Unter welchen Umständen sich Verträge kündigen lassen
Schon bei den alten Römern war klar, dass Verträge bindend sind. Der Grundsatz „Pacta sunt servanda“ (Verträge müssen eingehalten werden) ist auch heute noch die Voraussetzung für jede Form wirtschaftlichen Handelns. Was die antiken Rechtsgelehrten nicht ahnten: Im frühen 21. Jahrhundert schließt jeder Bürger im Jahr mehr Kauf-, Miet-, Leih- und sonstige Verträge ab als ein damals durchschnittlicher Römer im ganzen Leben.
Viele der Verträge sind schnell überflüssig, lästig oder schlicht nicht mehr zu finanzieren. Die "Advocard Rechtsschutzversicherung" erklärt, unter welchen Voraussetzungen Verträge vorzeitig kündbar sind.
Letzter Ausweg: Widerruf
Allgemein gilt: „Vertrag ist Vertrag“. Mindestvertragslaufzeit und Kündigungsfrist sind für beide Seiten bindend. Die meisten Verträge verlängern sich zudem automatisch, wenn sie nicht rechtzeitig gekündigt werden. Wer allerdings am Telefon oder an der Haustür überstürzt einen Vertrag abschließt und es sich dann doch anders überlegt, hat eine letzte Chance: Diese „Fernabsatzverträge“ unterliegen dem gesetzlichen Widerrufsrecht. Sie können ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen schriftlich widerrufen werden. Das gilt auch für viele weitere Arten von Verträgen, insbesondere für solche, die mit Verbraucherkrediten oder Darlehen verbunden sind.
Der Vertrag im Internet
Ein Klick genügt: Nirgendwo werden Verträge schneller geschlossen als im World Wide Web. Rechtsgültig sind sie trotzdem. Wer per Maus bestätigt, dass er die Allgemeinen Geschäftsbedingungen anerkennt, unabhängig davon, ob er sie wirklich gelesen hat, muss den Vertrag erfüllen. Bei allen im Internet abgeschlossenen Verträgen handelt es sich aber um Fernabsatzverträge – wieder gilt eine 14-tägige Widerrufsfrist. Mit einer Ausnahme: Ein privater Verkäufer, zum Beispiel auf einer Online-Auktionsplattform, ist nicht verpflichtet ein solches Widerrufsrecht zu gewähren.
Im Netz der Mobilfunkanbieter
Die Bundesnetzagentur verzeichnete 2009 in Deutschland über 108 Millionen Mobilfunkverträge. Das sind deutlich mehr als es Bundesbürger gibt. Da liegt die Vermutung nahe, dass einige dieser Verträge überflüssig sind.
Doch um sich vor Ablauf der Mindestvertragslaufzeit vom Mobilfunkanbieter zu trennen, braucht es schon einen wirklich triftigen Grund. Wer beispielsweise dauerhaft mit schlechtem Empfang kämpft, kann sich vorzeitig von seinem Anbieter trennen. „Der Anbieter verpflichtet sich, dem Kunden ein funktionierendes Mobilfunknetz zur Verfügung zu stellen“, weiß Anja-Mareen Decker, Leiterin der Rechtsabteilung der "Advocard Rechtsschutzversicherung". „Kommt er dieser Pflicht nicht nach, stellt das einen außerordentlichen Kündigungsgrund dar.“ Wer hingegen sein Handy verliert, kann lediglich eine neue SIM-Karte verlangen.
Dabei sein ist alles
Ein häufiger Streitfall sind Verträge mit Fitness-Studios: Zu oft bleiben die guten Vorsätze schon nach wenigen Trainingseinheiten auf der Strecke – nur ist die Mitgliedschaft meist an einen langfristigen Vertrag gekoppelt.
Akute Unlust reicht als Grund für eine vorzeitige Kündigung nicht aus. Eine Schwangerschaft hingegen ändert die Lebensgestaltung so gravierend, dass eine Sonderkündigung gerechtfertigt ist, entschied das Amtsgericht Mühldorf. Ähnliches gilt bei schwerwiegenden Krankheiten, wie etwa Asthma.
Hier reicht ein ärztliches Attest aus, um den Vertrag zu beenden. „Grundsätzlich gilt, dass eine Vertragsdauer von mehr als 24 Monaten sowieso unzulässig ist“, erklärt Anja-Mareen Decker. „Dies würde eine übermäßige Benachteiligung des Kunden darstellen.“