Besonders krankheitsanfällig ist die Bevölkerung im Raum Halle, Schwerin und Leipzig, besonders gesund dagegen in Stuttgart, Kempten und Ulm. "Dabei zeigt sich der wesentliche Einfluss von Bildung und Einkommen auf Gesundheitschancen," weiß der Herausgeber des Buches, Uwe Repschläger, Leiter für Unternehmensstrategie und Controlling bei der Barmer GEK. Mit Abwanderung von besser verdienenden und gebildeten Bevölkerungsgruppen habe sich auch eine Gesundheitsmigration vollzogen. Die östlichen Regionen führen die Morbiditätsstatistik zwar in den meisten, nicht aber in allen Krankheitsgruppen an. So zeigen sich bei Depressionserkrankungen die höchsten dokumentierten Krankheitslasten in den Stadtstaaten und in Bayern. Der Osten ist dabei unterdurchschnittlich vertreten. Dieser Befund spiegelt sich in der räumlichen Verteilung von Psychotherapeuten wider. "Mit der Zahl der Psychotherapeuten steigt naturgemäß die Zahl der Depressionsdiagnosen", erläutert Repschläger. Dementsprechend liegt die Psychotherapeutendichte in den Stadtstaaten bis zu 150 Prozent über dem Bundesdurchschnitt, im gesamten Osten rund 50 Prozent darunter.

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Der Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Dr. Christoph Straub, erläutert: "Die regionale Perspektive ist hilfreich, um vor Ort die Ressourcen abzustimmen und Mängelsituationen vorzubeugen, wie zum Beispiel bei der Nachbesetzung von Arztsitzen." Gleichzeitig markiert Straub auch Grenzen der Regionalisierung: "Es darf nicht sein, dass der Wohnort die Versorgungsqualität bestimmt. Auch kann es nicht angehen, dass Vertriebsleistungen den Versorgungsbedarf einzelner Regionen hochtreiben." Beim Anspruch an gute Versorgung oder medizinische Evidenz gebe es keine regionalen Unterschiede. Und das Ärzteangebot müsse sich an den Krankheitslasten ausrichten, nicht umgekehrt.
Kritisch sieht Straub die politischen Regionalisierungsbestrebungen im Rahmen des geplanten GKV-Versorgungsstrukturgesetzes. "Hier führt Regionalisierung in die Überregulierung." Insbesondere die Beanstandungsrechte der Länderaufsichten bei Selektiv-Verträgen bedeuteten eine Wettbewerbsverzerrung. Straub: "Eine Abstimmung bundesweiter Versorgungsverträge mit 17 Aufsichtsbehörden führt zum Stillstand."

Keimträger mit oder ohne Symptome

Eine weitere Analyse des Sammelbandes beschäftigt sich detailliert mit Krankenhausinfektionen und multiresistenten Erregern. Die Daten der Barmer GEK zeigen eine Verdopplung der Krankenhausfälle mit resistenten Erregern zwischen 2006 und 2009. "Das Wachstum verzeichnen wir aber vor allem bei Infizierten, die keine Symptome zeigen", erklärt Dr. Ursula Marschall, Leiterin des Kompetenzzentrums Medizin der BARMER GEK. Die Zahl der Keimträger, die tatsächlich erkranken, sei dagegen rückläufig.
Insgesamt sei die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes zu begrüßen, allerdings müsse man die Keimverbreitung auch in anderen Gesundheitssektoren verfolgen. "Multiresistente Keime beschränken sich nicht allein auf Krankenhäuser. Wir müssen sektorübergreifend auf die Weiterbehandlung infizierter Patienten achten." So hat sich etwa die Zahl der stationär behandelten Keimträger, die in ein Pflegeheim entlassen wurden, binnen vier Jahren verdreifacht.