agenturen eingesetzt wurden. Auch Seitenwechsel von der Politik in den Lobbyismus sind nun einsehbar.
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Finanzbranche stellt die einflussreichste Lobby
Wie im Vorjahr gibt keine Branche so viel Geld für Lobbyarbeit aus wie die Versicherungs- und Finanzbranche. Konkret hat sich Finanzwende angeschaut, wer die Top 100 der finanzstärksten Akteure im Lobbyregister sind. Zehn Unternehmen oder Verbände gehören dabei zu Banken, Versicherern oder der Fondsindustrie. Die Autolobby bringt es auf sechs Einträge, die Chemieindustrie auf fünf.
Doch nicht allein bei der Zahl der Akteure ist die Finanz- und Versicherungsbranche Spitzenreiterin, sondern auch bei den Ausgaben. Rund 40 Millionen Euro gab die Finanzlobby im Jahr 2023 aus, damit sie ihren Interessen im Bundestag Gehör verschaffen kann. Insgesamt sind namentlich 442 Lobbyisten registriert, die für die Finanzbranche Einfluss nehmen. Es folgen branchenübergreifende Verbände mit knapp 38 Millionen Euro Budget, zu denen etwa der Bundesverband der Deutschen Industrie zählt. Die Energielobby gab rund 25 Millionen Euro aus, die Chemielobby rund 21 Millionen.
GDV größter Einzel-Lobbyist im Bundestag
Seit der Einführung des Lobbyregisters im Jahr 2022 steht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) an erster Stelle, wenn es um die Höhe des Lobbybudgets geht: Rund 15 Millionen Euro gab der Verband für den Lobbyismus im Jahr 2023 aus. Im Vergleich: Auf Rang zwei rangiert der Verband der Chemischen Industrie (VCI) mit einem Budget von gut 9 Millionen Euro. Im Lobbyregister sind insgesamt 93 Lobbyisten namentlich genannt, die für den GDV arbeiten. Bis Anfang Dezember 2024 hat der Verband laut Finanzwende zu 86 Gesetzen und anderen Regelungsvorhaben lobbyiert.
Unternehmen oder Verband |
Lobbyausgaben (2023) |
Namentlich genannte Lobbyisten (12/2024) |
Gesetze und andere Regelungsvorhaben, zu denen lobbyiert wird (Stand: Dezember 2024) |
1. Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) |
15.095.000 Euro |
93 |
86 |
2. Bundesverband deutscher Banken (BdB) |
6.055.000 Euro |
83 |
75 |
3. Deutscher Sparkassen- und Giroverband (DSGV) |
3.355.000 Euro |
59 |
61 |
4. Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) |
2.545.000 Euro |
20 |
20 |
5. Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) |
2.505.000 Euro |
52 |
75 |
6. Deutsche Bank |
2.265.000 Euro |
21 |
13 |
7. Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) |
2.205.000 Euro |
57 |
69 |
8. Commerzbank |
2.135.000 Euro |
12 |
14 |
9. Verband der Privaten Krankenversicherung |
1.865.000 Euro |
40 |
38 |
10. R+V Versicherung |
1.555.000 Euro |
5 |
3 |
Quelle: Bürgerbewegung Finanzwende
Hierbei gilt es zu bedenken, dass die einzelnen Versicherer selbst wiederum Lobbyisten beim Bundestag platzieren können und weitere Verbände die Interessen der Branche vertreten. So landet der Verband der Privaten Krankenversicherung mit knapp 1,9 Millionen Euro Ausgaben auf Rang neun der größten Lobby-Gruppen.
Bei den Versicherern ist die R+V Versicherung Spitzenreiter, genossenschaftlicher Anbieter der Volksbanken Raiffeisenbanken. 1,555 Millionen Euro ließ sich der Konzern mit Sitz im hessischen Wiesbaden seine Lobbyarbeit im Bundestag kosten, das bedeutet Rang zehn im Feld der größten Einzel-Geldgeber.
Allianz unter den Lobbyisten
In ihrer Auswertung verweist Autorin Pia Eberhardt darauf, dass einzelne Konzerne gleich mehrfach im Lobbyregister auftauchen. Dies verdeutlicht sie am Beispiel der Allianz. „Der Versicherungskonzern registriert - vorschriftsgemäß - Mutter- und Tochtergesellschaften getrennt und kommt auf ganze acht Einträge im Lobbyregister: Allianz Versicherungs-AG (Lobbybudget: 1.145.000 Euro), Allianz SE (975.000 Euro), Allianz Lebensversicherungs-AG (845.000 Euro), Allianz Private Krankenversicherungs-AG (305.000 Euro), Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG (155.000 Euro), Allianz Agrar-AG (15.000 Euro), Allianz Capital Partners (5.000 Euro) und Allianz Deutschland AG (5.000€). Macht zusammen ein Lobbybudget von 3,45 Millionen Euro“, berichtet sie. In der Tabelle der Top 10 der Finanzlobby stünde die Allianz also eigentlich auf Platz drei.
Einfluss durch Agenturen
Dank der Reform des Lobbyregisters lässt sich dieses Jahr zum ersten Mal nachverfolgen, für welche politischen Entscheidungen Unternehmen und Verbände für ihre Lobbyarbeit auf die Hilfe von externen Agenturen und Beratern setzen - und was sie sich dies kosten lassen.
So lobbyierte mit MSL eine der weltweit größten PR-Agenturen für den Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Dabei ging es laut der Agentur um die „Abwendung eines europaweiten Provisionsverbots” der EU-Kommission, das Fehlanreize beim Verkauf von Finanzprodukten verhindern soll. Um den BVK bei diesem Vorhaben zu unterstützen, bekam MSL im Jahr 2023 zwischen 1 und 50.000 Euro.
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Die Agentur Fuchs & Cie erhielt von der R+V Versicherung zwischen 50.000 und 100.000 Euro für die Lobbyarbeit bei der Reform der privaten Altersvorsorge sowie der Pflichtversicherung für Elementarschäden.