Sparte in 3 Minuten: Die Montageversicherung
Die Montageversicherung spielt eine zentrale Rolle für Firmen, die Maschinen oder Anlagen installieren. Welche Risiken sind abgedeckt und welche Entwicklungen prägen den Markt? Das erklären Stephan Schmitz (BarmeniaGothaer) und Andreas Knittel (HDI) im Gastbeitrag. Fortsetzung der Reihe 'Sparte in 3 Minuten'.
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1) Traverse pendelt – und stürzt samt Hallenkran ab
In der Produktionshalle ist ein neuer Hallenkran samt Traverse zu montieren. Auch zur Montage gehört die Programmierung der Frequenz-Umrichter. Diese steuern Achsen und Antriebe, und sollen bei Be- und Entschleunigungen (also beim Anfahren und Abbremsen) das Pendelverhalten der Kran-Achsen positiv beeinflussen.
Der Monteur hat sich hier für eine geschmeidigere Bedienbarkeit mit höherer Umschlagsleistung entschieden, was zu Lasten der Pendelunterdrückung führte.
Im Rahmen des Probebetriebes geschah Folgendes: Ausgelöst durch Pendelbewegungen der Traverse verfängt und verkeilt sich die Seilrolle, dies führte zu einer Kappung des Hubseils und final zum Absturz der gesamten Traverse samt Kran.
2) Was umfasst die Sparte?
Neben der Bauleistungsversicherung gehört die Montageversicherung zu den Projektsparten. Hier wird also ein konkretes Vorhaben versichert, von Beginn der Arbeiten bis zum erfolgreichen Probebetrieb bzw. der Abnahme. Vertragsgrundlage sind in Deutschland meist die Allgemeinen Bedingungen für die Montageversicherung (kurz AMoB).
Die Montageversicherung ist insbesondere für Firmen sinnvoll, die Maschinen oder Anlagen beim Kunden errichten. Denn bis zur Abnahme trägt meist der Lieferant das Risiko, sollte es zu einem Sachschaden kommen.
Über die Montageversicherung werden Schäden ersetzt, die während der Montagetätigkeit, oder beim anschließenden Probebetrieb, passieren.
Auch die am Auftrag beteiligten Unternehmen gelten mitversichert. Nach erfolgreicher Beendigung der Errichtungsarbeiten übernimmt eine Bestandssparte, also je nach Montage-Objekt eine Maschinen- oder Gebäudeversicherung.
Bei der Montageversicherung handelt es sich um eine sogenannte Allgefahrenversicherung: Alles gilt versichert, was nicht explizit ausgeschlossen ist.
Eine Entschädigung wird dann geleistet, wenn die versicherten Sachen unvorhergesehen beschädigt oder zerstört wurden (Sachschaden) bzw. abhandengekommen sind.
Zu den versicherten Gefahren und Schäden zählen u.a. Bedienfehler, Fahrlässigkeit, Konstruktions- oder Materialfehler. Es wird aber ebenfalls Entschädigung geleistet für Schäden infolge Brand, Blitzschlag, Diebstahl, ungewöhnliche Witterungsereignisse, Sturm, Erdbeben oder Überschwemmungen.
Im heute üblichen Deckungsumfang sind neben dem reinen Montagerisiko auch fremde Sachen und die Montageausrüstung, in aller Regel mit einer Erstrisikosumme begrenzt, versichert.
Im Schadenfall werden die Kosten ersetzt, die für die Wiederherstellung in den Zustand unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalls notwendig sind.
Diverse Kostenpositionen wie Aufräumungs- und Bergungskosten runden den Grunddeckungsschutz ab (auch hier: Erstrisikopositionen).
Will man die Versicherung darüber hinaus erweitern, stehen neben den Nachhaftungsvarianten – Extended- oder Visits- Maintenance – auch die Mitversicherung des Ertragsausfalles (Montage-Betriebsunterbrechungs-Versicherung) zur Verfügung.
3) Was umfasst sie nicht?
Plant der Versicherungsnehmer, eine nicht erprobte, erstmalige Ausführung einer Montage oder montiert einen Prototyp, so sind bedingungsgemäß nur äußere Einwirkungen (Bsp. ungewöhnliche Witterungsereignisse oder Sturm) versichert.
Den die Deckung definierenden Allgefahrencharakter beschreiben die Ausschlüsse. Zu den nicht versicherten Gefahren und Schäden zählen u.a.:
a) Vorsatz des Versicherungsnehmers,
b) normale Witterungseinflüsse,
c) normale Abnutzung,
d) Verluste, die bei einer Bestandskontrolle festgestellt werden,
e) Mängel,
f) Schäden, die erst nach der vereinbarten Erprobungszeit – üblicherweise 1 Monat – eintreten.
Die aus anderen Versicherungsbedingungen bekannten allgemeinen Ausschlüsse wie Krieg, Kernenergie, innere Unruhen, Streik & Aussperrungen oder radioaktive Isotope etc. gelten ebenfalls für die Montageversicherung.
Einige der aufgeführten Ausschlüsse können allerdings über Klauseln wieder eingeschlossen werden – hierzu zählen innere Unruhen, Streik & Aussperrung, radioaktive Isotope oder Montagetätigkeiten im Bereich von Gewässern.
4) Welche Vertragsarten gibt es?
Neben der klassischen Projektdeckung (Einzelversicherung eines konkreten Vorhabens) werden häufig auch Generalverträge auf Umsatzbasis abgeschlossen. Hierbei sind alle Montageprojekte eines Jahres – Jahresversicherung - pauschal ohne vorherige Einzelprüfung versichert.
Die Beitragsermittlung und Abrechnung des fortlaufenden Vertrages werden auf Basis des Jahresumsatzes ermittelt. Ein Generalvertrag kann auch abweichend zur Umsatzmeldung auf die Abrechnung aller Montagen eines Jahres erstellt werden.
Auch Rahmenverträge (grundsätzliche Festlegung vereinbarter Konditionen für mögliche Montagerisiken) sind üblich. Hier können auch ausgewählte einzelne Projekte durch den Versicherungsnehmer angemeldet werden. Eine verpflichtende Anmeldung aller Projekte ist hier, abweichend zum Generalvertrag, nicht notwendig.
5) Welche Entwicklungen gibt es?
Auch in der Montageversicherung tut sich etwas! Der Markt fordert immer höhere und umfangreichere Erstrisikopositionen. Die Versicherer reagieren (zähneknirschend) darauf und erweitern Ihre Deckungskonzepte entsprechend. Zu den am Markt häufigsten pauschalen Einschlüssen (mit Sublimits!) zählen:
- Mitversicherung des Besteller-Interesses,
- Fremde Sachen,
- Montagausrüstungen,
- Eigentum des Montagepersonals,
- Öl- und Gasfüllungen,
- Innere Unruhen, Streik & Aussperrungen,
- Sofortiger Reparaturbeginn,
- umfangreiche Kostenpositionen (Aufräumungs- und Bergungskosten, Baugrund und Bodenmassen, Schadensuchkosten, Mehrkosten bei Überstunden oder Feiertagsarbeit).
Die wirtschaftliche Situation in Deutschland geht auch nicht spurlos an der Montageversicherung vorbei. Umfangreiche Neuprojekte im Bereich der erneuerbaren Energien – hier insbesondere im Bereich der Großanlagen bei Batteriespeicher - auf der einen stehen auf der anderen Seite stagnierende Auftragseingänge (wie im Maschinen- und Anlagenbau) gegenüber.
Nicht zuletzt aufgrund diffizilerer Finanzierung verzögern sich geplante Montageprojekte oder werden auf Eis gelegt. Zudem sind seit Corona vermehrt Lieferengpässe zu beobachten, was ebenso zu Verzögerungen der Montagen führt. Die Folge: Die Projektzeiten verlängern sich, was wiederum zu höheren Versicherungsbeiträgen führt. Für die Versicherer beutet dies eine höhere Risikoexponierung.
Es gilt auch hier: Ausführliche Risikoinformationen, insbesondere bei größeren Montageprojekten, werden immer wichtiger, um die die Risikosituation besser einschätzen zu können.
Besondere oder „schwere“ Montagerisiken erleben derzeit die Vereinbarung verschärfter Obliegenheiten (z.B. Brandschutzauflagen, Baustellenüberwachung oder Auflagen bei der Lagerung). Auch das bei Versicherern bewährte Mittel der höheren Risikobeiträge für einzelne Montageprojekte kommt nicht aus der Mode.
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