Pflegeversicherung in der Krise: Defizit von 500 Millionen Euro droht
Trotz steigender Beiträge rutscht die Pflegeversicherung weiter in die finanzielle Schieflage. Ein Defizit von rund 500 Millionen Euro droht, der Ausgleichsfonds schrumpft rapide. Eine erste Pflegekasse benötigt bereits Finanzhilfen – und der Ruf nach einer Reform wird lauter.

Die Pflegeversicherung steht trotz der jüngsten Beitragserhöhungen finanziell unter Druck. So zeigen aktuelle Zahlen des Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegen, dass die Kassen 2024 ein Minus von über 1,5 Milliarden Euro gemacht haben. Laut GKV droht im laufenden Jahr ein Defizit von rund 500 Millionen Euro. Bereits eine erste Pflegekasse musste Finanzhilfe aus dem Ausgleichsfonds beantragen, um zahlungsfähig zu bleiben (Versicherungsbote berichtete).
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„Der Pflege steht das Wasser bis zum Hals. Und der Pegel steigt“, warnt Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio. Angesichts der aktuellen Entwicklung sei zu erwarten, dass weitere Pflegekassen kurzfristige Finanzhilfen benötigen: „Wir haben noch drei Viertel des Jahres vor uns und die Finanzentwicklung in der Pflege ist besorgniserregend.“
Die Liquidität des Ausgleichsfonds, der zur Stabilisierung der Pflegekassen dient, sei nach aktuellem Stand bis zur Jahresmitte gesichert. Langfristig gebe es jedoch erheblichen Handlungsbedarf, denn die vorhandenen Mittel sind im vergangenen Jahr von 1,8 Milliarden auf rund eine Milliarde Euro gesunken. „Ohne zusätzliche Mittel wird der Pflege-Ausgleichsfonds in wenigen Monaten ausgeschöpft sein“, so Pfeiffer. Trotz der kritischen Finanzlage betont Pfeiffer, dass die Versorgung der Pflegebedürftigen aktuell gesichert sei. Auch Pflegedienste und -einrichtungen erhielten weiterhin ihre Zahlungen.
Angesichts der steigenden Kosten in der Pflege wird der Ruf nach einer grundlegenden Reform lauter. Union und SPD haben in ihren politischen Sondierungen eine „große Pflegereform“ angekündigt, deren konkrete Inhalte aber noch offen sind. Der GKV-Spitzenverband fordert unter anderem, dass der Bund die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige übernimmt und die Pflegekassen für pandemiebedingte Ausgaben entschädigt.
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Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz drängt auf eine nachhaltige Lösung. Vorstand Eugen Brysch kritisierte, dass bisherige Beitragserhöhungen nur kurzfristige Löcher stopften. Die Politik müsse die Pflegeversicherung „endlich aus der permanenten Notlage holen.“