Die Kontaktaufnahme zwischen Käufer und Verkäufer von Maklerbeständen oder Maklerfirmen, die Verkaufsverhandlungen, die Preisfindung und die Verhandlungen um den Kaufvertrag sind meist ein sehr komplexes Projekt. Dabei gibt es immer Entscheidungspunkte, die über Erfolg oder Abbruch der Verhandlungen entscheiden.

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Diese Entscheidungspunktebezeichne ich hier als Stichtage, auch wenn der Begriff Stichtag sich im engeren Sinne auf das Wirksamwerden des wirtschaftlichen Übergangs nach dem Verkauf bezieht. Folgt man dem Duden, dann ist ein Stichtag ein bestimmter festgelegter Tag, der für Maßnahmen oder Berechnungen maßgeblich ist.

Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Stichtag Letter of Intent

Wenn Käufer und Verkäufer sich kennengelernt haben und sich für die Aufnahme von Verhandlungen entschieden haben, dann rückt der Stichtag Letter of Intent näher. Die auch LOI benannten Absichtserklärung sollte dann schriftlich niedergelegt werden und wesentliche Themen für die Verhandlungen in einen Rahmen zu bringen. Neben der Absichtserklärung zum Kauf- bzw. Verkaufsinteresse sollten weitere wichtige Themen in den LOI aufgenommen werden.

Inhalte des LOI sollten u.a. sein:

  • Definition des Kaufobjektes (Firma, Bestand, Teilbestand)
  • Status Quo der bisherigen Verhandlungen und weitere Schritte
  • Regelungen für den möglichen Abbruch der Verhandlungen
  • Kostenverteilung für Beratungen und Kosten bei der Bank
  • Maßnahmen zur Tiefenprüfung (Due Diligence), Bereitstellung Unterlagen
  • Eigene Wertermittlung oder Wertermittlung durch externen Experten
  • Spanne für einen möglichen Kaufpreis sowie Zahlungsmodalitäten
  • Wer ist Verkäufer? Wer ist Käufer (Firma oder Investor)?
  • Grobe Inhalte im Kaufvertrag, vor allem das Thema Garantien
  • Verschwiegenheit und Exklusivität der Verhandlungen für eine gewisse Zeit
  • Zeitplan bis zum Verkauf und Regelungen zur Mitwirkung nach dem Verkauf
  • Unterstützung der Verhandlungen durch Berater (Moderation, Steuern, Recht)

Ein mit diesen und weiteren Inhalten unterzeichneter LOI legt so bereits am Anfang der Vertragsverhandlungen wichtige Eckpunkte fest und ist als eine Art Vorvertrag zu verstehen. Eine solche Absichtserklärung kann dazu beitragen, Vertrauen zwischen beiden Parteien aufzubauen und eine notwendige Zielorientierung zu geben.

Es ist aber auch festzuhalten, dass ein LOI nicht rechtlich verbindlich ist. Deshalb sollte es auch Regelungen für ein Scheitern der Verhandlungen und ggf. eine Kostenteilung geben. Diese und weitere mögliche Inhalte sowie ein Muster für eine Absichtserklärungen bietet der Marktplatz für Maklerbestände hier zur Bestellung an.

Stichtag Tiefenprüfung und Garantien

Besonders bei größeren Maklerbeständen sowie bei Maklerfirmen als Kapitalgesellschaft ist entweder eine Tiefenprüfung der Daten zum Bestand und den betriebswirtschaftlichen Grundlagen (Bilanzen, BWAs, Verträge…) zu empfehlen. Damit sind wir bei einem Stichtag für die sogenannte Due Diligence (DD). Hier ist vor allem der Käufer gefragt, sich ein Bild zum Kaufobjekt zu machen, wenn keine umfassende Wertexpertise zum Kaufobjekt vorliegt.

Der Verkäufer kann auf Basis des LOI auf vertraulicher Basis Unterlagen und Auswertung beispielsweise über einen gemeinsamen Datenraum für die DD zur Verfügung stellen. Die Aufwendungen an Arbeitszeit für die Bereitstellung der Unterlagen oder eine Auswertung durch einen externen Experten sind vom Käufer zu bezahlen. Gerade Käufer mit einem Investor im Hintergrund bestehen auf genaue Prüfung.

Je größer die Kaufsumme und der fremdfinanzierte Anteil am Kaufpreis ist, umso größer ist der Wunsch nach einer DD. Das ist dann auch der Zeitpunkt (Stichtag), dass sich die Steuerberater beider Seiten zu den vorliegenden Bilanzen, BWAs und der Buchführung verständigen sollten. Diese Verständigungen zwischen den Steuerberatern sind für den (Ver-)Kauf einer Kapitalgesellschaft oder einer bilanzierungspflichtigen Firma anderer Rechtsform auch zu empfehlen, wenn auf eine DD verzichtet wird.

Der Verzicht auf eine DD ist möglich, wenn im Kaufvertrag auf (alle) wesentlichen Themen zum Kaufobjekt in Form von Garantien eingegangen wird. Nicht selten finden so Garantien auf mehr als 10 Seiten Eingang in den Kaufvertrag, nicht immer zur Freude von Verkäufern. Mit diesen Garantien wird auf eine DD verzichtet, der Verkäufer muss aber zu diesen Themen eine selbständige Gewähr für den Eintritt oder Nichteintritt von Sachverhalten geben. Diese werden bei Nichteinhaltung dann auch sanktioniert.

Zu den Garantien des Verkäufers gehören beispielsweise folgende:

Dies ist nur ein Auszug aus wesentlichen Garantien, die besonders in einen Kaufvertrag ohne DD eingehen. Dabei empfehle ich Verkäufern, sich zu jedem der Punkte eine umfassenden Überblich zu verschaffen, bevor eine Garantie abgegeben wird. Eine Einschränkung der Antworten auf „nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft gegeben“ hilft nicht und ist eher eine Ausrede für fehlenden Überblick zur kaufmännisch sorgfältigen Führung des Unternehmens.

Risiken aus nicht angegebenen Mängeln im Bestand

Sich clever fühlende Verkäufer, die glauben, dass die Nichtbestätigung von Garantien oder das Nichtaufdecken von Mängeln einen Verkauf „erleichtern“, sei folgendes auf den Weg zu geben: Spätestens seit einem Urteil des BGH aus 2011 wurde ausgeurteilt, dass „im Hinblick auf die wirtschaftliche Tragweite des Geschäfts und die regelmäßig erschwerte Bewertung des Kaufobjektes durch den Kaufinteressenten ... gesteigerte Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten“ abverlangt wird. Das bedeutet, dass durch den Verkäufer Mängel auch selbständig anzugeben sind, auch wenn nicht explizit danach gefragt wird.

So ist es nicht verwunderlich, dass nach manchem Verkauf einer Makler-GmbH Aktivitäten beginnen, den Kaufpreis im Nachhinein anzugreifen und eine Kaufpreis-minderung gerichtlich durchzusetzen. Auf Seiten eines Käufers, der es mit der Prüfung des Kaufobjektes vor dem Kauf nicht so ernst genommen hat, kann es dann zu folgender Argumentation kommen:

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Der Käufer oder sein Rechtsbeistand wird beispielsweise die Pflichten zur Dokumentation als grundlegend und als ordnungsgemäße Form der Arbeit eines Maklers herausstellen. Im Anwaltsdeutsch kann dann eine fehlende Dokumentation schnell als elementares und als unkalkulierbares Risiko bewertet werden. Dazu hatte ich hier bei Versicherungsbote bereits einen Fall umfassend geschildert.

Klar, die Garantien werden auch mit Rechtsfolgen versehen, die als Schadenersatzforderungen, Haftungsbegrenzungen oder als Naturalrestitution definiert werden. Ein Wort der Erklärung zum Begriff Naturalrestitution. Dahinter verbergen sich die Lateinischen Begriffe „natura“ und „restituere“ und bedeuten: Herstellung des wirtschaftlichen, steuerlichen oder sonstigen Zustandes, der bestehen würde, wenn der ersatzpflichtige Umstand nicht eingetreten wäre. Hilfreich für Käufer und Verkäufer
ist eine umfassende Checkliste „Vor dem Kauf, Kauf und nach dem Verkauf“, die hilft, wesentlich zu bedenkende Themen nicht zu vergessen.

Stichtag Bestands- oder Firmenübergang

Kommen wir zum wichtigsten Stichtag, wenn die Vorbereitungen zum (Ver- )Kauf abgeschlossen sind. Der Tag der Unterzeichnung des Kaufvertrages fällt selten mit dem Tag des wirtschaftlichen Übergangs zusammen. Je nach Situation können beide Termine zeitlich unterschiedlich sein oder nah oder fern voneinander entfernt sein. Beim Firmen- oder Bestandsübergang erfolgt der Übergang nicht sofort.

Zu diesem Stichtag gehören auch die Begriffe Signing und Closing. Der Tag der Vertragsunterzeichnung ist das Signing und führt zum schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft auf beiden Seiten, für das sich beide Seiten auf den Stichtag geeinigt haben. An diesen Tag geht das Kaufobjekt an den Käufer über. Das Geschäft ist vollzogen – das ist das Closing.

Dieser Stichtag wird manchmal auch Vollzugstag genannt. Der "Vollzug" ist erfolgt, sobald sämtliche Vollzugsbedingungen vorliegen und sämtliche Vollzugshandlungen vorgenommen wurden oder jeweils wirksam darauf verzichtet wurde. Der Tag, an dem der Vollzug tatsächlich stattgefunden hat, wird als "Vollzugstag" bezeichnet. Zu den Vollzugsbedingungen gehören beispielsweise die oder eine Kaufpreiszahlung, das Erbringen bestimmter Unterlagen als Anlagen für den Kaufvertrag oder die Aufhebung bestimmter Verträge, die der Verkäufer abgeschlossen hatte und die der Käufer nicht braucht.

Der Stichtag für den (Ver-)Kauf einer Maklerfirma wird häufig auf den Beginn des steuerlichen Geschäftsjahres gelegt. Oft ist dies der 1.1. des jeweiligen Jahres. Damit dann auch eine Zwischenbilanz gespart, die beispielsweise bei einem Stichtag 1.7. des Jahres notwendig würde. Mit diesem Stichtag ist dann verbunden, dass alle Einkünfte aber auch bsw. steuerlichen Verpflichtungen noch zum Verkäufer gehören und der Käufer ab dann Anspruch auf alle Einkünfte hat. Steuerlich den Stichtag überlappende Pflichten und Rechte sind im Kaufvertrag zu regeln.

Fazit: Die hier auszugsweise geschilderten Erfahrungen mit Stichtagen beim Bestand- oder Firmenverkauf stellen sicher, dass alle notwendigen Aktivitäten und die geplante Transaktion genau erfasst und geregelt werden. Diese Genauigkeit unterstützt den Verkaufsprozess, die Budgetierung der Ressourcen für beide Seiten, die Finanzplanung und den Entscheidungsprozess. Die Arbeit mit verlässlichen Stichtagen entspannt auch die oft einmalige Situation des (Ver-)Kaufs für beide Seiten, fördert den gegenseitigen Respekt und den Erfolg.

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