LVM-Vorstandsvorsitzender: 'Wir werden uns dem digitalen Vertrieb weiter öffnen'
Nach dem guten Geschäftsjahr 2024 schraubt die LVM Versicherung an der Zukunft. Im Interview erklärt LVM-Vorstandsvorsitzender Dr. Mathias Kleuker, wie es um die persönliche Beratung bestellt ist, welche Rolle ein Talentpool im Unternehmen spielen soll und welche drei Wachstumsfelder in den Blick genommen werden.

Welche Rolle spielen digitale Vertriebswege für das Wachstum der LVM?
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Die digitale Vertriebsstrategie sichert unseren bisherigen Erfolgskurs ab. Mit ihr reagieren wir auf das veränderte Kundenverhalten und die veränderte Wettbewerbssituation. Wir werden uns dem digitalen Vertrieb weiter öffnen, weil wir beobachten, dass LVM-Kundinnen und Kunden zunehmend hybrid agieren und aus analogen und digitalen Kommunikationswegen den jeweils besten für sich auswählen. Aus diesem Grund kombiniert die LVM mit ihrer digitalen Vertriebsstrategie den Komfort eines digitalen Abschlusses mit den Vorteilen der persönlichen Beratung durch die Agenturen. Online abgeschlossene Verträge werden konsequent einer Agentur zugeordnet. Die LVM nimmt damit ein Alleinstellungsmerkmal im Markt ein.
Ist die persönliche Beratung weiterhin das wichtigste Standbein oder gewinnt der Online-Abschluss zunehmend an Bedeutung?
Im Zentrum steht weiterhin die persönliche Beziehung der Vertrauensleute zu ihren Kunden. Grundsätzlich bleiben unsere Kunden beim Abschluss von Versicherungsprodukten „Vertreter-affin“ und schätzen die individuelle Beratung, schließen aber auch schon mal eine Versicherung – bei uns oder woanders – online ab.
Angesichts der steigenden Kundenakzeptanz für digitale Vertriebswege sehen wir hier zusätzliches Potenzial – nicht zuletzt auch durch neue Kundinnen und Kunden. Wir öffnen uns daher zunehmend dem Onlinevertrieb – wobei jeder online abgeschlossene Vertrag konsequent einer Agentur zugeordnet wird. Zu unseren Online-Abschlussstrecken zählen: Moped, E-Scooter, kurzfristige Autoversicherung, Reiserücktritt, Auslandsreisekranken, Verkehrs-Rechtsschutz, Hundehalterhaftplicht und mittlerweile auch Zahnzusatzversicherungen.
Sie planen über 500 Neueinstellungen in 2025. Wie begegnen Sie dem allgemeinen Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche?
Um dem Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche zu begegnen, hat die LVM Versicherung verschiedene Maßnahmen ergriffen und plant, diese weiter auszubauen. Hier einige Beispiele: Ein neues Employer-Branding-Team wurde gegründet, um die Gewinnung neuer Fachkräfte weiter zu professionalisieren und gleichzeitig die Mitarbeiterbindung zu stärken. Zudem wird die proaktive Talentsuche intensiviert, um gezielt Fachkräfte anzusprechen. Parallel dazu wird das Bewerbermanagement optimiert, um den Bewerbungsprozess effizienter und attraktiver zu gestalten. Ein weiterer Schritt ist die Etablierung eines Talentpools, um potenzielle Kandidaten langfristig zu binden und bei Bedarf schnell rekrutieren zu können. Ergänzend wurde das Format „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“ als Instrument zur Mitarbeitergewinnung eingeführt.
Besonderen Wert legt die LVM auf die Nachwuchsförderung: Die kontinuierliche Investition in die betriebsinterne Ausbildung und das duale Studium zielt darauf ab, alle Absolventen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Diese umfassenden Maßnahmen helfen der LVM, dem Fachkräftemangel aktiv entgegenzuwirken und gleichzeitig die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu stärken.
Welche strategischen Schwerpunkte setzen Sie für 2025, um die Marktposition weiter auszubauen?
In den kommenden Jahren verfolgen wir unseren klaren Wachstumsfokus weiter. Dabei nehmen wir insbesondere drei Wachstumsfelder in den Blick: Die stetige Verbesserung unseres Produktangebots im Privatbereich, damit es sowohl für Kundinnen und Kunden attraktiver wird als auch einfach vermittelbar für unsere LVM-Agenturen ist. Zudem investieren wir stark in die Gewinnung junger Kundinnen und Kunden im Alterssegment 18 bis 30 Jahren sowie in den Ausbau des Gewerbegeschäfts.
Nachhaltigkeit wird für Versicherer immer wichtiger – sowohl bei der Kapitalanlage als auch im Risikomanagement. Wie positioniert sich die LVM in diesem Bereich und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie?
Seit 2024 ist Nachhaltigkeit als eigenes Strategiefeld in der Unternehmensstrategie verankert. Das zeigt die große Bedeutung des Themas, nicht nur in der Kapitalanlage. Für die Kapitalanlage der LVM bedeutet Nachhaltigkeit, durch verantwortungsvolle Investitionen die Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen und gleichzeitig Risiken zu vermeiden und Renditechancen zu nutzen.
Dabei verfolgen wir insbesondere drei Ansätze: Zum einen gestalten wir unsere Kapitalanlage so um, dass wir die CO2-Emissionen unserer Kapitalanlage bis 2050 auf Netto-Null reduzieren. Dies erreichen wir mittels mittelfristiger Etappenziele, die wir als Mitglied der Net Zero Asset Owner-Alliance auch regelmäßig veröffentlichen. Zudem haben wir uns entschieden, mit dem Engagementspezialisten EOS / Federated Hermes als strategischem Partner zusammenzuarbeiten, deren Spezialisten für Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Umsetzung von Voting und Engagement unterstützen. Durch die Bündelung der Kräfte bei EOS bieten sich größere Einflussmöglichkeiten auf die Unternehmen. Konkret verfolgen wir das Ziel, den Engagement-Ansatz bei mindestens 20 der größten CO2-Emittenten unseres Portfolios börsennotierter Aktien und Unternehmensanleihen umzusetzen.
Darüber hinaus haben wir für stark CO2-emittierende Sektoren klimabezogene Ausschlusskriterien eingeführt. Zudem haben wir in den vergangenen Jahren verstärkt in nachhaltige Anlagen in den Bereichen Infrastruktur und erneuerbare Energien investiert.
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