Allianz lässt BGH über Rentenfaktor bei Riester-Rente entscheiden
Die Allianz lässt den Rechtsstreit um Rentenfaktoren bei der Riester-Rente vom Bundesgerichtshof prüfen. Zuletzt hatte das Oberlandesgericht Stuttgart die Klausel, auf der die Änderung des Rentenfaktors beruhte, für unwirksam erklärt.
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Müssen Sparer die nachträgliche Kürzung von Rentenfaktoren aufgrund des Niedrigzinses hinnehmen? Nein, urteilt das Oberlandesgericht Stuttgart Ende Januar 2025 (Az: 2 U 143/23). Im betroffenen Fall hatte die Allianz mehrfach von der Anpassungsklausel Gebrauch gemacht und den Rentenfaktor bei einer fondsgebundenen Riester-Rente gesenkt.
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Bei Abschluss des Rentenversicherungsvertrags hatte der Versicherte im Jahr 2006 einen Rechnungszins von 2,75 Prozent offeriert bekommen. Unter Berufung auf die Anpassungsklausel hatte der Versicherer den Rentenfaktor unter Zugrundelegung eines Rechnungszinses von 1,25 Prozent reduziert. Für den Versicherten bedeutete das konkret: statt der im Versicherungsschein vereinbarten 38,74 Euro Monatsrente je 10.000 Euro erspartem Kapital, sollte er nur noch 30,84 Euro erhalten.
Der Versicherungsnehmer hatte daraufhin mit Unterstützung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg vorm Stuttgarter Landgericht geklagt. Die Richter mussten klären, ob es gegen das Äquivalenzprinzip verstoße, wenn der Versicherer mit so einer Klausel einseitig den Rentenfaktor kürzen kann. Das aber verneinten die Richter und wiesen die Klage des enttäuschten Kunden ab (Az: 53 O 214/22).
Die Richter argumentierten das der Versicherungsnehmer laut Vertrag die Möglichkeit gehabt hat, einmal im Jahr eine Zuzahlung zu leisten und so die Einbußen bei der Rente auszugleichen, die durch die Kürzung des Rentenfaktors entstehen. Das Landgericht hatte entschieden, dass mit dieser Option das Äquivalenzprinzip gewährt sei, da die Sparenden entstehende Einbußen bei der Rente ausgleichen könnten - wenn auch gegen zusätzliches Geld, das sie an die Allianz zahlen müssen.
Ende Januar 2025 hatte wiederum der 2. Zivilsenat des OLG Stuttgart der Berufung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg stattgegeben und der Allianz die Verwendung dieser Klausel sowie inhaltsgleicher Klauseln untersagt. Die Richter begründeten ihr Urteil wie folgt: Mit der Klausel würde allein das Interesse des Versicherers verfolgt, die Rentenhöhe abzusenken. Die Klausel sehe hingegen nicht vor, dass die Absenkung wenigstens teilweise wieder rückgängig gemacht werde, wenn sich die Verhältnisse wieder nachhaltig bessern würden. Damit werde das Recht zur Vertragsanpassung einseitig zugunsten des Versicherers ausgestaltet. Auch, dass der Versicherer in späteren Anschreiben eine Erhöhung des Rentenfaktors in Aussicht stellte, wenn sich bei Rentenbeginn die maßgebenden Rechnungsgrundlagen verbessern sollte, konnte an der Unangemessenheit der Klausel nichts ändern. Eine entsprechende Verpflichtung hätte sich aus den verwendeten Versicherungsbedingungen ergeben müssen, so das Gericht.
Direkt nach der Urteilsverkündung hatte sich der Versicherer die Reaktion auf das Urteil offen gelassen. Die Allianz wollte die Entscheidungsgründe in Ruhe prüfen und entscheiden, ob gerichtliche Schritte gegen das Urteil ergriffen werden. Schließlich war das Urteil zu dem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig. Ergo war auch eine Revision vorm Bundesgerichtshof wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache durchaus möglich. Diesen Weg will der Versicherer aus Stuttgart nun gehen und hat folglich Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt. Darüber berichtete zunächst das Online-Portal "Fonds professionell Online"
Ein Allianz-Sprecher argumentierte gegenüber dem Online-Portal, dass die Absenkung des Rentenfaktors nicht Garantiezusagen eingreifen würde. Auch die Überschussbeteiligung würde von dieser Anpassung nicht beeinflusst. Zwar habe der Rentenfaktor einen Einfluss auf einen Teil der Rentenleistung. Bei der Rentenzahlung sei derweil stets die Gesamtrente zu betrachten. In diese fließen in der Regel die garantierte Rente sowie ein zusätzlicher Betrag aus der Überschussbeteiligung ein.
Es ist nicht der erste Sachverhalt in Bezug auf Vertragsbedingungen von Rentenprodukten aus dem Hause der Allianz, die vom höchsten Gerichtshof geklärt werden mussten. Im September 2024 hatte der Bundesgerichtshof zuletzt das Überschussbeteiligungssystem der Allianz bei der Privatrente Perspektive als rechtmäßig eingestuft (Az.: IV ZR 436/22). Folglich darf die Allianz ältere Versicherungsverträge bei der Überschussbeteiligung benachteiligen. Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte geklagt, weil ältere Verträge weniger Überschüsse erhielten als neuere.
Konkret ging es um die Frage, ob der Versicherer ältere Kunden angemessen an den erzielten Kapitalerträgen beteiligt. Weil diese Kapitalerträge aus Kundengeldern erwirtschaftet werden, müssen laut Mindestzuführungsverordnung mindestens 90 Prozent der erwirtschafteten Überschüsse aus Kapitalanlagen an die Versicherten weitergegeben werden. Die Überschüsse aus einem Vertrag werden hierbei in der Regel jährlich ermittelt und gutgeschrieben. Die Verordnung zielt darauf ab, sicherzustellen, dass die Versicherten fair an den finanziellen Ergebnissen der Versicherungsgesellschaft beteiligt werden. Dabei gilt es auch darauf zu achten, dass nicht bestimmte Kundengruppen gegenüber anderen bei der Verteilung der Gelder bevorzugt werden. Diesen Grundsatz sahen die Hamburger Verbraucherschützer verletzt.
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