LVM-Vorstandsvorsitzender: 'Wir glauben an das Potenzial der betrieblichen Altersvorsorge'
Die LVM Versicherung kann auf ein gutes Geschäftsjahr 2024 zurückblicken. Einige Sparten haben besonders zum Wachstum beigetragen, aber auch neu eingeführte Produkte entwickeln sich erfreulich. Im Interview erklärt LVM-Vorstandsvorsitzender Dr. Mathias Kleuker, welche Faktoren entscheidend für den Erfolg waren, wie das Unternehmen auf steigende Schadenhöhen durch Klimaveränderungen reagiert und wo die größten Zukunftspotenziale liegen.
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Die LVM Versicherung konnte 2024 ein Beitragswachstum von 9,1 Prozent verzeichnen. Welche Faktoren haben aus Ihrer Sicht besonders zu diesem Erfolg beigetragen?
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Mit 9,1 Prozent liegt das Beitragswachstum des LVM-Konzern 2024 weit über dem des Vorjahres (6,1 Prozent). Erneut verzeichneten die Kraftfahrtversicherung und die Sachversicherung als größte Sparten der Konzernmutter das stärkste Beitragswachstum. Diese Entwicklung wurde insbesondere getragen durch eine sehr gute Vertriebsleistung, ist aber auch auf branchenweit notwendig gewordene Beitragsanpassungen zurückzuführen.
In der gesamten Branche waren Beitragsanpassungen notwendig, um gestiegene Kosten aufzufangen. Wie beurteilen Sie die Akzeptanz dieser Anpassungen bei den Kunden?
Beitragsanpassungen sind ein Branchenthema, dem sich auch die LVM nicht entziehen konnte. Die Versicherungsbranche hat insgesamt mit deutlich gestiegenen Kosten zu tun, bedingt vor allem durch die Entwicklung im Baugewerbe sowie im Kfz-Bereich. Beispielhaft hierfür stehen die enorm gestiegenen Werkstatt- und Ersatzteilpreise. Um Verständnis für die Anpassungen zu schaffen, haben wir gegenüber unseren Kfz-Versicherten die Gründe für diese leider notwendige Maßnahme erläutert – etwa in persönlichen Gesprächen mit unseren LVM-Agenturen. Unser Eindruck ist, dass die Kunden die Gründe weitestgehend nachvollziehen konnten.
Gab es spürbare Reaktionen oder Wechselbewegungen?
In der Kraftfahrtversicherung haben wir über das Gesamtjahr 494.000 KH-Verträge brutto hinzugewonnen und sind damit im Bestand um 119.600 KH-Verträge gewachsen. Auf die letzten 5 Jahre geblickt, ergibt sich ein Plus von 555.000 versicherten Fahrzeugen; im 10-Jahreszeitraum sind es sogar über 1 Million Fahrzeuge mehr. Im Jahresendgeschäft waren bedingt durch die marktweiten Anpassungen stärkere Wechselbewegungen zu sehen. Wir haben hier einen leicht negativen Saldo von -13.800 KH-Verträgen verzeichnet. Auch in der Sachversicherung sind wir weitergewachsen, ohne dass es zu außergewöhnlichen Bewegungen kam.
Die LVM hat über 320.000 Neukunden und 1,3 Millionen neue Verträge gewonnen. Welche Sparten und Produkte haben dabei besonders stark zum Wachstum beigetragen?
Das Wachstum geht wesentlich auf die Sparten Kraftfahrt- und Sachversicherung zurück. Erfreulich ist, dass auch unsere noch jungen Produkte bei den Kunden gut ankommen: Unsere im Jahr 2021 eingeführte Reiserücktrittsversicherung wächst weiter stark und auch unsere erst Anfang letzten Jahres eingeführte Tierkrankenversicherung läuft gut an.
2024 war ein Jahr mit vergleichsweise wenig Großschadenereignissen. Dennoch wurden 960.000 Schäden mit über 2,4 Milliarden Euro reguliert. Wie bewerten Sie den Einfluss des Klimawandels auf zukünftige Schadenhöhen?
Die Trendrichtung ist trotz des relativ ruhigen Schadenjahres 2024 eindeutig: In Zukunft ist mit häufigeren und intensiveren Naturereignissen wie Überschwemmungen, Stürmen und Hagel zu rechnen. Diese sorgen oftmals auch für Schäden von extremer Ausprägung bis hin zu Totalschäden. Insofern gehen wir davon aus, dass auch die Schadenaufwände weiter ansteigen werden.
Wie sind sie als Versicherer auf zunehmend extreme Wetterereignisse vorbereitet?
Gerade extreme Unwetterereignisse können eine eigene Dynamik entwickeln. Wir haben deshalb ein Risikomanagement etabliert, mit dem wir schnell handlungsfähig sind, um betroffenen Kunden zu helfen. Dazu gehören die eingespielten Abläufe zwischen unseren LVM-Agenturen und dem Innendienst, aber auch die zügige Abstimmung mit Dienstleistern, Sachverständigen und Handwerksunternehmen. Dass wir das selbst in schwierigen Situationen offenbar gut hinbekommen, zeigen uns die positiven Kundenfeedbacks, die wir nach derartigen Ereignissen erhalten.
Wie hat sich das Portfolio der LVM in der aktuellen Zinslandschaft entwickelt und welche Anlagestrategien verfolgen Sie für die Zukunft?
Im vergangenen Jahr haben sich die Anlageklassen Aktien und Unternehmensanleihen positiv entwickelt. Allerdings rechnen wir auch 2025 mit einer erhöhten Volatilität an den Märkten aufgrund weiterhin bestehender wirtschaftlicher und politischer Unsicherheiten. Ein aktives Risikomanagement bleibt deshalb ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Investmentprozesses.
Die Sparten Kranken- und Lebensversicherung haben ein Rekordjahr beim Neugeschäft verzeichnet. Wo sehen Sie hier besonders große Potenziale?
In der Sparte Kranken hat zu unserem Rekord-Neugeschäft allem voran unsere Krankenvollversicherung beigetragen. Hier profitieren wir davon, dass die Kundinnen und Kunden bei der Entscheidung für eine Krankenvollversicherung zunehmend auch auf Aspekte wie sehr gute Unternehmenskennzahlen und langfristige Beitragsstabilität achten. Beides wird uns in diversen Ratings bescheinigt. Entsprechend sehen wir für uns im Vertrieb von Krankenvollversicherungen auch künftig großes Potenzial. Gleiches gilt für den Vertrieb von Zahnzusatzversicherungen, der bei uns im vergangenen Jahr so gut gelaufen ist wie noch nie. Hier verstetigt sich der Trend, dass sich Kundinnen und Kunden insbesondere für diejenigen Krankenzusatzprodukte interessieren, von denen sie potenziell einen zeitnahen Nutzen haben.
In der Sparte Leben können wir das Rekord-Neugeschäft an unserer Fonds-Rente festmachen. Deren Vertrieb hat kräftig angezogen, seit wir vor bald fünf Jahren – auf Wunsch unserer LVM-Vertrauensleute – ETFs in die Fondspalette mit aufgenommen haben. Weil wir hier weiterhin großes Potenzial ausmachen, bringen wir diesen Monat eine modernisierte Fonds-Rente auf den Markt: Künftig können unsere Vertrauensleute beispielsweise zwischen verschiedenen Fondskonzepten wählen. Das ermöglicht ihnen eine vereinfachte und beschleunigte Beratung, mit der sie gleichwohl den verschiedenen Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden gerecht werden.
Wie schätzen Sie die Zukunft der betrieblichen Altersvorsorge ein?
Die betriebliche Altersversorgung ist ein wesentlicher Baustein in der Alterssicherung – allerdings weist sie auch dringenden Reformbedarf auf. Dass die bAV-Verbreitungsquote in den vergangenen Jahren sogar leicht gesunken ist, kommt nicht von ungefähr. Wir bei der LVM glauben an das Potenzial der bAV. Deswegen etablieren wir sie derzeit als dritte Produktsäule, auf die unser Lebensversicherungsgeschäft aufbaut. Bei den anderen beiden Säulen handelt es sich um unsere Fonds-Rente, die eben schon Thema gewesen ist, und unsere Berufsunfähigkeitsversicherung.
Um den Vertrieb im Bereich bAV anzukurbeln, haben wir zuletzt unsere Produktpalette kräftig aufgefrischt. Als Aushängeschild dient hier unsere „LVM-Direktversicherung FutureNow“, die sowohl bei unseren LVM-Vertrauensleuten als auch bei Kundinnen und Kunden sehr gut ankommt. Darüber hinaus unterstützen wir unsere Agenturen im bAV-Vertrieb mit einem Arbeitgeber- und mit einem Arbeitnehmer-Berechnungstool. Mit Hilfe dieser Tools können die Vertrauensleute im Beratungsgespräch unterschiedliche Anwendungsfälle durchrechnen und ihre Empfehlungen direkt mit den passenden Zahlen untermauern.