BGH entscheidet wegen Reiserücktritt bei Covid-19
Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Bei einem Reiserücktritt wegen Covid-19 kommt es auf die Umstände zum Zeitpunkt des Rücktritts an. Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen – auch für Rechtsschutz- und Reiseversicherer, die mit zusätzlichen Prüfungen und Streitfällen rechnen müssen.
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in drei Verfahren zum Reiserücktritt wegen Covid-19 Klarheit geschaffen. Dabei stützt sich das Gericht auf eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH: C-584/22, RRa 2024, 62 - Kiwi Tours). Maßgeblich für die Beurteilung, ob Reisende bei einem Reiserücktritt entschädigungspflichtig sind, sind die Umstände, die zum Zeitpunkt des Rücktritts bestanden. Ereignisse wie spätere Einreiseverbote oder Reiseabsagen dürfen nicht berücksichtigt werden.
Die verhandelten Fälle im Überblick:
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Japan-Reise (Aktenzeichen: X ZR 53/21): Der Kläger hatte im Januar 2020 eine Reise nach Japan für April 2020 gebucht. Nachdem die japanische Regierung Großveranstaltungen abgesagt und Schulen geschlossen hatte, trat der Kläger am 1. März 2020 zurück. Die Reise wurde später aufgrund eines Einreiseverbots abgesagt. Der Streitpunkt: Waren die Maßnahmen zum Zeitpunkt des Rücktritts ausreichend, um unvermeidbare außergewöhnliche Umstände gemäß § 651h Abs. 3 BGB zu begründen?
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Ostseekreuzfahrt (Aktenzeichen: X ZR 3/22): Der Kläger trat im März 2020 von einer Kreuzfahrt zurück, die erst im August 2020 stattfinden sollte. Die Kreuzfahrt wurde später vom Veranstalter abgesagt. Hier stellte sich die Frage, ob der Rücktritt gerechtfertigt war, obwohl die Absage erst Monate später erfolgte.
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Mallorca- und Flusskreuzfahrt (Aktenzeichen: X ZR 55/22): Die Kläger hatten zwei Reisen für 2020 gebucht und traten im April 2020 zurück. Beide Reisen konnten pandemiebedingt nicht stattfinden. Der Streitpunkt: Hatten die Kläger zum Zeitpunkt des Rücktritts genügend Anhaltspunkte, um außergewöhnliche Umstände geltend zu machen?
Der BGH verwies alle Fälle zurück an die Berufungsgerichte, um die Umstände des jeweiligen Rücktrittszeitpunkts genauer zu prüfen.
Die Entscheidung betrifft insbesondere Reise- und Rechtsschutzversicherer, die in solchen Fällen für Streitfälle aufkommen müssen. Angesichts des gestiegenen Aufwandes könnte sich auch der Druck auf die Versicherungsbranche erhöhen, Rücktrittsbedingungen klarer zu definieren oder spezifische Policen anzubieten, die pandemiebedingte Stornierungen abdecken.