BarmeniaGothaer: „Nachhaltigkeit ist nicht nur eine Frage der Haltung“
Für die Absicherung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist die BarmeniaGothaer gleich doppelt ein guter Ansprechpartner – zum einen als erfahrener Versicherer, zum anderen durch ihre jährlichen KMU-Studien, die Risiken und das Problembewusstsein der Unternehmen untersuchen. Grund genug für Versicherungsbote, bei Henning Hackbarth zum Thema „Absicherung von KMU“ nachzufragen. Hackbarth leitet das Geschäftsfeld Gewerbekunden bei BarmeniaGothaer.
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- BarmeniaGothaer: „Nachhaltigkeit ist nicht nur eine Frage der Haltung“
- „Versicherungsschutz wird in der Regel teurer“
Versicherungsbote: Ihre aktuelle Studie zeigt, dass Inflation und Konjunktur die größten Herausforderungen für KMU sind. Welche Folgen hat das für den Versicherungsbedarf dieser Unternehmen?
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Henning Hackbarth: In der Tat kämpfen wir in der Sachversicherung immer noch mit den Auswirkungen der massiven Inflation. Im vorletzten Jahr lag der Verbraucherpreis Index immerhin noch bei 5,9 Prozent. Im letzten Jahr sahen wir eine deutliche Abschwächung auf 2,2 Prozent. Für Unternehmen hat der Verbraucherpreis Index jedoch keine Relevanz.
Die Indices für Unternehmen (z.B. Erzeugerpreis Index für gewerbliche Produkte) stiegen noch höher. Die Kosten für Schäden steigen entsprechend (Schadeninflation) und wirken noch etwas zeitverzögert zur absinkenden Teuerungsrate. Es ist auch weiterhin mit steigenden Schadenkosten zu rechnen, da durch höhere Lohnabschlüsse die Preise für Waren und Dienstleistungen steigen, was wiederum zu höheren Schadenaufwendungen führt.
Im Moment entsteht zusätzliche Unsicherheit durch die geopolitische Lage insgesamt, mit Abstrahl-Effekten auf die wirtschaftliche Lage in Deutschland. Die Kompositversicherung reagiert in Summe mit Preiserhöhungen. Obwohl KMU mit diesen Folgen zu kämpfen haben, wird der Versicherungsbedarf unverändert bleiben.
Wie haben sich die von KMU wahrgenommenen Risiken in den letzten Jahren verändert, und welche neuen Bedrohungen sind besonders in den Fokus gerückt?
Unserer aktuellen KMU Studie zufolge sieht knapp die Hälfte der mittelständischen Unternehmen in Deutschland (48 Prozent) in einem Hackerangriff das bedrohlichste Risiko für ihren Betrieb. Die Furcht vor Cyberkriminalität rangiert schon seit vielen Jahren auf Platz eins der größten Gefahren für KMU. Auf den Plätzen zwei und drei der am meisten gefürchteten Risiken folgen menschliches Versagen (41 Prozent) und Betriebsausfälle (40 Prozent).
Wie ernst KMU die Bedrohung durch Cyberkriminalität nehmen, zeigt sich auch darin, dass die Zahl der Unternehmen, die sich gegen Cybergefahren versichern, seit Jahren steigt. Waren es 2023 nur 20 Prozent, die eine Cyberpolice abgeschlossen hatten, waren es 2024 mit 25 Prozent schon deutlich mehr. Im Vergleich zum Jahr 2021 ist sogar ein Anstieg von 9 Prozentpunkten zu verzeichnen.
Überraschend ist, dass der Klimawandel in der Prioritätenliste der KMU weit unten rangiert. Dennoch sehen 41 Prozent darin eine große Herausforderung. Wie erklären Sie diese Diskrepanz?
KMU stehen derzeit vor vielen Herausforderungen. In unserem KMU-Stimmungsbarometer nennen sie an erster Stelle die Inflation, gefolgt von der konjunkturellen Lage, Regulatorik, Energieverfügbarkeit und Energiepreisen sowie dem Fachkräftemangel. Diese Herausforderungen stufen die Unternehmen möglicherweise als kurzfristig noch bedrohlicher als den Klimawandel ein. Aber klar ist natürlich auch, dass die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft eine unserer größten Aufgaben ist.
Der Energiepreis ist für viele KMU ein Kostenfaktor. Hat dies Auswirkungen auf Risikomanagement und die Versicherbarkeit von Unternehmen? Wenn ja: welche?
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Die gestiegenen Energiekosten belasten KMU in der Tat sehr stark. In unserem aktuellen KMU-Stimmungsbarometer nennen 73 Prozent der befragten Unternehmen die Verfügbarkeit und die Preise von Energie als eine der größten Herausforderungen. Dementsprechend wünschen sich auch 42 Prozent der Befragten eine Energiepreisbremse. Eine Auswirkung auf die Versicherbarkeit haben die Energiekosten eines Unternehmens allerdings nicht.
„Versicherungsschutz wird in der Regel teurer“
Bürokratische Hürden sind eine der größten Herausforderungen für KMU. Welche Versicherungen können helfen, regulatorische Risiken zu minimieren?
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Insgesamt ist es schwierig, regulatorische Risiken über Versicherungen abzuwenden, weil sie immer alle Unternehmen betrifft. Somit ist ein Ausgleich im Kollektiv nicht möglich. Wir können unsere Kunden hier immer nur punktuell unterstützen, z.B. mit der rechtzeitigen und individuell angepassten zur Verfügungstellung von Versicherungsbestätigungen bei Ausschreibungen.
Die Studie zeigt, dass Nachhaltigkeitsvorgaben oft schwer umzusetzen sind. Welche Absicherungsangebote gibt es speziell für KMU, die sich nachhaltiger aufstellen möchten?
Ein wichtiger Aspekt, bei der Betrachtung eines modernen Gewerbeprodukts ist das Thema Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit ist nicht nur eine Frage der Haltung – sie ist die große Menschheitsaufgabe unserer Zeit. Aus diesem Grund hat die BarmeniaGothaer ökologische und soziale Komponenten in ihre Produkte und Kapitalanlagen integriert und leistet so einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung.
Die Gothaer Allgemeine hat vor mehr als 20 Jahren als einer der ersten Versicherer in Deutschland spezielle Versicherungskonzepte für erneuerbare Energien entwickelt und ist in diesem Segment mittlerweile einer der Marktführer. Dabei decken wir alle Segmente der erneuerbaren Energien ab – von Wind-, Solar- und Bioenergie über Wasserkraft bis hin zu Energiespeichern. Bei Windenergieanlagen ist die BarmeniaGothaer der größte Versicherer in Deutschland und Frankreich und damit Marktführer. Mehr als 26.000 Windenergieanlagen und ebenso viele PV-Anlagen sind derzeit bei uns versichert.
Zudem ist Nachhaltigkeit nicht nur das Credo für ihr unser eigenes Handeln. Auch unsere Kunden wünschen sich in ihren Versicherungsprodukten immer mehr Nachhaltigkeitsaspekte. Mit dem letzten Update unserer gewerblichen Produktlandschaft GewerbeProtect wurden zahlreiche Nachhaltigkeitsbausteine in die Gewerbeversicherungen integriert. Hier einige Beispiele:
- Technische Versicherungen: Mehrkosten zur Förderung der Nachhaltigkeit auf erstes Risiko bis 10.000 Euro, Reparatur statt Austausch bis 2.500 Euro, Anhebung der Höchstversicherungssumme für Ladestationen auf 15.000 Euro.
- Inhalts- und Gebäudeversicherung: Erstattung von Mehrkosten nach einem Schadenfall bis zu 100.000 Euro, unter anderem für ökologische Entsorgung (umweltfreundliche Beseitigung, Entsorgung oder Wiederverwertung beschädigter oder zerstörter Sachen) sowie für ökologische Standards (Wiederherstellung oder Neubeschaffung mit Materialien gleicher Güte, die ökologische Standards erfüllen).
- Inhaltsversicherung: Geschäfts-E-Bikes mit All-Risk-Deckung bis zu 20.000 Euro.
- Haftpflichtversicherung: Optionale Mehrleistungen für nachhaltigen Schadenersatz.
Welche Entwicklungen im KMU-Versicherungsmarkt erwarten Sie für die nächsten Jahre? Werden sich Produkte und Beratung verändern?
Die Produkte werden aus unserer Sicht individueller. Aufgrund des steigenden Drucks auf die Versicherungsergebnisse wird der Versicherungsschutz in der Regel teurer. Durch die Klimaveränderung wird die Nachfrage nach Elementarschadendeckungen für die Sachversicherungen steigen. Aufgrund des Anstiegs von Extremwetter-Situationen werden erhöhte Beiträge für Elementarschadendeckungen im Markt erwartet.
Persönliche Beratung, also der Kontakt zum Vermittler, bleibt weiter wichtig. Wir erwarten nur einen moderaten Trend zum digitalen Einkauf. Hierzu müssen aber die Prozesse barrierefrei bis in den After-Sales-Bereich für den Kunden integriert sein. Das Papier wird nach und verschwinden. Auch das Thema Prävention – z.B. bei Feuergefahren – wird für den Kunden eine höhere Bedeutung bekommen.
Was sollten Vermittler unbedingt berücksichtigen, um KMU bedarfsgerecht und zukunftssicher zu beraten?
Die klassischen Risiken, also Feuer, Leitungswasser, ED, Betriebsunterbrechung haben nach wie vor eine hohe Relevanz. Und es besteht hier weiterhin ein hoher Beratungsbedarf. Aktuell und zukünftig sind Naturgefahren, Hochwasser und Starkregen ein großes Thema.
Auch die Gefahren im digitalen Raum werden weiter zunehmen; daher sollte eine Beratung immer auch den Cyberschutz umfassen. Die wachsende Gefahr wird von den KMU auch gesehen: 37 Prozent der befragten KMU gehen davon aus, dass das Risiko, Opfer eines Cyberangriffs zu werden, in den nächsten 12 Monaten zunehmen bzw. stark zunehmen wird. 2023 waren es 34 Prozent. 49 Prozent erwarten, dass die Gefahr gleichbleibt; und nur zwei Prozent gehen von einem sinkenden Risiko aus.
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Der demografische Wandel stellt viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ebenfalls vor große Herausforderungen – nicht nur beim Fachkräftemangel, sondern auch bei der Unternehmensnachfolge. Dass die Babyboomer in den Ruhestand gehen, hat direkte Auswirkungen: In zahlreichen Familienbetrieben steht bald eine Übergabe an die nächste Generation an. Doch nicht überall gibt es bereits einen Nachfolger aus der eigenen Familie.
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- „Versicherungsschutz wird in der Regel teurer“