Wie Allianz, Generali & Co. Klimarichtlinien einhalten
Der Klimawandel stellt die Versicherungsbranche vor wachsende Herausforderungen. Eine neue Studie zeigt, dass die Versicherungslücke in Mittel- und Osteuropa alarmierend groß ist – mit drastischen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. Doch wie reagieren die großen Versicherer in der Region? Ein aktuelles Ranking nimmt Allianz, Generali, UNIQA und VIG unter die Lupe.

Die Auswirkungen des Klimawandels werden auch für die Versicherungsbranche immer spürbarer. Eine aktuelle Studie von Insure Our Future und Re-set zeigt, dass Versicherer in Mittel- und Osteuropa (CEE) noch nicht ausreichend auf die Herausforderungen der Klimakrise reagieren. Besonders die „Climate Protection Gap“ – also die Lücke zwischen tatsächlichen Klimaschäden und versicherten Verlusten – stellt eine wachsende Bedrohung für Wirtschaft und Gesellschaft dar. Die Studie analysiert die Klimapolitiken von vier großen Versicherern der Region: Allianz, Generali, UNIQA und Vienna Insurance Group (VIG).
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Wachsende Klimarisiken und unzureichender Versicherungsschutz
Die Studie betont die zunehmenden klimabedingten Schäden in der CEE-Region. Während Naturkatastrophen wie Dürren und Überschwemmungen immer häufiger werden, bleibt die Versicherungsdichte gering. Während in Westeuropa durchschnittlich 25 % der Klimaschäden versichert sind, liegt dieser Anteil in Osteuropa oft nur bei 5,5 %. Infolgedessen müssen Staaten und Steuerzahler für einen Großteil der Schäden aufkommen.
Zudem steigen die Kosten für Rückversicherungen weltweit. In der ersten Jahreshälfte 2024 erhöhten sich die Preise um bis zu 50 %, was sich in höheren Prämien für Verbraucher niederschlagen könnte. Besonders einkommensschwache Haushalte in Risikogebieten könnten sich bald keine Policen mehr leisten.
Ranking: Welche Versicherer setzen auf Klimaschutz?
Das Ranking der vier größten Versicherer in der CEE-Region zeigt deutliche Unterschiede in ihren Klimapolitiken. Während einige Unternehmen Fortschritte bei der Dekarbonisierung machen, bleibt bei anderen erheblicher Nachholbedarf.
Generali
Die italienische Versicherung schneidet am besten ab. Generali hat sich als erstes Unternehmen weltweit verpflichtet, keine neuen Öl- und Gasprojekte mehr zu versichern. Im Oktober 2024 ging das Unternehmen noch weiter und verkündete als erster globaler Versicherer, dass auch keine neuen Flüssigerdgas-Terminals (LNG) oder Gaskraftwerke mehr versichert werden. Während neue Öl- und Gasprojekte in der gesamten Wertschöpfungskette ausgeschlossen sind, gibt es Einschränkungen für Midstream- und Downstream-Projekte. Diese werden nur dann nicht versichert, wenn die betroffenen Unternehmen als „Übergangsverzögerer“ („transition laggards“) eingestuft werden. Damit könnten einige Unternehmen weiterhin Versicherungsschutz für ihre fossilen Infrastrukturen erhalten.
Auch beim Kohleausstieg verfolgt Generali eine strikte Strategie. Der Versicherer hat sich dazu verpflichtet, keine neuen Kohleminen oder Kohlekraftwerke mehr zu versichern. Der vollständige Ausstieg aus der Kohleversicherung soll in OECD-Staaten bis 2030 erfolgen, weltweit bis 2038. Wie viele andere Versicherer berücksichtigt Generali jedoch metallurgische Kohle – ein essenzieller Rohstoff für die Stahlproduktion mit erheblichem Einfluss auf den CO₂-Ausstoß – nicht in seiner Ausschlusspolitik.
Allianz
Der Münchener Versicherer liegt auf Platz zwei. Sie zählt zu den weltweit elf Versicherern, die sich verpflichtet haben, keine neuen Öl- und Gasprojekte mehr zu versichern – sowohl konventionelle als auch unkonventionelle Fördermethoden. Zudem wird der Versicherungsschutz für den Bau neuer Öl-Infrastrukturen im Midstream-Bereich ausgeschlossen. Für bestehende Kunden mit Expansionsplänen in der Öl- und Gasbranche gelten diese Einschränkungen nicht.
Seit Februar 2023 setzt die Allianz auf einen schrittweisen Kohleausstieg, mit dem Ziel, bis 2030 sämtliche Kohleprojekte aus dem Portfolio zu eliminieren. Bis 2025 soll der Anteil von Kohleversicherungen um 15 % reduziert werden, bis 2029 auf 5 % (mit einer 10 %-Toleranz für Asien). Allerdings schließt das Unternehmen derzeit nur thermische Kohle aus, während metallurgische Kohle nicht in die Richtlinien aufgenommen wurde.
UNIQA
Die österreichische UNIQA landet auf Platz drei. Ihr Klimaschutzplan sieht den Stopp neuer Ölversicherungen ab 2024 und Gasversicherungen ab 2025 vor, mit einem vollständigen Ausstieg bis 2035. Zudem plant das Unternehmen, bis 2030 alle Portfolio-Positionen in Unternehmen abzubauen, die mehr als 5 % ihres Umsatzes aus Öl generieren, und bis 2035 auch solche mit hohem Gasanteil. Die Policy bezieht sich allerdings nur auf Unternehmen als Ganzes, nicht jedoch auf spezifische Projekte. Dadurch könnte UNIQA weiterhin Energieunternehmen versichern, die neue Öl- und Gasprojekte entwickeln, solange deren Gesamteinnahmen unter den definierten Schwellenwerten bleiben.
Bereits seit 2019 verzichtet UNIQA darauf, neue Kunden zu versichern, die mehr als 30 % ihres Umsatzes mit Kohle erzielen. 2023 wurde die Grenze weiter verschärft: Unternehmen mit mehr als 5 % Kohleanteil sollen ab 2030 keine Versicherung mehr erhalten. Es gibt jedoch Schlupflöcher, die es ermöglichen, weiterhin Kohleprojekte abzusichern. Zudem berücksichtigt die Richtlinie nur thermische Kohle – metallurgische Kohle bleibt unberührt.
Vienna Insurance Group (VIG)
Schlusslicht des Rankings ist VIG. Bis März 2024 hatte die Versicherung keinerlei Öl- und Gasrichtlinien. Erst mit der neuen Policy, die im Juli 2024 veröffentlicht wurde, nimmt das Unternehmen Abstand von der Versicherung unkonventioneller Fördermethoden wie Fracking, Ölsanden und Tiefsee-Bohrungen. Allerdings beschränkt sich VIG nur auf unkonventionelle Fördermethoden. Konventionelle Öl- und Gasprojekte bleiben weiterhin versicherbar.
Bereits seit 2019 versichert VIG keine neuen Kohleminen oder Kohlekraftwerke mehr. Die im März 2024 aktualisierte Policy sieht zudem vor, bestehende Versicherungen für Kohleunternehmen schrittweise zu reduzieren. Die Richtlinien betreffen allerdings nur thermische Kohle – metallurgische Kohle bleibt ausgenommen. Auch fehlt ein klarer Zeitplan für den vollständigen Kohleausstieg.
Über das Ranking
Die Bewertung der Versicherer basiert auf der von Reclaim Finance entwickelten Methodik, die auch in der globalen Scorecard verwendet wird. Dazu dient ein umfassendes Bewertungssystem mit 49 Fragen, das sich auf öffentlich zugängliche Informationen zu Investitionen in fossile Brennstoffe und Versicherungspraktiken stützt.
Der erste Teil der Analyse bewertet die Versicherungsrichtlinien der Unternehmen, indem geprüft wird, welche Infrastrukturen ausgeschlossen werden, ob die Richtlinien für neue und bestehende Projekte gelten und inwiefern sie mit dem 1,5°C-Klimaziel sowie Reduktionsvorgaben für Treibhausgasemissionen übereinstimmen.
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Der zweite Teil untersucht die Investitionsrichtlinien der Versicherer. Dabei werden der Umfang und die Art der Ausschlüsse für Investitionen in Kohle, Öl und Gas bewertet sowie überprüft, ob klare Ziele für nachhaltige Energieinvestitionen gesetzt wurden.