Die Versicherungswirtschaft in Deutschland zeigt sich weiterhin robust gegenüber den gesamtwirtschaftlichen Unsicherheiten. Das geht aus dem aktuellen „Konjunkturtest Versicherungswirtschaft“ hervor, den der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vierteljährlich vom ifo-Institut durchführen lässt. Im vierten Quartal 2024 bewerteten die befragten Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage mit 23,4 Punkten deutlich besser als im langjährigen Durchschnitt von 12 Punkten.

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Auch die Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate lagen mit 27,7 Punkten weit über ihrem langjährigen Mittel von 13,8 Punkten. Das Geschäftsklima in der Versicherungswirtschaft erreicht per Saldo mit 25,5 Punkten den höchsten Stand seit Beginn der Corona-Pandemie.

Insgesamt präsentiert sich das Geschäftsklima in der Versicherungsbranche stabil: „Während es in der gewerblichen Wirtschaft derzeit bei einem Saldo von minus 24,4 Punkten liegt, ist das Geschäftsklima in der Versicherungswirtschaft mit 25,5 Punkten gut 50 Punkte höher“, kommentiert Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV, die Ergebnisse. Besonders positiv entwickelte sich die Lebensversicherung, die vor allem vom Einmalbeitragsgeschäft profitierte.

Lebensversicherung: Deutlicher Aufschwung zum Jahresende

Ein deutlicher Aufwärtstrend zeigt sich in der Lebensversicherung, die ihre Geschäftslage mit 47,3 Punkten spürbar über dem langjährigen Mittelwert von 14,1 Punkten bewertet. Zudem liegt die Bewertung des Geschäftsklimas mit 49 Punkten wieder deutlich über dem langfristigen Mittelwert von 15,1 Punkten.

Besonders positiv wird das Neugeschäft gegen laufenden Beitrag eingeschätzt, das mit 70,3 Punkten ein sehr hohes Niveau erreicht. Der ab Januar 2025 gültige höhere Höchstrechnungszins von 1,0 % dürfte zukünftige Erwartungen weiter positiv beeinflussen. Die Erwartung der Unternehmen zum zukünftigen Neugeschäft gegen Einmalbetrag steigt auf 27,4 Punkten und liegt damit deutlich über dem langfristigen Mittelwert von 4,1 Punkten.

ifo-Institut / GDV

Die befragten Unternehmen bewerten das Geschäftsklima in den verschiedenen Lebensversicherungsprodukten unterschiedlich. Fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen verzeichnen dabei eine deutliche Stimmungsverbesserung und liegen deutlich über dem langfristigen Durchschnitt. Im Gegensatz dazu hat sich die Einschätzung des Geschäftsklimas bei Kapitalversicherungen verschlechtert. Bei der klassischen Rentenversicherung zeigt sich zwar ebenfalls eine Verbesserung der Stimmung, doch mit -4,3 Punkten bleibt das Geschäftsklima weiterhin unter dem langfristigen Durchschnitt von 9,8 Punkten.

Private Krankenversicherung: Geschäftsklima bleibt unter Druck – Zusatzversicherungen positiv bewertet

Die Private Krankenversicherung (PKV) zeigt im vierten Quartal 2024 eine leicht verbesserte Geschäftslage. Mit 7,7 Punkten liegt die Einschätzung jedoch weiterhin unter dem langfristigen Mittelwert von 13,2 Punkten. Während die PKV zuletzt deutliche Beitragsanpassungen umsetzen konnte, sieht sie sich gleichzeitig mit steigenden Leistungsausgaben konfrontiert. Dieses Spannungsfeld belastet auch die Geschäftserwartungen: Mit -14,3 Punkten liegen diese deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt von 9,7 Punkten und sind im Vergleich zum Vorquartal sogar um 1,6 Punkte gesunken.

ifo-Institut / GDV

Unterschiedlich entwickelt sich das Geschäftsklima in den beiden Bereichen der PKV: In der Vollversicherung hat sich das Geschäftsklima weiter verschlechtert und liegt nun unter dem langfristigen Mittelwert von 4,6 Punkten. Hier belasten steigende Leistungsausgaben und Unsicherheiten über die zukünftige Entwicklung die Stimmung. Anders sieht es in der Zusatzversicherung aus: Mit 27,5 Punkten bleibt das Geschäftsklima positiv und liegt sogar über dem langfristigen Durchschnitt von 19,9 Punkten. Zusatzversicherungen, insbesondere Zahnzusatz- und Pflegezusatzversicherungen, profitieren von der hohen Nachfrage nach ergänzenden Gesundheitsleistungen.

Besonders problematisch bleibt die Einschätzung zur Leistungsentwicklung: Der aktuelle Lagewert liegt bei -65,1 Punkten und damit deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt von -33 Punkten. Zwar zeigt sich eine leichte Verbesserung im Vergleich zum Vorquartal, doch die Entwicklung bleibt stark belastet. Auch die Erwartungen zur zukünftigen Leistungsentwicklung bleiben pessimistisch: Mit -41,7 Punkten liegen sie nahe am langfristigen Mittelwert von -39,5 Punkten.

Kompositversicherung: Geschäftsklima leicht eingetrübt – Sorge vor steigenden Schadensaufwänden

Zum Jahresende 2024 hat sich das Geschäftsklima in der Kompositversicherung leicht verschlechtert. Wie aus dem aktuellen „Konjunkturtest Versicherungswirtschaft“ hervorgeht, sank der Saldo im Vergleich zum dritten Quartal um 11,3 Punkte und liegt nun bei 12,5 Punkten. Damit wird das Geschäftsklima von den befragten Schaden- und Unfallversicherern etwas besser als im langfristigen Durchschnitt eingeschätzt, doch die Erwartungen für die kommenden Monate trüben sich ein.

Der Rückgang des Geschäftsklimas ist vor allem auf gesunkene Geschäftserwartungen zurückzuführen. Diese fielen von 46,4 Punkten im Vorquartal auf 23,2 Punkte. Trotz des deutlichen Rückgangs liegen die Erwartungen damit weiterhin über dem langfristigen Mittelwert von 11,5 Punkten. Im Gegensatz dazu blieb die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage relativ stabil und wurde mit 2,4 Punkten fast unverändert zum Vorquartal (3,2 Punkte) eingeschätzt.

ifo-Institut / GDV

Während die Einschätzung der aktuellen Schadenentwicklung positiv ausfällt und mit 8,9 Punkten über dem langfristigen Durchschnitt liegt, zeigen sich die Erwartungen zur zukünftigen Schadenentwicklung deutlich pessimistischer. Fast 48 % der befragten Unternehmen rechnen mit einer ungünstigeren Schadenentwicklung im kommenden Jahr – eine deutliche Zunahme im Vergleich zum Vorquartal, als nur rund 21 % von einer Verschlechterung ausgingen.

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Diese steigende Unsicherheit spiegelt sich auch im Saldo der Erwartungen zur Schadenentwicklung wider, der von 10 Punkten auf -31 Punkte gesunken ist.