Münchener Verein-CEO: „Wir sehen in der bKV enormes Potenzial"
Der Münchener Verein hat 2024 ein Rekordjahr hingelegt. Vor allem die betriebliche Krankenversicherung und fondsgebundene Lebensversicherungen ohne Garantien sorgen für Rückenwind. CEO Rainer Reitzler blickt optimistisch in die Zukunft und sieht große Chancen in Digitalisierung, demografischem Wandel und Nachhaltigkeit.

Versicherungsbote: Das Neugeschäft wuchs um 18 Prozent auf ein Rekordhoch. Welche Produktsegmente haben hierzu besonders beigetragen?
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Rainer Reitzler: Das Wachstum war breit getragen – und genau das freut mich besonders. Alle drei Sparten haben sich sehr positiv entwickelt. Hervorheben möchte ich insbesondere unsere kapitalbildenden Lebensversicherungstarife, die wir attraktiv weiterentwickelt haben, sowie die betriebliche Krankenversicherung, die wir seit 2024 nun auch in der fakultativen Variante anbieten können. Diese wurde vom Markt außerordentlich gut aufgenommen. Außerdem beobachten wir in der Krankenzusatzversicherung eine anhaltend hohe Nachfrage – hier haben sich unsere ZahnGesund-Tarife mittlerweile als Gold-Standard etabliert. Mein ausdrücklicher Dank gilt an dieser Stelle unseren engagierten Mitarbeitenden, unseren exzellenten Vertriebspartner*innen sowie unseren tatkräftigen Außendienstpartner*innen. Ohne deren Einsatz und Professionalität wäre dieses Ergebnis nicht möglich gewesen.
In der Krankenversicherung wurde ein Neugeschäft von beachtlichen 28,8 Prozent verzeichnet. Welche Faktoren haben dieses Wachstum befeuert?
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist, dass wir in der bKV von Beginn an auf durchgängig digitale Prozesse gesetzt haben. Das gibt uns die Möglichkeit, sowohl kleine Handwerksbetriebe als auch große Industrieunternehmen effizient zu bedienen. Dazu kommt die weiterhin starke Nachfrage nach Ergänzungstarifen zur GKV – und da profitieren wir mit unserem leistungsstarken ZahnGesund-Produkt besonders stark.
Frage: Die betriebliche Krankenversicherung gilt als Wachstumstreiber. Wie bewerten Sie die zukünftige Marktentwicklung in diesem Bereich?
Wir sehen in der bKV enormes Potenzial. In Zeiten des demografischen Wandels wird es für Unternehmen immer wichtiger, als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben. Die bKV bietet hier einen klaren Mehrwert: Sie zeigt Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden, verbessert nachweislich die Gesundheit im Unternehmen und führt letztlich auch zu weniger Fehlzeiten – eine klassische Win-win-Situation.
In der Lebensversicherung liegt das Wachstum bei den fondsgebundenen Produkten ohne Garantien bei 36,5 Prozent. Wie erklären Sie sich die guten Zahlen?
Es ist zwischenzeitlich kein Geheimnis mehr, dass es ohne private Vorsorge im Rentenalter düster aussieht. Rentenversicherungen bieten heutzutage eine große Auswahl an Fonds und ETFs und sind deutlich flexibler geworden, um sich den individuellen Lebensumständen anzupassen. Durch Features wie Anlauf- und Ablaufmanagement, Steuervorteilen in der Rentenphase und vor allem der Garantie, bis ans Lebensende monatlich einen garantierten Betrag auszuzahlen, sind sie ETF-Sparplänen in vielen Gesichtspunkten überlegen und stoßen bei uns auf eine entsprechend hohe Nachfrage.
Der Münchener Verein verzeichnete einen Produktionsanstieg von 30 Prozent zu Beginn des Jahres 2025. Ist dies ein nachhaltiger Trend oder nur eine Momentaufnahme?
Wir sind mit großem Schwung ins Jahr gestartet – und wir gehen davon aus, dass dieser Schwung auch anhält. Unser Ziel ist ein zweistelliges Produktionswachstum für das Gesamtjahr, und nach dem ersten Quartal sind wir auf einem sehr guten Weg. Unsere runderneuerte Berufsunfähigkeitsversicherung, die wir im Januar an den Markt gebracht haben, und unsere neuen Unfalltarife, die im Sommer kommen, werden einen wichtigen Beitrag dazu leisten.
Die Versicherungsbranche steht durch Digitalisierung, Klimawandel und veränderte Kundenanforderungen vor massiven Umbrüchen. Wo sehen Sie den Münchener Verein in fünf bis zehn Jahren?
Wir haben früh in Digitalisierung investiert und werden in den kommenden Jahren mit einer modernen, leistungsfähigen IT-Infrastruktur arbeiten können. Gleichzeitig bleiben wir ein mittelständisches, agiles Unternehmen mit kurzen Entscheidungswegen – das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil. Unsere starken Beziehungen zu Kunden und Vertriebspartnern sichern uns Stabilität und eröffnen zugleich Wachstumsperspektiven. Zudem legen wir auch weiterhin großen Wert auf Nachhaltigkeit. Dass wir hier auf dem richtigen Weg sind, bestätigen nachhaltigkeitsbezogene Auszeichnungen, wie beispielsweise von Concern in Zusammenarbeit mit der Universität Bayreuth. So werden wir auch in zehn Jahren unabhängig, erfolgreich und nachhaltig sein.
In welchen Sparten sehen Sie das größte Potenzial für zukünftiges Wachstum?
Wir sehen in allen Sparten Potenzial – gerade weil wir mit digitalen Prozessen und attraktiven Produkten sehr effizient aufgestellt sind. Der demografische Wandel wird die Nachfrage nach Zusatzversicherungen und Altersvorsorge weiter erhöhen, sowohl privat als auch betrieblich. Gleichzeitig wird der Klimawandel den Bedarf an Sachversicherungen verändern. Wenn die Risiken versicherbar bleiben, ergeben sich hier neue Marktchancen.
Welche Anpassungen halten Sie für notwendig, um weiterhin eine gute Rolle innerhalb der Branche zu spielen?
Wir investieren konsequent in Digitalisierung und Prozessoptimierung. Das ist nicht nur eine Voraussetzung, um effizient zu bleiben – es ist auch der Schlüssel, um flexibel auf die sich wandelnden Bedürfnisse unserer Kunden und Vertriebspartner reagieren zu können. Wir sind und wollen auch in Zukunft die Nummer 1 unter den Serviceversicherern bleiben.
Der Münchener Verein konnte seine Brutto-Beitragseinnahmen um 5,4 Prozent steigern. Welche Haupttreiber haben zu diesem Ergebnis beigetragen?
Der Beitragszuwachs resultiert vor allem aus dem starken Wachstum in der Krankenzusatzversicherung und im Bereich der Ergänzungsversicherungen. – Auch die Allgemeine Versicherung konnte zu diesem Ergebnis positiv beitragen. Das zeigt, dass wir mit unserem breiten Produktportfolio sehr gut aufgestellt sind.
Der Kapitalanlagenbestand wuchs dagegen nur leicht um 0,4 Prozent. Welche Herausforderungen sehen Sie im aktuellen Marktumfeld für die Anlagestrategie?
Die Entwicklung spiegelt zwei Faktoren wider: Das liegt einerseits an dem Trend in der Lebensversicherung, dass einer hoher Anteil des Neugeschäfts auf Fondsgebundene oder hybride Produkten entfällt, während die Abläufer überwiegend klassisches Geschäft betreffen, für das die Kapitalanlage vollständig im Sicherungsvermögen erfolgt. Zum anderen belastet das starke Wachstum zu Beginn eines Vertrags typischerweise den operativen Cashflow. Diese Effekte waren in der aktuellen Marktsituation gut erkennbar.
Das Nettoergebnis aus Kapitalanlagen konnte um etwa zwei Prozent gesteigert werden. Wie bewerten Sie dieses Ergebnis?
Wir sind mit der Entwicklung zufrieden – das Ergebnis liegt über dem Wachstum des Kapitalanlagenbestands. Für die Zukunft erwarten wir eine weitere Verbesserung, da sich die höheren Renditen in der Neu-/Wiederanlage erst sukzessive auch in der durchschnittlichen Rendite des Bestands auswirken werden. Zudem war das vergangene Geschäftsjahr noch von Wertrückgängen im Immobilienbereich betroffen, die wir für abgeschlossen halten.