Ergo steht im regelmäßigen Austausch mit Meta, Google und Amazon
Die Digitalisierung der Versicherungsbranche schreitet voran – aber es gibt noch Luft nach oben. Das betont Mark Klein, Chief Digital Officer der Ergo Group, in einem Interview mit dem "Handelsblatt". Besonders in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI), Start-up-Kooperationen und der Modernisierung veralteter IT-Systeme sieht Klein sowohl Herausforderungen als auch große Potenziale. Ein Blick auf die zentralen Aussagen zeigt, wie Ergo die Digitalisierung vorantreiben möchte.
„Mit den Tech-Firmen wie Meta, Google und Amazon stehen wir regelmäßig im Austausch. Deren Produkte sind oft sehr einfach und intuitiv nutzbar. Daran müssen wir bei uns noch arbeiten“, gibt Klein offen zu. Die Tech-Giganten dienen als Vorbild für benutzerfreundliche Lösungen – ein Anspruch, den auch Versicherer immer stärker in den Fokus nehmen, um die Kundenerfahrung zu verbessern. Gleichzeitig plädiert Klein für mehr Eigenständigkeit: Europa müsse bürokratische Hürden abbauen und Innovationen stärker fördern, um unabhängig von den US-Konzernen zu werden.
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Ein entscheidender Baustein für Ergos Digitalstrategie ist die Zusammenarbeit mit Start-ups. „Als Ergo arbeiten wir zudem mit über 80 Start-ups zusammen und haben auch in einige davon über unsere Fonds investiert.“ Durch diese Kooperationen will Ergo nicht nur innovative Lösungen entwickeln, sondern auch technologische Trends schneller in die Praxis umsetzen. Programme wie der „Ergo Scale Hub“ in Düsseldorf fördern gezielt junge Technologiefirmen und bieten Zugang zu Netzwerken, Know-how und Ressourcen.
KI und die branchenspezifische Vorteile
Künstliche Intelligenz spielt eine zentrale Rolle in Ergos Digitalisierungsoffensive. „Beim Thema KI haben Versicherer einen großen Vorteil gegenüber anderen Branchen“, erklärt Klein. Versicherungen sind von Natur aus datengetriebene Unternehmen, die schon immer Eintrittswahrscheinlichkeiten berechnen mussten. Dieses Know-how nutzt Ergo nun verstärkt: Mit einer firmeneigenen GenAI-Plattform investiert das Unternehmen massiv in die Entwicklung von Algorithmen, die sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Daten verarbeiten können.
Die Plattform soll Prozesse automatisieren und Entscheidungsfindungen beschleunigen. Bereits jetzt wurden über acht Millionen Dokumente analysiert, um Anwendungsfälle zu entwickeln, die Entscheidungen – etwa bei der Schadensregulierung – ohne menschliches Eingreifen ermöglichen. Von 2025 bis 2030 will Ergo mehr als 130 Millionen Euro in die Plattform investieren.
Obwohl Ergo zu den Vorreitern gehört, stehen auch hier veraltete IT-Strukturen im Weg. „Es gibt eine Reihe älterer IT-Systeme. Zahlreiche Versicherer investieren parallel aber viel Geld in neue Lösungen.“ Bei Ergo setzt man auf eine Kombination aus bewährten, regelbasierten Ansätzen und modernen KI-basierten Systemen, die sich kontinuierlich weiterentwickeln können.
Ein weiteres Hindernis sieht Klein in den unterschiedlichen Datenschutzregeln innerhalb der EU. Länder wie Spanien erlauben zum Beispiel den Einsatz von WhatsApp in der Kundenkommunikation, während in Deutschland die Hürden dafür zu hoch sind. Einheitliche Vorgaben könnten hier Abhilfe schaffen.
Die Digitalisierung wird nicht nur vorangetrieben, sondern auch von den Kunden eingefordert. „Rund 95 Prozent unserer Kunden sind beispielsweise mit der Nutzung unserer Sprachbots in der Kundentelefonie zufrieden.“ Dennoch bleibt der menschliche Kontakt unverzichtbar, besonders bei sensiblen Themen wie schweren Erkrankungen.