Am Mittwoch hat die Bundesregierung den neunten Altersbericht veröffentlicht. Die Ergebnisse der Berichtskommission machen deutlich: Die Pflegebedürftigkeit in Deutschland nimmt stark zu, und die Versorgungslücken wachsen – insbesondere in ländlichen Regionen. Die Kommission fordert umfassende Reformen, um die Pflegeversorgung zukunftsfähig zu machen und sowohl pflegebedürftige Menschen als auch pflegende Angehörige besser zu unterstützen.

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Pflegebedürftigkeit auf Rekordniveau

Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland ist zwischen 2020 und 2023 um gut 14 Prozent auf 5,69 Millionen Menschen gestiegen (Versicherungsbote berichtete). Ein Großteil dieser Zunahme ist auf den 2017 eingeführten, erweiterten Pflegebedürftigkeitsbegriff zurückzuführen. Vier von fünf Pflegebedürftigen (86 Prozent) werden zu Hause betreut, oft allein durch Angehörige, die Pflegegeld beziehen. Weitere 1,1 Millionen Pflegebedürftige lebten ebenfalls in Privathaushalten und wurden zusammen mit oder vollständig durch ambulante Pflege- und Betreuungsdienste versorgt. Ebenfalls zu Hause versorgt wurden weitere 680.000 Pflegebedürftige im Pflegegrad 1. Davon erhielten 40.000 ausschließlich Entlastungsleistungen landesrechtlicher Angebote. Angestiegen ist auch die Zahl der Menschen, die auf vollstationäre Betreuung angewiesen sind. 800.000 Patienten bzw. 14 Prozent lebten dauerhaft in einem Pflege- oder Altersheim.

Angehörige stärker unterstützen

Die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Sorgearbeit bleibt bei der häuslichen Pflege durch Angehörige eine zentrale Herausforderung und wird laut Bericht vor dem Hintergrund der angespannten Versorgungslage und der steigenden Zahl an Pflegebedürftigen in Zukunft weiter wachsen. Um die pflegenden Angehörigen besser zu entlasten, empfiehlt die Kommission des neunten Altersberichts, die Familienpflegezeit und Pflegezeit durch eine Lohnersatzleistung aufzuwerten. Zudem sollten diese Regelungen auch auf nicht-verwandtschaftliche Beziehungen ausgeweitet werden, um Pflege durch Freunde oder in Wohngemeinschaften unbürokratisch zu ermöglichen.

Versorgungslücken und Benachteiligungen

Die Kommission weist auf erhebliche Defizite in der medizinischen und pflegerischen Versorgung hin, insbesondere in ländlichen Regionen und bei sozial benachteiligten Gruppen. Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status oder Migrationsgeschichte hätten oft schlechteren Zugang zu Haus- und Fachärzten sowie Pflegeeinrichtungen. Steigende Eigenanteile in Pflegeheimen, die angespannte wirtschaftliche Situation vieler Einrichtungen sowie der Fachkräftemangel in der Pflege verschärfen diese Problematik und stellen die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen vor Herausforderungen.

Forderung nach strukturellen Reformen

Die Berichtskommission fordert die Bundesregierung auf, einen gesetzlichen Rahmen für eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Gesundheits- und Pflegeversorgung zu schaffen. Dazu gehört auch der Ausbau präventiver Hausbesuche und Unterstützungsangebote, um den Zugang zu medizinischen Leistungen zu erleichtern.

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Um dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzuwirken, schlägt die Kommission vor, Arbeitsbedingungen zu verbessern, Qualifizierungswege flexibler zu gestalten und die interprofessionelle Zusammenarbeit zu fördern. Die Weiterführung der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) wird ausdrücklich befürwortet.