Weniger Beschwerden beim Versicherungsombudsmann
Versicherungsombudsmann Prof. Dr. Günter Hirsch legte am 01. Juni 2010 seinen Jahresbericht vor. Danach sank die Zahl der im Jahr 2009 eingegangenen Beschwerden gegenüber 2008 um 3,7 Prozent.
2009 verbuchte Prof. Dr. Hirsch 18.145 Beschwerden. Dies ist vorrangig auf weniger Eingaben in der Lebens- und Rentenversicherung zurückzuführen, die mehr als 7 Prozent unter denen des Vorjahres lagen.
Der Grund dafür dürfte in der inzwischen besseren Informationslage der Versicherungsnehmer über die Beteiligung an den Überschüssen und stillen Reserven zu sehen sein. Noch im Jahr 2008 gaben diesbezügliche Fehlvorstellungen Anlass zu vielen Beschwerden. Nach wie vor betrafen die meisten Eingaben die Lebens- und Rentenversicherung (36,3 %), gefolgt von der Rechtsschutzversicherung (13,4 %) und der Kfz-Versicherung (10,3 %).
Das Grußwort zum diesjährigen Bericht, das regelmäßig von Persönlichkeiten aus der Politik, Wissenschaft, Versicherungswirtschaft oder Justiz stammt, kommt von Wilfried Terno, Vorsitzender Richter des Versicherungssenats am Bundesgerichtshof (BGH). Er geht darin auf das Zusammenspiel von Justiz und Ombudsmann im Allgemeinen ein und spricht zudem ein aktuelles Problem an:
In letzter Zeit konnten einige Fragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung vom BGH nicht geklärt werden, da vor Erlass des Urteils die Revision zurückgenommen oder das Verfahren auf andere Art erledigt wurde. Damit fehlte auch dem Ombudsmann in vergleichbaren Fällen regelmäßig die Grundlage für die rechtliche Bewertung.
Mit 479 Eingaben gegen Versicherungsvermittler blieb die Anzahl der Beschwerden in etwa konstant (2008: 461). Im Hinblick auf den verhältnismäßig geringen Anteil am gesamten Beschwerdeaufkommen (unter 3 %) ist erneut zu betonen, dass Beschwerden, mit denen ein Fehler eines Versicherungsvertreters bei Abschluss des Vertrages gerügt wird, in aller Regel nicht als reine Vermittlerbeschwerden behandelt werden. Da in vielen Fällen das Verhalten der Versicherungsvertreter den Versicherern zuzurechnen ist und sich das Anliegen der Beschwerdeführer an diese richtet, wird vielmehr ein Unternehmensverfahren durchgeführt.
Angesichts der immer noch nicht überwundenen Finanzmarktkrise ist hervorzuheben, dass sich dieses Thema auch im Jahr 2009 nicht signifikant auf das Beschwerdeaufkommen ausgewirkt hat.
Verstärkt waren in der Praxis des Ombudsmanns Anwendungs- und Auslegungsfragen zu klären, die das zum 1. Januar 2008 reformierte Versicherungsvertragsgesetz (VVG) aufwirft.
Zwar traten dabei eine Vielzahl von Einzelproblemen zum Vorschein, wovon bisher nur ein Teil als gelöst angesehen werden kann. Gleichwohl kann zum jetzigen Zeitpunkt festgestellt werden, dass die Reform aus Sicht der Rechtsanwendung gelungen ist.
Beispielhaft kann hier die Ersetzung des bisherigen Alles-oder-nichts-Prinzips genannt werden: Durch das neue VVG wird dem Versicherer eingeräumt, bei grob fahrlässiger Gefahrenerhöhung, Obliegenheitsverletzung oder Herbeiführung des Versicherungsfalles die Versicherungsleistung „in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis“ zu kürzen.
Bislang hat der Ombudsmann zu diesem sogenannten „Quotelungssystem“ überraschend wenige Beschwerden erhalten. Das spricht dafür, dass die Regelung in der täglichen Regulierungspraxis im Großen und Ganzen reibungslos zu funktionieren scheint. Kommt es trotzdem zur Beschwerde, prüft der Ombudsmann, ob die Kürzung dem Grad der groben Fahrlässigkeit entspricht, der sich aus einer Gesamtschau der schuldrelevanten Umstände ergibt.
Andere Bereiche, wie die Umsetzung der gesetzlichen Beratungs-, Informations- und Dokumentationspflichten, bereiten in der Praxis weiterhin Schwierigkeiten. Einzelheiten und exemplarische Beschwerdefälle enthält der schriftliche Bericht des Ombudsmanns.
Erwähnenswert ist schließlich, dass trotz der ausführlichen Medienberichterstattung über das sogenannte Hinweis- und Informationssystem (HIS) kaum Beschwerden gegen eine Eintragung oder gegen die Verweigerung der Löschung eingingen. Seit 2009 können die Versicherten beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) abfragen, ob über sie ein Eintrag existiert. Gegebenenfalls kann von dem Versicherer, der die Meldung veranlasst hat, der Grund hierfür in Erfahrung gebracht und die Löschung verlangt werden.
Ombudsmann für Versicherungen