Die SV SparkassenVersicherung konnte im Geschäftsjahr 2024 den Umsatz und das Konzernergebnis steigern. Welche Bereiche haben für die guten Zahlen gesorgt?

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Dr. Andreas Jahn: Eigentlich haben alle Geschäftsfelder eine positive Entwicklung, übrigens auch schon in den Jahren davor. In der Lebensversicherung haben wir 2024 das beste Neugeschäft nach dem steuerlich motivierten Ausnahmejahr 2004 erreicht. Hierzu hat wie auch in den Vorjahren die betriebliche Altersvorsorge einen wesentlichen Beitrag geleistet, zudem setzt sich das Wachstum bei den fondsgebundenen Produkten weiter fort. In der Schaden-/Unfallversicherung konnten wir im Neugeschäft sogar einen historischen Höchstwert und bei den Beitragseinnahmen wiederholt ein stärkeres Wachstum als im Markt verzeichnen. Alle Vertriebswege und fast alle Sparten haben zum sehr guten Wachstum beigetragen.

2024 war eines der teuersten Jahre für Unwetterschäden in der Unternehmensgeschichte der SV. Sehen Sie eine Notwendigkeit, die Beiträge in besonders betroffenen Regionen weiter anzupassen?

Wichtig ist es, die Mechanik zu verstehen. Über den gleitenden Neuwertfaktor, der die Entwicklung der Baukosten und der Tariflöhne des Baugewerbes abbildet, erfolgt bei allen Versicherern jährlich eine Anpassung in identischer Höhe. Angepasst werden die Versicherungssummen, woraus sich bei gleichen Beitragssätzen steigende Beiträge ergeben. Diese Anpassungen waren im Markt und bei uns in den letzten beiden Jahren außergewöhnlich hoch. 2025 war der Faktor wieder auf einem "Normalniveau" bzw. sogar darunter.

Eine zusätzliche Erhöhung über eine Anpassung der Beitragssätze kann nur erfolgen, wenn ein unabhängiger Treuhänder feststellt, dass die Tarifierung nicht auskömmlich ist. Übrigens kommt es in einigen Tarifen auch zu Beitragssenkungen, die dann zwingend vorzunehmen sind, aber das ist ehrlicherweise schon seltener der Fall. In den nächsten Jahren rechne ich marktweit mit weiteren Beitragssteigerungen, denn die Schadenaufwendungen steigen über den gleitenden Neuwertfaktor hinaus, vor allem durch Unwetterschäden, die im Zuge der Klimaänderung vermehrt auftreten, aber auch durch regulatorische Vorgaben beim Wiederaufbau.

Bei der Erhöhung der Beiträge gehen wir sehr behutsam vor. So haben wir 2023 angesichts des hohen gleitenden Neuwertfaktors auf die Möglichkeit zusätzlicher Beitragserhöhungen verzichtet, 2024 und 2025 haben wir in Teilbeständen Anpassungen vorgenommen. Durch Kooperationen mit Handwerkern und Innungen und mittlerweile auch eigene Handwerksbetriebe, gelingt es uns, den Anstieg der Schadenaufwendungen und damit der Beiträge zu begrenzen.

Wie bewerten Sie die aktuelle Diskussion um eine Pflichtversicherung für Elementarschäden und welche alternativen Lösungsansätze halten Sie für praktikabel?

Die Folgen des Klimawandels zeigen sich immer deutlicher - die Intensität und Häufigkeit von Extremwetterereignissen nehmen weltweit und auch in Deutschland zu. Die aktuelle Diskussion um eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden greift jedoch zu kurz. Gemeinsam mit dem GDV haben wir einen umfassenderen Ansatz entwickelt.

Um langfristig eine privatwirtschaftliche Absicherung zu bezahlbaren Prämien zu ermöglichen, braucht es ein Bündel an Maßnahmen. Zunächst geht es um Prävention, um den Schutz bestehender Gebäude, aber auch darum, nicht mehr in Überschwemmungsgebieten zu bauen. Allein in den 2000-er Jahren wurden über 32.000 Neubauten in ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten errichtet. Zudem ist die stärkere Verbreitung von Elementarschadenversicherungen wichtig. Hier sprechen wir uns für ein Opt-Out-Modell aus - Versicherer müssen allen Gebäudeeigentümern Versicherungsschutz anbieten und die Eigentümer müssten sich aktiv gegen eine Erweiterung ihrer Deckung entscheiden. Damit würde die Durchdringung deutlich ansteigen, davon bin ich überzeugt.

Die SV hat in der Lebensversicherung das beste Neugeschäft seit 2004 erzielt. Viele Wettbewerber haben in diesem Bereich eher stagnierende oder schrumpfende Zahlen. Welche Faktoren haben dieses Wachstum begünstigt?
Unsere sehr guten Ergebnisse in der Lebensversicherung sind kein Zufall. Bereits seit mehreren Jahren gelingt es uns viele Menschen von der Notwendigkeit ergänzender betrieblicher und privater Altersvorsorge zu überzeugen. Eigentlich weiß jeder, dass der Lebensstandard im Alter nur mit der gesetzlichen Rentenversicherung nicht aufrecht zu erhalten ist. Bei der Entscheidung für einen Anbieter sind dann die Qualität der Produkte und der Beratung wichtig. Und es geht um Vertrauen, denn man zahlt mehrere Jahrzehnte in der Erwartung dann lebenslang eine Rente zu erhalten. Und beim Vertrauen sind wir als SV SparkassenVersicherung mit unserem Außendienst und vor allem auch den Sparkassen in unserem Geschäftsgebiet hervorragend positioniert.

Die betriebliche Altersvorsorge bleibt ein bedeutender Bestandteil des Geschäfts. Viele Unternehmen zögern jedoch, solche Modelle anzubieten, da die langfristigen Verpflichtungen schwer kalkulierbar sind. Wie begegnet die SV diesen Herausforderungen und wie überzeugen Sie Arbeitgeber von den Vorteilen?

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) ist traditionell ein zentraler Pfeiler unserer Altersvorsorgestrategie. Rund ein Drittel unseres Neugeschäfts 2024 entfällt - wie auch in den Vorjahren - auf Produkte der bAV. Bei Unternehmen spüren wir eher die Erkenntnis, die bAV als Instrument der Mitarbeitendenbindung gezielt einzusetzen, häufig in Verbindung mit einer betrieblichen Krankenversicherung. Darüber hinaus unterstützen wir Unternehmen mit unserem Pensionsfonds bei der Übertragung von Pensionsverpflichtungen, das stößt bei vielen Arbeitgebern auf großes Interesse.

Die Versicherungsbranche steht durch Digitalisierung, Klimawandel und veränderte Kundenanforderungen vor massiven Umbrüchen. Wo sehen Sie die SV in fünf bis zehn Jahren?

Ich bin überzeugt, dass wir unseren Erfolgspfad weiter gehen werden. Wir arbeiten kontinuierlich daran, als kundenzentriertes Unternehmen noch besser für unsere Kundinnen und Kunden zu werden, denn das ist die Grundlage für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. Im Zentrum steht dabei unsere Strategie „Fokus Kunde“. Mit ihr verfolgen wir das Ziel, Privat- und Firmenkunden zu begeistern, ganzheitlich abzusichern und neue Kundengruppen zu gewinnen. Anliegen unserer Kundinnen und Kunden sollen einfacher, schneller und effizienter bearbeitet werden. Dazu richten wir uns konsequent zukunftsfähig aus – mit modernen Produkten und Services, leistungsfähiger IT, optimierten und sicheren Prozessen sowie durch Digitalisierung und Automatisierung.

Der Klimawandel stellt uns als einen der großen Gebäude- und Elementarschadenversicherer vor besondere Herausforderungen – Tag für Tag. Unser Schadenmanagement ist dafür bestens aufgestellt: Es vereint eine starke regionale Reguliererorganisation, unseren Dienstleisterservice, unsere Kooperationspartner und unsere SV-Tochter PGI Sanierung GmbH mit eigenen Sanierungsunternehmen. Zusätzlich haben wir eine Bandbreite digitaler Prozesse implementiert – etwa in der Schadenauszahlung, der Kalkulation oder im digitalen Tracking - die uns im Umgang mit großen Massenelementarschäden noch schneller agieren lassen. An all diesen Themen arbeiten wir konsequent weiter – für eine starke Zukunftsfähigkeit und um auch in fünf Jahren ein verlässlicher Partner für unsere Kundinnen und Kunden zu sein.

In welchen Sparten sehen Sie das größte Potenzial für zukünftiges Wachstum?

Wir sehen unverändert großen Bedarf nach ergänzender betrieblicher und privater Altersvorsorge angesichts unzureichender gesetzlicher Renten. In der Schaden-/Unfallversicherung ist das Marktwachstum dagegen weniger stark, aber das ist für uns nicht wirklich relevant. Denn wir haben gerade über die Sparkassenorganisation noch enormes Potenzial; viele Kundinnen und Kunden der Sparkassen haben keinen Vertrag bei uns oder nur einen Vertrag, häufig in Form einer Lebensversicherung. Sich hier als verlässlicher Partner auch in den anderen Versicherungsprodukten - Hausrat-, Haftpflicht-, Unfall- und Gebäudeversicherung - zu etablieren ist unser Ziel und da ist das Potenzial nicht der limitierende Faktor.

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