Verdi kündigt neue Warnstreiks an
Die Gewerkschaft ver.di weist das in ihren Augen unzureichende Angebot der Arbeitgeber zurück und kündigt neue Warnstreiks an. Der Arbeitgeberverband hatte unter anderem Gehaltserhöhungen von 8,63 Prozent über die Laufzeit von 35 Monaten angeboten.

Auch die zweite Verhandlungsrunde zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und dem Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland (AGV) ist erwartungsgemäß ohne eine Einigung ausgegangen. Und: Es dürfte auch in den diesjährigen Tarifverhandlungen ein zäher Kampf anstehen.
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Schließlich hatte Ver.di im Vorfeld recht sportliche Forderungen gestellt. Konkret fordert die Tarifkommission für die rund 183.000 Beschäftigten im Innendienst der privaten Versicherungswirtschaft, dass die Gehälter inklusive Zulagen um zwölf Prozent angehoben werden. Nicht über mehrere Jahre gestreckt, wie es oft bei früheren Tarifverträgen der Fall war, sondern binnen einer Zwölfmonats-Frist.
Folgende Forderungen der Gewerkschaft standen auf der Tagesordnung:
- Anhebung der Gehälter um 12 Prozent
- Anhebung aller Zulagen und Schichtzulagen um 12 Prozent
- Überproportionale Anhebung der unteren Tarifgruppen als soziale Komponente
- Laufzeit des neuen Tarifvertrages: 12 Monate
- Verdoppelung des tariflichen Fahrtkostenzuschusses gemäß § 2 Gehaltstarifvertrag auf 40 € für Angestellte und 50 € für Auszubildende
- Anhebung der Ausbildungsvergütungen, 250 € mehr für jedes Ausbildungsjahr
- Verlängerung und Verbesserung (unbefristete Übernahme) der Tarifvereinbarung zur Übernahme von Auszubildenden
- Freie Tage zur Prüfungsvorbereitung für Auszubildende vor der GAP I und GAP II
- Entfristung und Verbesserung des Tarifvertrages Qualifikation
- Aufnahme von Verhandlungen zu einem Tarifvertrag Transformation
- Anpassung von § 15 Ziff. 6 Manteltarifvertrag, um das Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses bei Bezug einer Teilrente zu regeln
- Digitales Zugangsrecht von ver.di in die Betriebe
- Vereinbarung zur Anpassung der Tarifgruppen A und B bei steigendem Mindestlohn
In der zweiten Verhandlungsrunde hat die Arbeitgeberseite ein erstes Angebot auf den Tisch gelegt und schlägt unter anderem eine deutlich längere Laufzeit von 35 Monaten vor. Insbesondere der von Gewerkschaftsseite behaupteten Reallohnverlust von 8,1 Prozent war Arbeitgeber-Verhandlungsführer Dr. Andreas Eurich ein Dorn im Auge. Demnach sei dieser deutlich geringer ausgefallen. Schließlich habe die Gewerkschaft bei ihrer Berechnung die beiden Einmalzahlungen sowie die tariflichen und betrieblichen Inflationsausgleichsprämien einfach nicht berücksichtigt. Dessen ungeachtet könne dieser Reallohnverlust nicht in einem Abschluss nachgeholt werden, heißt es in der AGV-Meldung.
Der AGV brachte folgendes Angebot in die Verhandlungen ein:
- Lineare Erhöhung der Tarifgehälter, Zulagen und Schichtzulagen um 3,6 Prozent ab 1. September 2025
- Weitere lineare Erhöhung der Tarifgehälter, Zulagen und Schichtzulagen um 2,7 Prozent ab 1. September 2026
- Weitere lineare Erhöhung der Tarifgehälter, Zulagen und Schichtzulagen um 2,1 Prozent ab 1. September 2027
- Nach diesen drei Erhöhungen wäre das Tarifgehaltsniveau um 8,63 Prozent höher als heute
- Laufzeit: 35 Monate (von 1. April 2025 bis 29. Februar 2028)
- Überproportionale Anhebung der Ausbildungsvergütungen
- Moderate Erhöhung des tariflichen Fahrtkostenzuschusses (derzeit erhalten Angestellte 20 € und Auszubildende 25 € monatlich)
- Verlängerung des Tarifvertrages „Übernahmeanspruch für Auszubildende mit guten Leistungen“
- Entgegenkommen bei der gewerkschaftlichen Forderung nach freien Tagen für Auszubildende zur Prüfungsvorbereitung vor der GAP I und GAP II
- Entfristung des Tarifvertrages zur Qualifizierung
- Aufnahme von Gesprächen über einen „Tarifvertrag zur Transformation in der Versicherungsbranche“ nach den Tarifverhandlungen 2025
- Anpassung von § 15 Ziff. 6 Manteltarifvertrag, um das Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses bei Bezug einer Teilrente zu ermöglichen
- Anhebung der Tarifgruppe B, erstes, zweites und drittes Berufsjahr, auf die Endstufe, somit von aktuell 2.187 € bzw. 2.261 € auf 2.334 € (+ 6,7 Prozent bzw. + 3,2 Prozent)
- Anhebung der Tarifgruppe A auf die zweite Stufe der Tarifgruppe B (zweites und drittes Berufsjahr), somit von aktuell 2.128 € auf 2.261 € (+ 6,3 Prozent)
- Teilhabe der neuen Gehälter der Tarifgruppen A und B (2.261 € und 2.334 €) an den zu vereinbarenden linearen Tariferhöhungen
Ein gleichlautendes Angebot habe der AGV auch der Gewerkschaft DBV unterbreitet.
Das Ergebnis der zweiten Verhandlungsrunde ist aus Sicht der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft jedoch sehr enttäuschend. „Die Versicherungsunternehmen streichen Rekordgewinne ein – und legen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Angebot vor, das noch nicht einmal die Einkommensverluste durch die Inflation wettmacht“, sagte ver.di-Verhandlungsführerin Martina Grundler. Sie habe keinerlei Verständnis für diesen Umgang mit den Beschäftigten, betonte sie: „Es geht um Respekt und Gerechtigkeit für alle, die Tag für Tag die Erfolge der Unternehmen sichern.“
Die Gewerkschaft monierte vor allem das fehlende Angebot für Nachwuchskräfte sowie die lange Laufzeit des Tarifvertrags von 35 Monaten. Die offerierte Gehaltserhöhung sei angesichts der geforderten Laufzeit nur ein Bruchteil der Forderung und damit schlicht indiskutabel, erklärte ver.di-Verhandlungsführerin Grundler. Der ver.di-Forderung von zwölf Prozent für zwölf Monate stünden ganze 3,6 Prozent Angebot der Arbeitgeber im ersten Jahr gegenüber. „Das ist ein Beleg mangelnder Wertschätzung für die Leistungen der Beschäftigten.“
Als Reaktion auf das Angebot werde in den kommenden Tagen an unterschiedlichen Standorten zum Warnstreik aufgerufen. Die Beschäftigten der Versicherungsbranche hätten bereits in den vergangenen Wochen mit mehreren Aktionen und hoher Beteiligung deutlich gemacht, dass sie es ernst meinten mit ihren Forderungen. Die Verhandlungen sollen am 23. Mai 2025 in Düsseldorf fortgesetzt werden.
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