Im konkreten Fall hatte ein ehemaliger Berufssportler eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen und nach einer schweren Verletzung Leistungen aus dieser Versicherung beantragt. Die Versicherung erkannte die Leistung zunächst rückwirkend an und zahlte eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente bis zum 31. März 2020. In ihrem Schreiben begründete die Versicherung die Befristung unter anderem mit einer telefonischen Mitteilung des Sportlers, wonach er wieder mit dem Training begonnen habe.

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In dem Schreiben hieß es unter anderem: „Sie erhalten vom 01.08.2019 bis zum 31.03.2020 befristet Leistungen gemäß § 9 (1) der allgemeinen Versicherungsbedingungen der Tarifgruppe SBU … aus Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung.“

Weiterhin teilte die Versicherung mit, dass der Kläger nicht mehr arbeitsunfähig sei und daher die Zahlungen über den genannten Zeitraum hinaus eingestellt würden. Der Kläger hielt diese Entscheidung für unzulässig und klagte auf weitere Zahlungen bis Januar 2022.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth gab der Klage in erster Instanz weitgehend statt und verurteilte die Versicherung zur Zahlung von über 57.000 Euro. Das OLG Nürnberg bestätigte dieses Urteil und wies die Berufung der Versicherung zurück. Schließlich würde eine pauschale Behauptung des verbesserten Gesundheitszustands nicht ausreichen, um Leistungen auch wieder wirksam einstellen zu können.

Die entscheidenden Punkte:

  • Unzulässige rückwirkende Befristung: Das Gericht stellte fest, dass die Versicherung mit ihrem Schreiben eine unbefristete Leistungszusage abgegeben hatte. Eine rückwirkende Befristung sei grundsätzlich unzulässig.
  • Unzureichende Begründung für Leistungseinstellung: Das OLG Nürnberg stellte klar, dass eine pauschale Behauptung einer gesundheitlichen Besserung nicht ausreicht, um Leistungen einzustellen. Vielmehr sei eine fundierte Vergleichsbetrachtung erforderlich, aus der hervorgeht, wie sich der Gesundheitszustand des Versicherten konkret verbessert habe.
  • Formale Anforderungen an die „uno actu“-Entscheidung: Die Entscheidung zur Leistungseinstellung muss bereits im ursprünglichen Schreiben nachvollziehbar und schlüssig dargelegt werden. Das bloße Verweisen auf telefonische Angaben des Versicherten sei nicht ausreichend.

„Mit dieser Entscheidung stärkt das OLG Nürnberg die Rechte der Versicherungsnehmer und stellt hohe Anforderungen an Versicherer, wenn sie sich auf eine Verbesserung des Gesundheitszustandes berufen“, erklärt Rechtsanwalt Tobias Strübing von der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte.

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat damit die Anforderungen an die Begründung der Leistungseinstellung durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung noch einmal weiter konkretisiert. Das Gericht stellte klar, dass eine Leistungseinstellung nur dann wirksam ist, wenn sie nachvollziehbar und detailliert begründet wird. „Versicherungsnehmer aber auch Versicherungsvermittler, die von einer plötzlichen Leistungseinstellung betroffen sind, sollten prüfen, ob die Begründung der Versicherung den vom OLG Nürnberg aufgestellten Anforderungen entspricht.“, rät Strübing.

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