Stiftung Warentest: Krankenversicherer kritisieren 'unseriöse Beitragsprognose'
Die jüngste Untersuchung der Stiftung Warentest zur privaten Krankenversicherung (PKV) hat in der Branche für erhebliche Diskussionen gesorgt. Von den 1.245 getesteten Tarifkombinationen wurden zwei Drittel als unzureichend eingestuft – entweder aufgrund hoher Selbstbehalte oder deutlicher Leistungslücken. Doch der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) und Branchenexperten kritisieren die Testmethodik scharf und werfen der Stiftung Warentest eine verzerrte Darstellung vor.

Laut Stiftung Warentest konnten lediglich 384 Tarife überzeugen, da sie einen umfassenden Schutz bieten, der „mindestens dem Niveau der gesetzlichen Krankenkasse entspricht“ und eine Selbstbeteiligung von maximal 660 Euro pro Jahr aufweist. Doch genau diese Bewertungsgrundlage sieht der PKV-Verband als problematisch an. „Was die Tester bei den übrigen Tarifen als vermeintliche Schwäche ausmachen, ist in Wahrheit eine große Stärke der PKV: Die Möglichkeit nämlich, sich den Gesundheitsschutz nach persönlichen Bedürfnissen auszuwählen“, heißt es in einer Stellungnahme.
Anzeige
Der Verband kritisiert, dass viele PKV-spezifische Vorteile, wie kürzere Wartezeiten auf Arzttermine oder eine höhere Honorierung der Ärzte, im Test nicht berücksichtigt wurden. „Der Maßstab für die Bewertung bildet dabei im Wesentlichen der Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Vereinfacht gesagt: Nur PKV-Tarife, die mindestens GKV-Leistungen erreichten, wurden als gut oder sehr gut bewertet. Dieser Maßstab ist aber schon deswegen schief, weil dabei Leistungen fehlen, die in der GKV gar nicht bezahlt werden, in der PKV aber so gut wie immer“, führt der Verband in der Stellungnahme aus.
Beitragsentwicklung: Einseitige Warnungen vor Kostensteigerungen?
Besonders kritisch betrachtet Stiftung Warentest die Beitragsentwicklung der PKV im Alter. Die Tester warnen vor steigenden Kosten, die im Rentenalter zur „Kostenfalle“ werden könnten. Doch der PKV-Verband hält dagegen und verweist darauf, dass sich langfristige Beitragsentwicklungen kaum seriös vorhersagen lassen. „Grundsätzlich lassen sich Beitragsentwicklungen der Zukunft kaum vorhersagen. Dennoch versuchen es die Tester auf Grundlage der PKV-Beitragsentwicklung der vergangenen 20 Jahre. Diese lag durchschnittlich bei 3,1 Prozent“, so der PKV-Verband.
Zum Vergleich: Die durchschnittliche jährliche Beitragssteigerung in der GKV lag in den letzten 20 Jahren bei 3,8 Prozent. „Wenn man dieselbe Berechnungsmethode für die GKV anwendet, käme man mit der Stiftung-Warentest-Logik auf einen Monatsbeitrag von knapp 1.840 Euro in 30 Jahren“, betont der PKV-Verband und kritisiert, dass diese Berechnungen in der Studie vollständig ausgeblendet wurden. Zudem würden in der PKV verschiedene Mechanismen greifen, um Beiträge im Alter stabil zu halten.
„Ausgerechnet bei der Bewertung der Beitragsstabilität unterschlägt die Stiftung Warentest den langfristigen Vergleich mit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Nur die PKV trifft mit ihren Beiträgen Vorsorge für die steigenden Kosten des demografischen Wandels. Die Warnungen vor stark steigenden Beitragssätzen in der GKV blenden die Tester völlig aus – diese Lücke müsste eine umfassende Verbraucherberatung schließen.“, erklärt PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther.
Trotz der Kritik am PKV-System zeigten Umfragen, dass Privatversicherte mit ihrer Wahl überdurchschnittlich zufrieden sind. Eine aktuelle Allensbach-Umfrage ergab, dass 95 Prozent der Privatversicherten mit ihrer Krankenversicherung zufrieden sind, während der Wert bei gesetzlich Versicherten nur bei 73 Prozent liegt. „Diese Zahl spricht für sich. Und auch beim Preis-Leistungs-Verhältnis gibt es bei Privatversicherten eine hohe Zufriedenheit von 84 Prozent“, unterstreicht der Verband abschließend.
Anzeige
Zuvor hatte bereits der auf private Krankenversicherungen spezialisierte Makler Sven Hennig scharfe Kritik geäußert. „Die Stiftung Warentest Finanzen, so der neue Name, hat mit dem neuen Finanztest PKV-Test nun endgültig jedwede Glaubwürdigkeit verloren.", moniert Hennig auf seinem Blog. Besonders kritisch sieht er den Vergleich zwischen GKV und PKV, da es sich dabei um zwei völlig unterschiedliche Systeme mit unterschiedlichen Leistungsspektren handele. „Ich bin mir nicht sicher, ob die Stiftung Warentest hier bewusst und absichtlich die Leser in den Ruin laufen lassen will, oder ob es einfach nur die bloße Unkenntnis dessen ist, was hier getestet wurde. Vielleicht sollten sich die Tester hier einmal mit den Systemen der GKV und PKV beschäftigen und sich insbesondere hierzu fachlichen Rat oder Expertise nicht nur einholen, sondern diese auch berücksichtigen.", schreibt Hennig. In jedem Fall sei es falsch eine private Krankenversicherung nach dem Preis auszuwählen.