Während sich der Vertriebswege-Mix im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig verändert hat, gab es deutliche Bewegung bei der Einschätzung der künftigen Entwicklung der einzelnen Vertriebswege.
Die Ausschließlichkeitsorganisationen (AO) bleiben auf der Spitzenposition mit einem fast unveränderten Marktanteil von 58 Prozent (Abb. 1, 2). Ihr Vorsprung vor den weiteren Vertriebswegen bleibt deutlich, allerdings gehen nur noch acht Prozent der Befragten (Vorjahr: 17 Prozent) von einer steigenden Bedeutung dieses Absatzkanals aus (Abb. 3). „Die AO verfügen über eine gute Kundenbindung und hohe Servicequalität, aber sie werden künftig vor allem durch den Direktvertrieb stärkere Konkurrenz bekommen“, erklärt Holger Görtz, Berater bei "Towers Watson" und Mit-Autor der Studie.

Unabhängige Vermittler mit starken Wachstumsaussichten

Der Marktanteil der freien Vermittler blieb 2009 bei 23 Prozent. Die Teilnehmer des Vertriebswege-Surveys sehen aber die Wachstumsaussichten dieses Vertriebswegs wie bereits in den Vorjahren sehr positiv: 42 Prozent der Versicherer schätzen seine Bedeutung als weiter steigend ein, weitere 50 Prozent als gleichbleibend. „Nicht bestätigt hat sich die Befürchtung, dass die Abwrackprämie dem unabhängigen Vertrieb Marktanteile entziehen könnte“, so Görtz.
„In der Kfz-Sparte ist dieser Vertriebskanal ebenso stabil geblieben wie in den anderen Bereichen.“

Banken bleiben hinter Erwartungen zurück

Die Banken haben leicht an Marktanteilen verloren und kamen 2009 nur noch auf sieben Prozent. Dies entspricht der Wahrnehmung vieler Kunden, dass Banken nicht unbedingt zu den klassischen Anbietern für Schaden-/Unfallversicherungsprodukte zählen. Der geringe Marktanteil spiegelt auch sich im Stimmungsbild der Teilnehmer wider: Während in unseren früheren Surveys die Teilnehmer stets zu einem großen Prozentsatz von einer steigenden Bedeutung des Bankvertriebs ausgingen, zeigt sich in diesem Jahr ein verändertes Stimmungsbild. Nur ungefähr ein Viertel der Teilnehmer an der Studie geht von einer steigenden oder gleich bleibenden Bedeutung des Vertriebswegs „Bank“ für die Schaden-/Unfallversicherung aus. Diese Einschätzung entspricht dem unverändert vergleichsweise niedrigen Marktanteil der Banken.

Automobilhersteller und -händler müssen Kunden stärker binden

Die Automobilhersteller und -händler haben sich im Vertrieb von Kfz-Versicherungsprodukten etabliert. Dennoch ist ihr Anteil mit drei Prozent am Gesamtmarkt – und auch nur fünf Prozent im Kfz-Markt –relativ gering. „Wir gehen davon aus, dass Versicherungsprodukte überwiegend nur beim Verkauf eines Fahrzeugs angeboten werden“, analysiert Görtz. „In den Folgejahren schauen sich viele Kunden nach alternativen Angeboten um und wandern vielfach ab.“

Direktvertrieb mit wachsender Bedeutung

Der Anteil des Direktvertriebs am Schaden-/Unfallgeschäft hat sich 2009 leicht auf vier Prozent erhöht. Insbesondere im Bereich der Kfz-Versicherungen ist der Direktvertrieb mit über sieben Prozent überproportional vertreten. Das letzte Jahr hat aber auch gezeigt, dass der reine Internetvertrieb für diese Sparte kein Selbstläufer ist. Zudem fordern die Vergleichsportale im Internet von den Versicherern nicht unerhebliche Abschlussprovisionen.
So sind Online-Angebote für den Kunden nicht automatisch preisgünstiger als Tarife, die über die klassischen Vertriebswege angeboten werden. Parallel dazu bietet der Online-Vertrieb auch nicht unbedingt Kostenvorteile für Versicherer, so dass ein preisaggressives Prämienniveau oftmals nur durch Tarife erzielt werden kann, die möglicherweise nicht auskömmlich sind.
Auf der anderen Seite erwarten die Studienteilnehmer für den Direktvertrieb großen Bedeutungszuwachs, denn 33 Prozent schätzen ihn als zunehmend wichtig ein.

Ausblick

Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass Ausschließlichkeitsorganisationen mittelfristig der deutlich führende Vertriebsweg für Schaden-/Unfallversicherungen bleiben werden. Für viele Agenturen sei das Schaden-/Unfallgeschäft die Basis ihres Wirtschaftens, mit dem ein hoher Anteil der Einnahmen erzielt werde. „Wir rechnen allerdings damit, dass dieser Vorsprung in den kommenden Jahren etwas einschmelzen wird“, erklärt Ulrich Wiesenewsky, Berater bei "Towers Watson" und Leiter der Vertriebswege-Surveys. „Der wesentliche Treiber hierfür sind die Vergleichsportale im Internet: Aus Sicht der Kunden ermöglichen sie den einfachen Vergleich recht standardisierter Produkte wie der Kfz-Versicherung. Die Portale werden trotz o. g. Schwierigkeiten nach unserer Einschätzung in den nächsten Jahren stark an Bedeutung zunehmen.“

Die unabhängigen Vermittler könnten den starken Wettbewerb in der Allgemeinen Haftpflicht – ihrer stärksten Sparte – besonders zu spüren bekommen. Görtz: „Hier dürften ihre Wachstumsaussichten limitiert sein, so dass künftige Steigerungen eher in den anderen Sparten generiert werden müssen.“