Krise wirkt sich geringer als befürchtet auf Vorsorgesysteme aus
Im Auftrag von "Union Investment" untersuchten Prof. Bernd Raffelhüschen und Johannes Vatter vom "Forschungszentrum Generationenverträge" der Universität Freiburg die Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Altersvorsorgesysteme. Sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung, als auch im Bereich der kapitalgedeckten Vorsorge, müsse nur mit überschaubaren Verlusten gerechnet werden.
Trotz der aktuell positiven konjunkturellen Entwicklung machen die krisenbedingten strukturellen Verwerfungen innerhalb der Kapitalmärkte und die hohe Staatsverschuldung eine vollständige Rückkehr zum früheren wirtschaftlichen Wachstumspfad eher unwahrscheinlich. Insgesamt rechnen die Autoren in dem wahrscheinlichsten Szenario mit einem langfristig negativen Effekt von rund 2,5 Prozent auf die Wirtschaftsleistung.
Dadurch ist auch die gesetzliche Rentenversicherung von der Krise betroffen. Der Rückgang des Wirtschaftswachstums führt nach den Berechnungen mittelfristig zu einem um 2,7 Prozent geringeren Rentenwert und somit zu einer Minderung der Altersrenten um rund 200 Mrd. Euro bis zum Jahr 2050.
„Verglichen mit den Auswirkungen der Rentenreformen der vergangenen 20 Jahre und im Verhältnis zur Gesamtsumme der bis zum Jahr 2050 zu zahlenden Altersrenten von knapp 7.000 Mrd. Euro relativiert sich diese Zahl jedoch erheblich“, so Raffelhüschen. Heutige Entscheidungen der Politik seien für die zukünftigen Renten viel bedeutender.
So sei die von der Politik initiierte Rentengarantie letztlich eher eine vertrauensbildende Maßnahme als ein sinnvoller Schritt zur Eindämmung der Krisenfolgen. „Im Kern wurden durch die Schutzklausel lediglich die heutigen Rentner auf Kosten der Steuer- und Beitragszahler, also der zukünftigen Rentner, besser gestellt. Sie trägt damit mehr zur mittel- und langfristigen Gefährdung der gesetzlichen Rentenversicherung bei als zum gegenwärtigen Schutz vor untragbaren Krisenfolgen“, so der Experte.
Deutlich härter könnte die gesetzliche Rente getroffen werden, sollten sich die gegenwärtigen Wachstumsprognosen als zu optimistisch herausstellen. In dem eher unwahrscheinlichen Worst-Case-Szenario kommt es zu einer relativen Lücke bei den Altersrenten von etwa vier Prozent bis zum Jahr 2020, die dann – aufgrund eines geringeren Trendwachstums – auf bis zu 7,4 Prozent im Jahr 2050 anwächst. In diesem Fall ergäben sich barwertige Einbußen von rund 370 Mrd. Euro.
Zu einem solchen Szenario könnte es vor allem dann kommen, wenn sich die Schuldenkrise der öffentlichen Haushalte weiter ausweitet. Umgekehrt vermindern sich die Einbußen auf ein Prozent bzw. rund 100 Mrd. Euro bis zum Jahr 2050, falls die gegenwärtige Erholung überraschend dynamisch und nachhaltig ausfällt. In diesem Fall bleibt es bei relativen Verlusten beim Rentenwert von weniger als einem Prozent.
Verluste bei kapitalgedeckter Vorsorge deutlich geringer als bislang vermutet
Bei der kapitalgedeckten Vorsorge erscheinen die Verluste zunächst größer. Verglichen mit der langfristigen Wertentwicklung hat das Geldvermögen der privaten Haushalte etwa sechs Prozent an Wert eingebüßt, was einem Volumen von rund 180 Mrd. Euro entspricht. Betrachtet man das gesamte Altersvorsorgevermögen, das heißt auch das Immobilienvermögen, fallen die relativen Verluste jedoch deutlich geringer aus. Im Gegensatz zum Umlageverfahren sind die Verluste einzelner Haushalte bei der kapitalgedeckten Vorsorge nämlich sehr ungleich verteilt, wodurch der Renditerückgang pro Haushalt im Mittel bei nur rund drei Prozent liegt.
„Die Einbußen müssen auch im Verhältnis zu den teils deutlichen Erträgen im Vorfeld der Krise und potenziellen Renditen betrachtet werden“, erläutert Raffelhüschen.
Somit sei der Verzicht auf Wertpapiere für die Altersvorsorge falsch. „Wer für die Altersvorsorge die notwendigen Realrenditen erzielen will, kommt auch zukünftig nicht ohne die Aktienanlage aus“, bestätigt auch Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment.
Aus Unsicherheit oder Angst vor den kurzfristigen Kapitalmarktrisiken eine Vogel-Strauß-Politik zu verfolgen und auf eine renditeorientierte Altersvorsorge zu verzichten, sei grob fahrlässig, so der Vorstandsvorsitzende.
Um auf zukünftige Krisen vorbereitet zu sein, empfiehlt er eine gesunde Mischung aus verschiedenen Anlageklassen. „Für junge Menschen sollte die Riester-Rente aufgrund der Garantie und der staatlichen Förderung sowieso grundsätzlich die erste Wahl sein“, so Reinke.
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