Wechselbereitschaft untersucht
Die ersten Krankenkassen kündigten vergangene Woche an, den maximal möglichen Zusatzbeitrag zu erheben. Die auf die Versicherungsbranche spezialisierte Rating-Agentur Assekurata befragte gesetzlich Krankenversicherte zu ihren Wechselabsichten.
Rückwirkend zum 01.01. 2010 wollen Gemeinsame Betriebskrankenkasse Köln (GBK) und die Betriebskrankenkasse für Heilberufe (BKK) einen zusätzlichen monatlichen Beitrag in Höhe von einem Prozent des Einkommens berechnen.
Besonders die Mitglieder von Betriebskrankenkassen weisen laut Umfrage der Assekurata Rating-Agentur eine hohe Preissensibilität auf. Erhebt der Versicherer den Maximalbetrag, wollen zwei Drittel der BKK-Mitglieder ihre Kasse wechseln.
Mit der Höhe des geforderten Zusatzbeitrags steigt die Kündigungsbereitschaft der Kassenmitglieder deutlich an. Dies belegt die im Januar durchgeführte Untersuchung von Assekurata. 1.072 gesetzlich Versicherte wurden online befragt: „Ab welchem monatlichen Zusatzbeitrag würden Sie die Mitgliedschaft bei Ihrer Krankenkasse kündigen und zu einem günstigeren Krankenversicherer wechseln?“
Die Auswahl der Befragten repräsentiert die Altersverteilung der deutschen Bevölkerung. 29,9 Prozent der Befragten gaben an, ab einem Zusatzbeitrag von acht Euro ihre Krankenkasse wechseln zu wollen.
Verlangen die Krankenkassen 20 Euro zusätzlich im Monat, beabsichtigen noch einmal doppelt so viele Kunden eine neue Kasse zu wählen (59,7 Prozent). Bei einem zusätzlichen Beitrag von monatlich mehr als 35 Euro würden 66,3 Prozent ihre Krankenkasse verlassen.
„An dieser Stelle ist zu berücksichtigen, dass der Zusatzbeitrag auf maximal ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens begrenzt ist“, stellt Guido Leber klar. „Somit müsste nicht jedes Mitglied einen Beitrag in Höhe von mehr als 35 Euro zahlen.“
Eine nähere Analyse verdeutlicht, dass die beiden genannten Betriebskrankenkassen Gefahr laufen, etwa zwei Drittel ihrer insgesamt 2,1 Millionen Mitglieder zu verlieren.
30,7 Prozent der BKK-Mitglieder würden ihre Kasse kündigen, wenn sie einen zusätzlichen Beitrag von monatlich acht Euro verlangt. Bei einem Zusatzbeitrag von mehr als 20 Euro ist dieser Wert mehr als doppelt so hoch (63,8 Prozent). Verlangt eine BKK mindestens 35 € monatlich mehr von ihren Mitgliedern, wären insgesamt 70,0 Prozent zu einem Wechsel bereit. „Diese Ergebnisse sind ein deutliches Signal“, warnt Kassenexperte Guido Leber. „Dabei ist zu erwarten, dass vor allem die für eine Kasse attraktiven Kundengruppen wechseln werden, was die wirtschaftliche Lage weiter verschärfen dürfte.“
Die höchste Wechselbereitschaft weisen die Mitglieder der Innungskrankenkassen (IKK) auf. Bereits bei einer Mehrbelastung von acht Euro monatlich würden 40,4 Prozent der IKK-Mitglieder ihre Krankenkasse kündigen. Dieser Anteil erhöht sich auf 74,2 Prozent, wenn die Kasse einen Zusatzbeitrag von 20 Euro monatlich verlangt, beziehungsweise auf 76,4 Prozent ab 35 Euro.
Die hohe Kündigungsbereitschaft von Mitgliedern der Innungs- und Betriebskrankenkassen ist nach Ansicht von Guido Leber besonders auf die Versichertenklientel zurückzuführen.
„Viele dieser Kassen zählten bis zur letzten Gesundheitsreform zu den Preisführern am Markt. Dementsprechend preis-affin sind ihre Mitglieder.“
Während AOK-Kunden im Vergleich der Kassenarten durchschnittliche Ergebnisse aufweisen, zeigen die Mitglieder der Ersatzkassen die geringste Wechselbereitschaft.
Bei einer monatlichen Forderung von acht Euro würden 26,8 Prozent der Mitglieder kündigen. Dieser Wert erhöht sich auf 53,2 Prozent bei 20 Euro beziehungsweise 60,8 Prozent bei 35 Euro.
Eine nähere Analyse der Ersatzkassen offenbart, dass besonders viele Kunden der Techniker Krankenkasse (TK) ihrem Versicherer bei einem Zusatzbeitrag von acht Euro treu bleiben würden. Lediglich 23,3 Prozent würden ihre Mitgliedschaft kündigen. Steigt der Zusatzbeitrag allerdings auf 35 Euro würden 61,6 Prozent ihre Versicherung bei der TK kündigen.
Nur die Barmer GEK würde bei einer Forderung in dieser Größenordnung weniger Mitglie- der verlieren (56,6 Prozent). „Serviceorientierung und ein überdurchschnittliches Leistungsangebot sind für viele Kunden wichtige Bindungsfaktoren. Der Preis allein steht nicht immer im Vordergrund“ sagt Guido Leber.