Der Versicherungskonzern Allianz sieht sich vor seiner Hauptversammlung am 8. Mai 2025 mit kritischen Tönen eines einflussreichen Aktionärsberaters konfrontiert. Institutional Shareholder Services (ISS) empfiehlt den Anteilseignern, das überarbeitete Vergütungssystem des Konzerns abzulehnen. Das berichtet das "Handelsblatt"

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Nach Ansicht von ISS machen die geplanten Pensionsbeiträge weiterhin 50 Prozent des Grundgehalts aus. Das sei ein Wert, der im europäischen Vergleich deutlich über dem Branchendurchschnitt lieg. Für CEO Oliver Bäte ergäbe sich dadurch ein Betrag, der fünfmal so hoch sei wie bei anderen Vorstandschefs in der Branche. Ein Beitrag von zehn bis 30 Prozent des Grundgehalts sei mittlerweile Standard.

Im Fall von Bäte belaufen sich die Zahlen auf ein Grundgehalt von rund zwei Millionen Euro und Pensionsbezüge von rund einer Million Euro. Beide Teile sollen im neuen System leicht steigen. Insgesamt verdiente der Allianz-Chef 2024 mehr als zehn Millionen Euro. Dazu zählen diverse variable Vergütungsanteile.

Neben den Pensionsplänen kritisiert der Stimmrechtsberater auch das langfristige Bonusprogramm (LTIP) der Allianz. Dieses belohnt Vorstände für das Erreichen mehrjähriger Leistungsziele. ISS bemängelt jedoch die fehlende Schärfe der Zielvorgaben. Demnach seien beispielsweise Auszahlungen möglich, selbst wenn die Aktionärsrendite (TSR) bis zu 50 Prozentpunkte unter der Konkurrenz liege. Für den Versicherer seien die Ziele durchaus anspruchsvoll. Außerdem werde jede LTIP-Auszahlung vom Aufsichtsrat auf Basis einer langfristigen Leistungsbewertung geprüft. Auch eine Herabsetzung bis auf null sei jederzeit möglich.

Allianz verteidigt das Modell

In einem Brief an die Aktionäre argumentiert die Allianz derweil, ihre Vergütung sei transparent und marktkonform. Die Pensionsbeiträge spiegelten die Rolle der Allianz als führender Anbieter von Betriebsrenten wider. Zudem sei es eine Frage der Glaubwürdigkeit, die eigenen Produkte auch im Top-Management zu nutzen. Damit stelle der Konzern die Pensionsleistungen in einen strategischen Zusammenhang mit dem eigenen Geschäftsmodell.

Dem Gesamtsystem der Allianz bescheinigt ISS überraschenderweise dennoch eine hohe Transparenz und im Grundsatz marktübliche Strukturen. Dennoch würden die Bedenken hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung überwiegen. Denn die Ablehnungsempfehlung beziehe sich vor allem auf Details und nicht auf die Grundstruktur.

Grundlegend handelt es sich bei dem Thema um ein Luxusproblem. Denn der börsennotierte Versicherer hat seit dem Amtsantritt von CEO Oliver Bäte im Jahr 2016 seinen Nettogewinn um etwa 45 Prozent auf 9,9 Milliarden Euro steigern können. Sollten die Aktionäre der ISS-Empfehlung folgen und das System ablehnen, müsste der Aufsichtsrat das Vergütungsmodell neu überdenken. Die Allianz stünde dann unter Zugzwang und müsste möglicherweise Anpassungen vornehmen, um die Balance zwischen interner Glaubwürdigkeit und externer Akzeptanz zu wahren.