BGH: Ausschluss von Schwammschäden in Wohngebäudeversicherungen könnte unwirksam sein
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Ausschluss von Schwammschäden in Gebäudeversicherungen unter die Lupe genommen. Denn ein aktueller Fall wirft die Frage auf, ob diese weit verbreitete Regelung noch gerechtfertigt ist. Fachanwalt Stephan Michaelis erklärt, warum der Sachverständigenbeweis von zentraler Bedeutung ist und welche Auswirkungen das für Versicherungsnehmer und Makler haben könnte.
Ist der Ausschluss von Schwammschäden in Wohngebäudeversicherungen noch gerechtfertigt? Diese Klausel, die in nahezu allen Gebäudeversicherungen enthalten ist, wird aktuel von Stephan Michaelis, Fachanwalt für Versicherungs- sowie Handels- und Gesellschaftsrecht, hinterfragt. Dazu wird ein Urteil des Bundesgerichtshofs (IV ZR 212/23) herangezogen, dass die Wirksamkeit des Ausschlusses von Schwammschäden betrifft.
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Im betroffenen Fall hatte eine Hausbesitzerin geklagt, nachdem sie einen Wasserschaden festgestellt hatte. Dieser war auf einen Leitungswasseraustritt in der Dusche im ersten Obergeschoss zurückzuführen. Im Ergebnis führte dieser zu einem enormen Befall von weißem Porenschwamm in der Bodenkonstruktion.
Die Versicherungsnehmerin hatte die Ansprüche gegenüber ihrer Wohngebäudeversicherung geltend gemacht. Doch der Versicherer verweigerte die Regulierung unter Berufung auf den Leistungsausschluss für Schwammschäden. Die Frau argumentierte, dass der Ausschluss einer AGB-rechtlichen Überprüfung nicht standhalte. Dies würde zu einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsnehmers führen, da der Ausschluss wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers einschränke und den Vertragszweck gefährde.
Vorm Landgericht Bonn hatte die Frau keinen vollumfänglichen Erfolg. Denn die Richter gaben der Klage nur hinsichtlich der Nässeschäden ohne kausalen Bezug zu Schwamm statt. In zweiter Instanz wies das Oberlandesgericht Köln ihre Berufung zurück.
Nun hat der BGH diese Entscheidung aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Urteil des OLG stelle eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör dar. Die Frage hätte nicht ohne Sachverständigenbeweis verneint werden dürfen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erwarte von seiner Wohngebäudeversicherung einen umfassenden Schutz, der durch die Ausschlussklausel für Schwammschäden eingeschränkt werde. Solche leistungsbeschränkenden Klauseln seien kontrollfähig.
Demnach bedeute eine Begrenzung des Leistungsversprechens nicht zwangsläufig eine Gefährdung des Vertragszwecks. Dies sei nur der Fall, wenn die Einschränkung den Vertrag aushöhle und ihn zwecklos mache. Der Vertragszweck könne durch den Ausschluss gefährdet werden, wenn Schwammschäden regelmäßig oder häufige Folge von Leitungswasseraustritten wären. Der Versicherungsnehmer wolle sich vorwiegend vor solchen Schwammschäden schützen, und der Versicherer würde sich durch die Ausschlussklausel von der Pflicht zur Entschädigung für Leitungswasserschäden freizeichnen.
Das Berufungsgericht habe diese Typizität des Auftretens von Schwammschäden ohne sachverständige Hilfe verneint und damit auf einer nicht hinreichend gesicherten Tatsachengrundlage entschieden. Es hätte sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen müssen, um die Frage zu klären. „Auch wenn der BGH zur Wirksamkeit der Ausschlussklausel keine abschließende Entscheidung getroffen hat, so stellt das Gericht dennoch klar, dass die Ausschlussklausel der AGB-rechtlichen Kontrolle unterliegt. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung und nach unserer Auffassung zwingendes Recht“, schreibt Michaelis in seinem Newsletter.
In seinem ersten „Schwammurteil“ aus dem Jahre 2012 (IV ZR 212/10) hatten die Richter am Bundesgerichtshof entschieden, dass die Schwammschadenklausel nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung führe und wirksam sei. Damit war die Diskussion über die Wirksamkeit dieser Klausel vorerst beendet.
Das oberste Gericht weicht nun vermeintlich davon ab. In der Urteilsbegründung heißt es: „Die Erwägungen des Senatsurteils vom 27. Juni 2012 [...], nach denen der Ausschluss von Schwammschäden in der Gebäudeversicherung keinen Wirksamkeitsbedenken begegnet, lassen sich auf den hiesigen Fall nicht ohne Weiteres übertragen. In dem entschiedenen Fall war nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass Schwammschäden regelmäßige oder zumindest sehr häufige, zwangsläufige und kennzeichnende Folge eines Leitungswasseraustritts wären [...], während dies im Streitfall von der Klägerin behauptet und unter Beweis gestellt worden ist.“
Der aktuelle Beschluss des BGH orientiere sich an seinem Urteil aus dem Jahre 2017 zum Ausschluss von Schimmelschäden (IV ZR 151/15), so Michaelis. Dort habe der BGH die Wirksamkeit des Ausschlusses von Schimmelschäden davon abhängig gemacht, ob sie typische Folge eines bestimmungswidrigen Leitungswasseraustritts seien. „Dieser Grundsatz ist auf den Ausschluss von Schwammschäden zu übertragen“, schreibt der Fachanwalt. Das Berufungsgericht müsse durch Einholung eines Sachverständigengutachtens prüfen, ob Schwammschäden eine typische Folge von Leitungswasseraustritten seien. „Trifft das zu, so stellt die Klausel eine unangemessene Benachteiligung dar und ist unwirksam. Das Urteil des OLG Köln darf daher mit Spannung erwartet werden“, kommentiert Michaelis.