Vier von fünf Deutschen haben Angst vor einer drohenden Pflegebedürftigkeit. Warum nur zwei Prozent der Bevölkerung eine private Pflegezusatzversicherung haben, ist dagegen ein Rätsel. Doch mangelnde Informiertheit und grenzenloser Optimismus scheinen nicht die einzigen Argumente für diese Zahl zu sein. Laut der von TNS Infratest jährlich durchgeführten Studie befürchten viele potentielle Versicherungsnehmer eine zu hohe finanzielle Belastung – und dass die Versicherung im Ernstfall nicht zahlt.

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Immerhin 54 Prozent der Deutschen sehen in einer zusätzlichen privaten Vorsorge eine große oder sogar sehr große Notwendigkeit und 51 Prozent sind der Meinung, dass die notwendige Absicherung möglichst bis zum Alter von 30 Jahren getätigt werden müsse. Im Vergleich zur Studie vor vier Jahren ist die Bedeutung der privaten Pflegevorsorge sogar um 10 Prozent zurückgegangen.

Pflegezusatzversicherungen sind ein Nischenprodukt

Fakt ist, das zwar über die Hälfte der Bundesbürger eine Vorsorge für den Pflegefall für notwendig erachtet. Jedoch nur zwei Prozent betreibt bisher aktiven Schutz. Am Preis liegt es nicht. Denn 38 Prozent wären bereit, mehr als 25 Euro monatlich für eine Pflegezusatzversicherung zu investieren. Mit dieser Summe ist in der Regel eine gute Absicherung für den Pflegefall möglich. An der Informiertheit liegt es auch nicht, glauben die Befragten. Sie gaben an, ausreichend über das Thema aufgeklärt zu sein. Doch die Frage nach einer geeigneten Vorsorgeform wirft ein erschreckendes Bild: oft werden zweifelhafte Vorsorgemaßnahmen als ausreichend genannt.

Bei der geeigneten Pflegevorsorge sehen 77 Prozent die Pflegezusatzversicherung an erster Stelle, aber auch andere Vorsorgeformen wie die private Rentenversicherung (69 Prozent), Sparen (66 Prozent), die Unfallversicherung (64 Prozent) oder Immobilienbesitz (61 Prozent) werden als geeignet empfunden. Selbst die Kapitallebensversicherung, die auf dem letzten Platz rangiert, ist für 52 Prozent der Deutschen eine angemessene Absicherung. Die meisten sind sinnvolle Ergänzungen, können aber nach Ansicht des Versicherers nicht als optimale Absicherung für den Pflegefall angesehen werden. Dafür ist nur eine Option optimal: die erstgenannte Pflegezusatzversicherung.
Denn weder zahlt die Unfallversicherung, wenn die Pflegebedürftigkeit auf Krankheit zurück geht, noch garantiert eine Immobilie, dass die monatlich anfallenden Pflegeleistungen bezahlt werden können. Die Kosten hierfür können monatlich im vierstelligen Bereich liegen, so dass das eigene Haus schlimmstenfalls verkauft werden muss. Dann steht es den Bedürftigen nicht mehr als Wohnraum zur Verfügung.

Hoffnung auf die Angehörigen

Auf die Frage, warum bisher keine Pflegezusatzversicherung abgeschlossen wurde, antworteten mehr als 50 Prozent, die Absicherung wäre „zu teuer“, „die Versicherung zahlt im Ernstfall nicht“ oder „ich bin zu jung/zu alt für eine Pflegezusatzversicherung“. Weiterhin vertrauen 58 Prozent der Deutschen im Ernstfall auf die Hilfe von Angehörigen. Sie gaben an, der Partner oder Jemand aus der Familie könne die Pflege übernehmen. Bei einer Scheidungsrate von 50 Prozent ist das, gelinde gesagt, eine sehr optimistische Hoffnung. Und eine widersprüchliche Antwort ist es allemal. Denn die größte Sorge beim Gedanken an den Pflegefall ist für 83 Prozent der Befragten, den Angehörigen zur Last zu fallen. Kurz gefolgt von der Sorge den Angehörigen finanziell auf der Tasche zu liegen, mit immerhin 79 Prozent. Weiterhin besteht eine sehr große Angst vor dem Verlust der finanziellen Unabhängigkeit, schlechter medizinischer Versorgung und Vereinsamung.

Medienecho führt nicht zu mehr Abschlüssen

In den Medien ist die Pflegevorsorge ein häufiges Thema – nicht erst, seitdem der frühere Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler das Jahr 2011 zum „Jahr der Pflege“ ausrief. Aktuell diskutiert die Politik, ob der erhöhte Pflegebedarf von der gesetzlichen oder privaten Versicherung gedeckt werden kann, die Angst vor einem Pflegegau infolge der demografischen Entwicklung bestimmt schon länger die Nachrichten. Momentan wird wohl über kaum ein Versicherungsthema so viel geredet wie über die Pflegeversicherung.

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Doch während derzeit eine großes Ballyhoo um die Pflegeversicherung gemacht wird, wird noch zu wenig gehandelt. Denn auch hier sollte die Regel gelten: „Reden ist Silber und Vorsorgen ist Gold“. Angesichts der demographischen Entwicklung wird die Pflegeversicherung in Zukunft noch mehr zum Thema werden. Deshalb muss das Ziel eine bessere Aufklärung der Deutschen werden. Nichts ist in diesem Punkt so gefährlich wie der Irrglauben in die eigene gute Vorsorge.



Björn Bergfeld