Die erst Anfang des Jahres erhöhten Beitragssätze für die Pflegeversicherung reichen offenbar nicht aus. So berichtete der Tagesspiegel, dass eine deutsche Pflegekasse beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) einen Antrag auf Finanzhilfen gestellt hat. Dies wurde mittlerweile von BAS-Chef Frank Plate gegenüber der Wirtschaftswoche bestätigt: „Der Antrag einer Pflegekasse ist eingegangen, der die Bewilligung einer Finanzhilfe bis einschließlich Dezember 2025 umfasst.“ Um welche Pflegekasse es sich genau handelt, wollte Plate nicht kommentieren, es seien aber rund 500.000 Menschen dort versichert.

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Bei einer weiteren Verschärfung der Finanzlage sei es wahrscheinlich, dass weitere Anträge gestellt werden, so Plate. Auch die Vorständin des Dachverbands der Betriebskrankenkassen (BKK), Anne-Kathrin Klemm, rechnet mit weiteren Anträgen auf Finanzhilfe. Dann obwohl kurzfristig ein Ausgleichsfonds greift, muss dieser von den Kassen getragen werden, die am Ende des Monats genügend Geld übrig haben. Dadurch geraten diese Kassen selbst in finanzielle Schwierigkeiten.

Auch Krankenkassen unter Druck

Die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, hatte bereits im Januar in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur davon gesprochen, dass einzelne Pflegekassen bald auf Liquiditätshilfen angewiesen sein könnten (Versicherungsbote berichtete).

Zudem hatte sie kürzlich vor finanziellen Engpässen bei den Krankenkassen gewarnt und Union sowie SPD aufgefordert, dieses Thema in ihre Koalitionssondierungen aufzunehmen. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland betonte sie die Notwendigkeit, den kontinuierlichen Ausgabenanstieg zu begrenzen. Laut Pfeiffer belief sich das Defizit der Krankenkassen im vergangenen Jahr auf 6,2 Milliarden Euro – 700 Millionen Euro mehr als zunächst prognostiziert.

Damit geraten nicht nur die Pflegekassen, sondern auch die Krankenkassen zunehmend unter finanziellen Druck. So warnte BAS-Chef Plate gegenüber der Wirtschaftswoche: „Es könnte sein, dass die Beitragssatzanhebung nicht ausreicht, um die Leistungsfähigkeit für das gesamte Jahr 2025 zu sichern.“

Belastung durch pandemiebedingte Sonderausgaben

Zusätzlich zu den strukturellen Herausforderungen verursachte die COVID-19-Pandemie erhebliche finanzielle Belastungen. Um die Pflegeinfrastruktur zu sichern, wurden zahlreiche Sondermaßnahmen eingeführt, darunter regelmäßige Testungen in Pflegeeinrichtungen, die Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstung und Bonuszahlungen für Pflegepersonal. Allein für pandemiebedingte Maßnahmen flossen laut dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) rund 5,3 Milliarden Euro aus den Mitteln der Pflegeversicherung. Gleichzeitig entstanden durch Quarantänemaßnahmen und Einnahmeausfälle weitere Kosten, die aus den Rücklagen der Pflegeversicherung gedeckt werden mussten.

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Diese Rücklagen, ursprünglich für reguläre Pflegeleistungen vorgesehen, wurden dadurch fast vollständig aufgebraucht. Obwohl die Bundesregierung Steuerzuschüsse bereitstellte, reichten diese nicht aus, um die finanzielle Stabilität der Pflegeversicherung nachhaltig zu sichern. Kritiker, wie die Deutsche Stiftung Patientenschutz, bemängeln, dass der Bund diese außerordentlichen Ausgaben nicht vollständig kompensiert hat. Stattdessen wurden reguläre Mittel der Pflegeversicherung zweckentfremdet, wodurch das System weiter geschwächt wurde.