Vertriebler setzt sich gegen Altersdiskriminierung durch
Altersdiskriminierung bleibt ein heiß diskutiertes Thema in vielen Bereichen unseres Lebens. Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln stärkt nun die Rechte älterer Arbeitnehmer. Besonders betroffen sind Beschäftigte im Vertrieb, deren Vergütung oft direkt mit ihrem Arbeitsgebiet verknüpft ist, erklärt Rechtsanwalt Dr. Tim Banerjee.

Die Benachteiligung von Arbeitnehmern aufgrund ihres Alters bleibt ein häufig diskutiertes Thema in der Arbeitswelt. Das Landesarbeitsgericht Köln stellt sich mit einem aktuellen Urteil auf die Seite der Betroffenen.
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Altersdiskriminierung ist ein wichtiges Thema im Arbeitsrecht, da sie direkt mit der Chancengleichheit und dem Schutz älterer Arbeitnehmer in Verbindung steht. Sie liegt vor, wenn eine Person aufgrund ihres Alters benachteiligt wird, sei es bei der Einstellung, der Beförderung oder anderen arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie der Zuweisung von Arbeitsgebieten oder der Kündigung. Das deutsche Arbeitsrecht und europäische Vorschriften setzen klare Maßstäbe für den Schutz vor altersbedingter Diskriminierung, allerdings bleibt die Praxis oft umstritten.
Der Schutz vor Altersdiskriminierung ist in Deutschland durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt, das auf der europäischen Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (RL 2000/78/EG) basiert. Gemäß § 1 AGG ist das Ziel des Gesetzes, Diskriminierungen aus verschiedenen Gründen, darunter das Alter, zu verhindern oder zu beseitigen. § 2 AGG erstreckt diesen Schutz explizit auf den Bereich des Arbeitsrechts und erfasst damit Maßnahmen des Arbeitgebers, die sich unmittelbar oder mittelbar nachteilig auf ältere Arbeitnehmer auswirken können. Untersagt sind sowohl direkte als auch indirekte Altersdiskriminierungen. Eine direkte Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person wegen ihres Alters schlechter behandelt wird als eine andere Person in vergleichbarer Lage. Eine indirekte Diskriminierung liegt vor, wenn scheinbar neutrale Regelungen oder Praktiken ältere Arbeitnehmer faktisch benachteiligen.
Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln (Az. 5 Sa 658/23 vom 14. August 2024) behandelt Altersdiskriminierung gegenüber einem Vertriebsmitarbeiter im Immobiliengeschäft und den ungerechtfertigten Entzug eines Verkaufsgebietes durch ein Bankinstitut. Der Kläger bezieht seit 1. Februar 2023 gesetzliche Altersrente, der Anstellungsvertrag enthält keine Altersgrenze. Dennoch habe die Auftraggeberin und Beklagte das Verkaufsgebiet aus Altersgründen deutlich verkleinert, so der Kläger, was zu einer nicht gleichwertigen Tätigkeit geführt habe. Durch die Änderung seien zwei Drittel der erfolgsabhängigen Vergütung weggefallen. „In solchen Fällen ist es entscheidend, dass der Arbeitgeber sachliche Gründe für seine Entscheidungen vorweisen kann. Fehlen solche Gründe, kann dies als Diskriminierung gewertet werden, was rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Dies hat das Landesarbeitsgericht bestätigt und dem Kläger eine Entschädigung von 15.389 Euro zugesprochen“, sagt Dr. Tim Banerjee, Rechtsanwalt und Partner der Mönchengladbacher Wirtschaftskanzlei Banerjee & Kollegen. Er hat das zweitinstanzliche Urteil vor dem Landesarbeitsgericht erstritten, das im Instanzenzug des Arbeitsrechtes dem Oberlandesgericht gleichkommt. Dr. Tim Banerjee hat sich unter auf die Beratung an der Schnittstelle zwischen Vertriebs- und Arbeitsrecht spezialisiert und berät sowohl freie Handelsvertreter als auch Arbeitnehmer im Vertrieb und Unternehmen bei allen rechtlichen Fragen rund ums Vertriebsarbeitsrecht.
Das Gericht bezieht sich besonders auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) § 15 Entschädigung und Schadensersatz. Darin heißt es: „Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.“ Das bedeutet laut Dr. Tim Banerjee: „Wenn eine Person aufgrund ihres Alters benachteiligt wurde – sei es bei einer Kündigung, einer Beförderung oder einer Neueinstellung – kann sie gemäß § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung in Geld verlangen. Diese Entschädigung bezieht sich nicht auf wirtschaftliche Verluste, zum Beispiel entgangenen Lohn oder Gehalt, sondern auf immaterielle Schäden. Dazu gehören insbesondere persönliche Nachteile wie Rufschädigung, Demütigung, psychischer Stress oder der Verlust von Entwicklungsmöglichkeiten im Beruf. Und in Diskriminierungsfällen nach dem AGG trifft den Arbeitgeber eine erhöhte Darlegungslast. Der Bewerber muss Indizien vorlegen, die eine Diskriminierung nahelegen. Anschließend muss der Arbeitgeber beweisen, dass kein Verstoß gegen das AGG vorlag.“
Die Rechtsprechung zum Thema Altersdiskriminierung hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Neben deutschen Arbeitsgerichten hat auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) mehrfach entschieden, dass altersbedingte Differenzierungen einer strengen Prüfung unterliegen müssen. In einem viel beachteten Fall entschied der EuGH, dass eine pauschale Altersgrenze für den Zugang zu bestimmten Berufen nicht per se unzulässig ist, aber stets verhältnismäßig sein muss. „Mitarbeitende müssen also keinesfalls Altersdiskriminierung hinnehmen, sondern können sich gerichtlich gegen eine Ungleichbehandlung wehren“, betont Dr. Tim Banerjee.