Bürokratie ist Wachstumsbremse für Pensionsfonds
Bei weiterhin steigendem Marktvolumen entfällt das Gros des Beitragsaufkommens der Pensionsfonds in Deutschland auf die sieben Unternehmenspensionsfonds sowie vier bis fünf Anbieter-Pensionsfonds. So verfügten 2008 fünf unternehmenseigene Pensionsfonds über 80 Prozent der seinerzeit in allen deutschen Pensionsfonds insgesamt angelegten 14,5 Mrd. Euro.
Durch die Neugründung von Pensionsfonds durch die "Deutsche Post DHL" und "Nestle" hat sich dieser Anteil weiter vergrößert. Zwar stellten während der Finanz- und Wirtschaftskrise einige Unternehmen bereits geplante Auslagerungen ihrer betrieblichen Altersversorgung (bAV) zurück. Doch dieser kurzfristige Einbruch wurde durch eine rasante Erholung in 2009 mehr als ausgeglichen.
Zu diesen Ergebnissen kommt der „Deutsche Pensionsfonds Survey 2010“ der Unternehmensberatung "Towers Watson", der nach 2007 nun zum zweiten Mal durchgeführt wurde. Er bietet einen umfassenden Überblick über die aktuelle Situation der Pensionsfonds im deutschen Markt und ihre Entwicklung seit 2007.
„Seit 2005 haben sich die Beitragszahlungen in deutsche Pensionsfonds nahezu vervierfacht“, berichtet Reiner Schwinger, Leiter Retirement Solutions von "Towers Watson Deutschland".
Auch die Zahl der Anbieter und das Volumen der dorthin übertragenen Pensionsverpflichtungen steige stetig. „Nicht zuletzt trägt das steigende Angebot flexibler Gestaltungsmodelle bei nicht-versicherungsförmigen Pensionsfonds dazu bei, dass sich der Pensionsfonds als fünfter Durchführungsweg in der betrieblichen Altersversorgung fest etabliert hat“, erklärt der bAV-Experte.
Aktuell agieren 23 Anbieter-Pensionsfonds im deutschen Markt. Sie bieten vielfältige Möglichkeiten zur insolvenzgeschützten Auslagerung von Pensionsverpflichtungen aus den Unternehmen.
Von den derzeit aktiven Anbietern haben 15, darunter die bedeutendsten, an der Studie teilgenommen. Nicht berücksichtigt wurden die in Deutschland bereits existierenden Unternehmenspensionsfonds, die ihre Leistungen nicht öffentlich anbieten. Das Volumen der 2009 in die Anbieter-Pensionsfonds geleisteten Beitragszahlungen beläuft sich auf rund 940 Mio. Euro. Die Zahl der Trägerunternehmen liegt bei 6.559, die der betreuten Versorgungsberechtigten bei 161.615, wobei der Anteil der Rentner rund 16 Prozent beträgt.
Weiterhin hemmen bürokratische Hürden die erfolgreiche Entwicklung
„Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Pensionsfonds wurden durch die 7. und 9. Novelle des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) zwar wesentlich verbessert“, weiß Schwinger. Jedoch bestünden weitere Stolpersteine, welche die zukünftige Entwicklung des Pensionsfonds-Markts in Deutschland bremsen.
Zum einen können derzeit jährlich nur maximal 4.400 Euro pro Person lohnsteuerfrei in einen Pensionsfonds eingezahlt werden, was im Zusammenspiel von arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierter betrieblicher Altersversorgung (gerade für Fach- und Führungskräfte) häufig zu wenig ist.
Um dieses Manko auszugleichen, müssten Arbeitgeber zusätzliche Durchführungswege für die bAV wählen, was automatisch zu zersplitterten, komplizierten und vielfach erklärungsbedürftigen Regelungen führe. Zum anderen könnten auf heutige aktive Arbeitnehmer steuerliche Nachteile durch geringere Frei- und Pauschalbeträge zukommen, wenn ihr Arbeitgeber den Durchführungsweg auf den Pensionsfonds wechselt.
„Pensionsfonds könnten ein deutlich stärkeres Wachstum erzielen, sofern der Gesetzgeber diese Hemmnisse beseitigen würde – was aufkommensneutral möglich ist“, meint Schwinger.
Finanzkrise brachte nur kurzfristige Einbußen bei Pensionsfonds
Die Finanzkrise sorgte zunächst für gravierende Einbrüche bei den Anbieter-Pensionsfonds.
So sanken 2008 die Beitragseinnahmen bei den 15 für die Studie betrachteten Pensionsfonds um 48 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dem folgte jedoch eine rasante Erholung. 2009 stiegen die Beiträge um 240 Prozent (von 270 Mio. Euro im Vorjahr auf rund 940 Mio. Euro).
„Bemerkenswert erscheint hierbei, dass diese enorme Beitragsdynamik im Wesentlichen auf etwa fünf Pensionsfonds zurückzuführen ist“, erläutert Jürgen Helfen, Leiter General Consulting bei "Towers Watson" in Frankfurt.
Die höchste Steigerung des Beitragsvolumens im Jahr 2009 konnte bei nicht versicherungsförmigen Pensionsplänen festgestellt werden. Viele Pensionsfonds hatten in den vergangenen Jahren ihr Augenmerk stark auf eine attraktive Ausgestaltung der Übertragung auf nicht versicherungsförmige Pensionspläne gelegt, wie ein Abgleich mit den Daten von 2006 zeigt. „Diese Strategie hat sich offenbar ausgezahlt“, betont Helfen.
Erstaunlich bei der Betrachtung der untersuchten Anbieter-Pensionsfonds ist, dass sich das Beitragsvolumen bei versicherungsförmigen Pensionsplänen trotz anhaltender Finanzkrise ebenfalls positiv entwickelte. Für versicherungsförmige Pensionspläne sind aufgrund ihrer Kalkulation (Sterbetafeln und Zins) meist deutlich höhere Beiträge erforderlich als für nicht-versicherungsförmige Pläne. Der Zuwachs im Rahmen der Entgeltumwandlung (Beitragszusage mit Mindestleistung), die überwiegend durch laufende Beitragzahlungen finanziert wird, war erwartungsgemäß verhalten.
Motive der Auslagerung: Bilanzoptimierung, demografischer Wandel, Kosten der Insolvenzsicherung
Die zentralen Gründe für eine Auslagerung von Pensionsverpflichtungen in einen Pensionsfonds haben sich seit der Einführung dieses Durchführungswegs in 2002 nicht wesentlich geändert. Zu ihnen zählt ganz wesentlich das Herauslösen der Pensionsverpflichtungen aus der Unternehmensbilanz.
Damit wird häufig eine Verbesserung von Rating und Unternehmenskennzahlen angestrebt. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wächst aber auch der Wunsch, die bAV von der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens zu entkoppeln und sie periodengerecht auszufinanzieren.
Ebenso soll durch die Auslagerung das Risiko vorzeitiger Versorgungsfälle (bei Invalidität und Tod) auf den Markt übertragen werden.
Das gilt auch für das Zahlungsrisiko, das durch den stetigen, aber im Voraus nur schwer realistisch zu kalkulierenden Anstieg der Lebenserwartung entsteht. Zudem geht die Auslagerung auf einen Pensionsfonds zumeist mit einer Professionalisierung von Kapitalanlage und Administration der Versorgungsverpflichtungen und daher mit entsprechenden Effizienzverbesserungen einher.
Mit dem Sprung des PSV-Beitragssatzes im Jahr 2009 rückte insbesondere in diesem Zeitraum das Argument der vergleichsweise günstigeren gesetzlichen Insolvenzsicherung für Pensionsfonds in den Blickpunkt.
2009 waren die Beiträge an den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) aufgrund zahlreicher Schadensfälle sowie einiger Großinsolvenzen erheblich gestiegen (14,2 Promille für 2009 im Vergleich zu 1,8 Promille für 2008).
Für Pensionsfonds gelten jedoch deutlich ermäßigte PSV-Beiträge. „Der PSV-Beitrag für 2009 war ein Sonderfall. Abgesehen davon bietet aber die – gegenüber der Direktzusage und der Unterstützungskasse grundsätzlich deutliche niedrigere – PSV-Veranlagung des Pensionsfonds durchaus einen finanzielle Anreiz, diesen Durchführungsweg zu überdenken“ erklärt "Towers-Watson"-Berater und Studienautor Alfons Schwarz. „Sie ist aber in aller Regel nur einer von vielen entscheidungsrelevanten Faktoren.“
Hintergrundinformationen zur Studie und Bestellung
Mit dem „Deutschen Pensionsfonds-Survey 2010“ legt Towers Watson (vormals Towers Perrin) zum zweiten Mal eine Analyse des aktuell 23 Anbieter umfassenden Markts von Anbieter-Pensionsfonds in Deutschland vor. Die Studie ermöglicht es, die durch die 7. und 9. VAG-Novelle bewirkten Veränderungen in der betrieblichen Altersversorgung speziell mit Blick auf die Pensionsfonds besser nachzuvollziehen und Herausforderungen und Trends einzuschätzen.